Zukunft der Arbeit Berufe im Wandel: Was Sie morgen können müssen

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Architekten

Was ändert sich?

Bei der Planung von Häusern und Gebäuden stehen in Zukunft ökologische Gesichtspunkte immer stärker im Vordergrund. Durch moderne Gebäudetechnik können Hausbesitzer nach Angaben des Bundesbauministeriums bis zu 80 Prozent des Energiebedarfs sparen, bisher wird davon jedoch nur ein Drittel ausgenutzt. Architekten müssen deshalb künftig beim Modernisieren, Sanieren und Neubauen die Energieeffizienz berücksichtigen. Oder wie es Ingo Rollwagen, Analyst beim Thinktank Deutsche Bank (DB) Research, formuliert: „Sie müssen lernen, grün zu denken.“

Was tun?

Tanja Waldmann, Sprecherin der Bundesarchitektenkammer, empfiehlt Absolventen, schon während des Studiums Zeit im Ausland zu verbringen und Kontakte zu Architekten zu knüpfen. Dann hätten es Absolventen leichter, nach Abschluss des Studiums erste Berufserfahrungen im Ausland zu sammeln. Denn die Arbeitslosenquoten deutscher Hochschulabsolventen sind in der Branche seit Jahren hoch. Bei ihrer Rückkehr hätten sie dann „sehr gute Chancen“, in deutschen Architekturbüros eine Stelle zu finden. Außerdem rät Waldmann dringend davon ab, sich im Studium nur auf den Bereich „Entwurf“ zu konzentrieren. Das wollen natürlich die meisten, entsprechend groß ist das Angebot. Attraktiver machen derzeit andere Bereiche, etwa die Fächer Kostenkalkulation oder Ausschreibung. Aber auch in der Gebäudebetreuung, neudeutsch Facility Management, sind Architekten gefragt.

Ärzte

Was ändert sich?

Im Gesundheitswesen wird die Frage nach den Kosten zunehmend wichtiger. Ärzte müssen daher nicht nur mit Patienten und Krankheiten umgehen können, sondern auch mit Budgets. „Ich rechne mit einer steigenden Ökonomisierung des Ärzteberufs“, sagt etwa Klaus Burmeister, Geschäftsführer von Z-Punkt, einem Beratungsunternehmen für Zukunftsfragen.

Was tun?

Nachwuchs-Ärzte sollten sich im Studium zusätzlich BWL-Kenntnisse aneignen. Denn an der Schnittstelle zwischen Medizin und Krankenhaus-Management entstehen derzeit viele neue Berufsbilder: etwa der des Medizincontrollers, der Krankenhauskosten und Budgets optimiert. Private und öffentliche Krankenhäuser stellen Controller mit medizinischem Hintergrund ebenso ein wie Krankenkassen. Wer das Rüstzeug dazu parallel zum stressigen Medizinstudium nicht pauken mag, kann sich bei der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling auch später noch weiterbilden.

Ernährungswissenschaftler

Was ändert sich?

Wer in der neuen Arbeitswelt mithalten will, muss vor allem eins sein: gesund. Tatsächlich aber werden die Menschen immer dicker. Zudem nehmen die Allergien zu. Schon heute ist etwa ein Viertel der Deutschen von einer oder mehreren Allergien betroffen. Beide Probleme kann man mit der richtigen Ernährung leichter in den Griff bekommen. Und dadurch entstehen neue Jobs für Ernährungsforscher wie -berater. Etwa an Schulen, in der Produktentwicklung der Lebensmittelindustrie und bei Pharmakonzernen.

Was tun?

Mit Abschluss des Studiums „ist die berufliche Bildung nicht beendet“, warnt die Bundesagentur für Arbeit. Das NRW-Arbeitsministerium bietet auf seiner Online-Lernplattform Webkolleg eine 14-monatige Ausbildung zum Ernährungsberater an. Auch Elvira Krebs, Geschäftsführerin des Verbandes der Oecotrophologen, rät angehenden Ernährungswissenschaftlern zu Weiterbildungen, mahnt jedoch, auf die Zertifizierung der Angebote zu achten. Sowohl die medizinisch-naturwissenschaftlichen Zusammenhänge als auch das Thema Ernährung könne „nicht im Schnelldurchgang“ vermittelt werden. Zudem müssen Ernährungswissenschaftler in Zukunft mit anderen Berufen kooperieren: etwa mit Psychologen, um Patienten mit Essstörungen zu heilen. Oder mit Sozialpädagogen, um übergewichtigen Kindern zu helfen.

Ingenieure

Was ändert sich?

Die zunehmende Integration von Mechanik, Elektronik und Steuerungstechnik-Software erfordert Spezialisten, die „alle Disziplinen verknüpfen“, sagt Katja Klöden, Sprecherin des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik. Das betrifft den Bereich der Energiewirtschaft ebenso wie den Maschinen- oder Automobilbau. In einem modernen Auto werden schon heute bis zu 100 Steuerelemente aus elektronischen und mechanischen Komponenten mit Software-Anwendungen eingebaut.

Was tun?

Wer sich lediglich auf ein Gebiet wie Mechanik oder Optik spezialisiert, läuft Gefahr, dass ihn der Markt überholt. Die gefragtesten Ingenieure bieten morgen fachübergreifende Kompetenzen. Maschinenbau-Ingenieure sollten daher etwa ihr Führungspotenzial ausbauen, rät Klöden. Beispielsweise durch berufsbegleitende Masterstudiengänge, etwa Produktionsmanagement an der TU Chemnitz. Dort lernen die Ingenieure gefragte Management-Fähigkeiten.

Juristen

Was ändert sich?

Mit der aufkommenden Projektwirtschaft – also den zunehmenden Kooperationen und zeitlich begrenzten Projekten auf internationaler Ebene – kommen auf Juristen neue Fragen zu: Welcher Partner bekommt hinterher welchen Anteil am Gewinn? Welche Rechtsformen sind für die Partner optimal? Wer erhält das Patent an neuen Produkten, die dabei entstanden sind? Und wer haftet im Schadensfall? Dies macht vor allem drei Rechtsbereiche künftig interessant: das Patentrecht, internationales Recht und Gesellschaftsrecht.

Was tun?

Der Anwalt von morgen braucht mehr als das enzyklopädische Wissen der richtigen Paragrafen: Er muss auch wirtschaftliche Zusammenhänge analysieren sowie unterschiedliche Gesellschafter beraten und im Projekt begleiten können. Im Fokus dieser Entwicklung steht der sogenannte Wirtschaftsjurist. Die Uni Augsburg hat hierzu bereits 2003 den Diplom-Studiengang Rechts- und Wirtschaftswissenschaften eingerichtet. An der Bucerius Law School in Hamburg wiederum können Nachwuchsadvokaten im einjährigen Graduiertenstudium „Bucerius/WHU Master of Law and Business“ rechtliches und wirtschaftliches Wissen für die internationale Geschäftswelt erlangen.

Lehrer

Was ändert sich?  Vor allem die inhaltlichen Anforderungen an den Unterricht: Lehrer sollen den Schülern heute nicht mehr Wissen zum Auswendiglernen vermitteln, sondern Kompetenzen für das Leben danach beibringen. Damit werden sie mehr zu Lernbegleitern. Armin Grunwald, Chef des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, glaubt, dass das Lernen in Projekten künftig „erheblich“ an Bedeutung gewinnen wird und die Aufteilung in die bekannten Fächer deshalb „durchlässiger werden muss“. Die Ganztagsschule verändert das Berufsbild zusätzlich. Der Lehrerberuf wird in Zukunft „auch von außen nicht mehr als Halbtagsjob“ angesehen werden, sagt Marianne Demmer, stellvertretende Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW.

Was tun?

Viele Lehrer seien zu oft noch als Einzelkämpfer unterwegs, bemängelt Demmer. Künftig müssen sie sich aber viel stärker gemeinsam mit Kollegen und Eltern um eine positive Lernumgebung bemühen, in der Kinder individuell gefördert werden können – was angesichts der großen Klassen aber zunehmend schwieriger wird. Kommunikative Fähigkeiten werden deshalb immer wichtiger. Zudem wird aus dem Fachlehrer von heute der Lebensberater von morgen. Er muss den Schülern vermehrt beibringen, wie sie mit den neuen Medien umgehen, wie sie ihren Alltag organisieren und wie sie ihre sozialen Fähigkeiten trainieren.

Manager

Was ändert sich?

Führungskräfte müssen in Zukunft hoch qualifizierte Talente aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen rekrutieren, motivieren und so an das Unternehmen binden. „Alle sind hinter derselben Gruppe von Menschen her“, sagt der emeritierte US-Professor Dennis R. Briscoe von der Universität San Diego und Autor zahlreicher Bücher über Personalmanagement. Zugleich werden die Manager temporäre Projekte und Teams koordinieren müssen, die nicht an einem Ort versammelt sind. 

Was tun?

Pero Micic vom Beratungsunternehmen Future Management Group rät ambitionierten Akademikern zu einem „Bindestrich-Studium“: ein klassisches Studium wie Jura, Ingenieurwesen oder Medizin, kombiniert mit Informatik oder einer exotischen Fremdsprache. IT-Kenntnisse werden notwendig, um sich mit digitalen Geschäftsmodellen auszukennen. Aber auch ein Psychologie-Studium kann Managern das nötige Handwerk für die Führung internationaler Belegschaften vermitteln.

Meteorologen

Was ändert sich?

Der Beruf des Meteorologen war früher eine Fachrichtung für Exoten. Durch den Klimawandel steigt jedoch die Nachfrage für Absolventen: Unwetter und Überschwemmungen kosten die deutsche Wirtschaft jedes Jahr Milliarden Euro. Unternehmen, besonders aus der Versicherungsbranche, brauchen daher Experten, die Naturkatastrophen rechtzeitig vorhersagen können.

Was tun?

Der Meteorologe muss vor allem analysieren können: Wie lassen sich Wetter-, Klima- und Umweltveränderungen vorhersagen? Dabei wechselt der Fokus laut Michael Schatzmann, Direktor des Zentrums für Meeres- und Klimaforschung der Uni Hamburg, zunehmend von der globalen auf die lokale Ebene. Außerdem müssen sich Meteorologen ständig weiterbilden: bei der Auswertung von Satellitendaten ebenso wie bei der Berechnung von Klimamodellen. Wichtiger werden zudem Kenntnisse in Chemie, Biologie oder Geophysik.

Physiker

Was ändert sich?

Vorbei ist es mit dem einsamen Tüftler im Labor – auch bei Physikern werden Kooperationen und Projektarbeit zunehmen: Sie basteln dann etwa mit Elektrotechnikern an energiesparenden Lampen, erforschen mit Medizinern die Ursachen von Gefäßkrankheiten oder gestalten mit Maschinenbauern die Computertomografen von morgen.

Was tun?

Die Nachfrage nach Absolventen der klassischen Physik ist zwar gesunken, dafür steigt sie für diejenigen der Querschnittsstudiengänge umso stärker: Physik der Informatik, medizinische Physik, Physikingenieurwesen oder Wirtschaftsphysik heißen sie. Gute Arbeitsmarktchancen haben derzeit vor allem Nanotechniker, die an Computerchips tüfteln oder Bauphysiker, die sich dem Wärme- und Schallschutz von Gebäuden widmen.

Stadtplaner

Was ändert sich?

Die Metropolen wachsen: Im Jahr 1950 lebte noch weniger als ein Drittel der Weltbevölkerung in Städten, heute sind es 50 Prozent. Dieser Anteil soll bis zum Jahr 2030 auf über 60 Prozent steigen. Dadurch entstehen nicht nur Chancen, sondern auch soziale und ökologische Herausforderungen. Vor allem für die Stadt- und Regionalplaner, die dazu Infrastrukturen entwerfen müssen. Konkret: Sie müssen Staus vermeiden, Konzepte für den Nahverkehr entwerfen und sich um die Wasserversorgung kümmern.

Was tun?

Ähnlich wie bei Architekten sind die Arbeitsmarktchancen für Stadtplaner derzeit nicht rosig. Tanja Waldmann von der Bundesarchitektenkammer rät Stadtplanern in spe daher, sich zunächst im Ausland umzusehen. Vor allem in den Boom-Städten Chinas oder Südkoreas kann sich der Nachwuchs für den hiesigen Arbeitsmarkt empfehlen. Im Studium sollten sie sich mit der „Stadt der kurzen Wege“ beschäftigen, heißt: Wo siedele ich in Zukunft Kindergärten, wo Einkaufszentren und Schulen an? Wie organisiere ich das Verkehrsnetz?

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