Als ein gewisser Karl Theodor zu Guttenberg im Jahre 2009 in die erste Reihe der deutschen Politik aufrückte, überschlugen sich die Zeitungen. Da waren zum Einen zu Guttenbergs Kompetenzen im wirtschaftlichen Sektor. Was jedoch viel mehr begeisterte, war zu Guttenbergs Auftreten: Als Freiherr brachte der damals 38-Jährige einen Glanz von Adel und dementsprechenden Sitten in den sonst schmucklosen Berliner Politikbetrieb.
Die zehn Knigge-Basics
Wer niesen muss, tut dies indem er den Handrücken der linken Hand benutzt und sich wegdreht. Hat sich durch die abrupte Bewegung jemand erschreckt, entschuldigt man sich. Daneben kann man in einer kleinen Runde "Gesundheit" wünschen, wenn aber beispielsweise bei großen Besprechungen jemand niest, wird das ohne Kommentar ignoriert.
Wenn man sich am Telefon meldet genügt kein: Guten Tag oder Hallo. Man sollte zumindest den Familiennamen nennen. Außerdem empfiehlt es sich bei mehreren Personen im gleichen Alter, die in einem Haus wohnen, auch noch den Vornamen dazu zu nennen. Ein Gruß wie „Hallo“ oder „Guten Tag“ kann gerne nachgestellt werden, ist jedoch kein Muss.
Nach 21.30 Uhr sollte man nur in äußersten Notfällen bei anderen Personen anrufen. Außerdem empfiehlt es sich, bei älteren Personen auf eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr zu achten, in denen ebenfalls das Telefon stumm bleiben sollte.
Auch wenn es manchen als spontan und nett erscheinen mag. Unangekündigte Besuche sollte man vermeiden um den Gastgeber nicht zu einer ungelegenen Zeit zu stören, empfiehlt Knigge-Expertin Tosca Freifrau von Korff. Ein Anruf, 30-45 Minuten vorher hilft um zu klären, ob ein kurzfristiger Besuch möglich ist.
Bei offiziellen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten oder aber auch einem feinen Abendessen ist es sinnvoll, den Gastgeber vorher nach dem Kleidungswunsch zu fragen, wenn dies nicht auf der Einladung vermerkt ist. So vermeidet man unangenehme Ausrutscher in Sachen Kleidung.
Egal, wie die Frage lautet oder wer sie stellt: Richtig antwortet man nur in ganzen Sätzen. So lautet die Antwort auf die Frage nach dem gewünschten Getränk im Flugzeug nicht „Tomatensaft“, sondern „Ich hätte gerne einen Tomatensaft.“
Schlecht über andere Personen reden empfiehlt sich generell nicht. Wer es dennoch nicht lassen kann, sollte das nur in einem ungestörten Umfeld tun, in dem keine Dritte zuhören. Das Bahnabteil oder den Bus zum Lästern nutzen ist also ein No-Go.
Wer ernste oder problematische Dinge mit anderen zu besprechen hat, sollte den passenden Zeitpunkt abwarten, auch wenn manche Dinge dringend sind. So gehört das Besprechen von Konflikten nicht auf eine Hochzeit oder eine Geburtstagsfeier.
Wer irgendwo Gast ist muss abwarten, wo ihn der Gastgeber hinführt. Eine Besichtigungstour auf eigene Faust a la „Ich schaue mich mal ein wenig um“ ist nicht akzeptabel. Stattdessen lieber gleich den Gastgeber um eine Führung bitten.
Wer Gäste hat, muss ihnen gestatten ihre Schuhe anzulassen. Hausschuhe, die schon von anderen getragen wurden sind keine Alternative. Im Extremfall kann man seine Gäste drum bitten, des Bodens zur Liebe die Schuhe auszuziehen. Allerdings sollte ein aufmerksamer Gast bei schlechtem Wetter gleich ein zweites Paar Schuhe für den Innenraum mitbringen.
Magazine erfreuten sich an zu Guttenbergs Manieren und seiner klassischen Art, sich zu kleiden. Er stand auf, wenn Kanzlerin Merkel beim gemeinsamen Abendessen den Tisch betrat oder verließ und traf den richtigen Ton beim Publikum. Ein Fauxpaus in Sachen Ausbildungsknigge beendete dann allerdings schnell die politische Karriere des Freiherren. Was jedoch blieb, ist die Begeisterung für gutes Benehmen.
Die Renaissance des Alltagsknigges ist sicherlich nicht nur zu Guttenberg zuzuschreiben. Allerdings zeigte die Begeisterung für die guten Manieren des adligen Politikers, wie hoch die Deutschen die Ansichten eines gewissen Freiherrs von Knigge schätzen. Dieser schrieb im Jahre 1788 sein wohl bedeutendstes Buch "Über den Umgang mit Menschen". Seither gilt der "Knigge" als Maxime oder Grundgerüst für gutes Benehmen.
Grund für die wachsende Beliebtheit von guten Manieren und passender Etikette ist die mediale Präsenz des Themas Knigge und eine Art Renaissance der zwanziger Jahre in Sachen Benimm, glaubt Clemens Graf von Hoyos.
Graf von Hoyos berät mit seinem Unternehmen Von Hoyos Studenten, Stipendiaten und Firmentrainees in Sachen "Knigge, Stil, Etikette und moderne Umgangsformen", wie es auf der Homepage heißt. Daneben seien es die Medien, die den Knigge wieder in den Fokus rücken. "In beliebten Serien wie Mad Men geht es zum Beispiel um den richtigen Umgang mit Frauen oder Geschäftskunden. Damit bringen solche Serien das Thema Manieren an ein breites Fernsehpublikum." Der Graf erkennt an seinem eigenen Angebot, dass Kurse für den Benimm im Alltag zunehmend beliebter werden.