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Wikileaks-Geheimnisverrat Das Enthüllungsrisiko der Konzerne

Es ist ein heikler Spagat: Einerseits wollen und müssen sich Unternehmen immer stärker im Netz öffnen, zugleich steigen Gefahr und Angst vor Geheimnisverrat durch Seiten wie Wikileaks. Am Ende läuft es auf eine Frage hinaus: Wie loyal sind die Mitarbeiter?

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Internetseite von Wikileaks Quelle: dapd

Im Netz lässt Otto gerne die Hüllen fallen. Kaum ein Unternehmen hat sich den Online-Medien derart geöffnet wie der Hamburger Versandhändler. Die Mitarbeiter diskutieren mit Modefans auf Fashion-Blogs, lassen sich von Kunden per Twitter ausfragen, selbst Fachkräfte werden inzwischen über soziale Netzwerke rekrutiert. Jeder Fünfte neue Kollege kommt via Web.

Vernetzt statt zugenäht – die Marschrichtung steht fest: Bis Ende 2012 soll ein gigantisches Netzwerk entstehen, eine Art internes Facebook, das allen 50.000 Otto-Mitarbeitern weltweit Zugang zu diversen Datenbanken verschafft. Dort soll dann jeder Ideen vorstellen können und mit Kollegen Projekte vorantreiben. Sogar Kunden sollen mitdiskutieren dürfen.

Der Kontrast könnte größer kaum sein.

Auf der einen Seite kehren immer mehr Unternehmen ihr Innerstes nach außen, präsentieren sich auf Facebook, drehen Videos für YouTube, setzen Mitarbeiter als Botschafter der eigenen Marke ein. Nicht wenige erfinden sich dabei gleich ganz neu, strukturieren um, reorganisieren sich – hin zu einem sogenannten Enterprise 2.0, einem durch und durch verwobenen Gebilde, das die gesamte Bandbreite kollaborativer Online-Werkzeuge nutzt.

Auf der anderen Seite gibt es Wikileaks.

Neue Debatte

Die Enthüllungsplattform hat eine neue Debatte über Datensicherheit im Netz ausgelöst und dabei ein enormes Bedrohungspotenzial offenbart. Längst geht es dabei nicht mehr um Diplomatendepeschen. Ins Fadenkreuz rückt zunehmend die Wirtschaft selbst.

Erst vergangene Woche veröffentliche Wikileaks eine Liste mit möglichen Terrorzielen, darunter Konzerne wie BASF und Siemens. Schon zuvor waren auf der Plattform Dossiers über die Kreditvergabepraxis der isländischen Kaupthing Bank aufgetaucht. Anfang 2011, kündigte Wikileaks-Gründer Julian Assange an, sollen weitere Dokumente einer US-Bank enthüllt werden, die gar „ein oder zwei Banken in die Tiefe reißen“ könnten.

Ein Ende ist kaum in Sicht. Nach eigenen Angaben stammt die Hälfte aller Dokumente, die Wikileaks zugespielt werden, aus Unternehmen. Assanges ehemaliger Mitstreiter John Young hat mit Cryptome zudem eine weitere Enthüllungsseite gestartet, Daniel Domscheit-Berg, der sich im Streit von Wikileaks trennte, will ebenfalls solche Plattformen entwickeln.

Wikileaks ist ein Symbol

Der Sprengsatz, der sich daraus ergibt, ist weit größer als bei ein paar verstimmten Diplomaten. Schon fragen sich einige Manager: Was schlummert noch auf den Wikileaks-Servern? Wer könnte als Nächstes am Pranger stehen?

Die Sorge ist berechtigt – und wird doch bleiben. Denn Wikileaks ist nur ein Symptom, ein Symbol für einen Kulturwandel, der längst begonnen hat und noch weiter voranschreiten wird.

„Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Die Wagenburg-Mentalität hat ausgedient“, sagt Thomas Voigt, Direktor Wirtschaftspolitik und Unternehmenskommunikation bei Otto.

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