




WirtschaftsWoche Online: Welcher Neujahrsvorsatz wird uns am besten durch die Zukunft bringen?
Horst Opaschowski: Wir sollten Reserven für schlechte Zeiten bilden und Sicherheiten für Unvorhersehbares einplanen. Sicherheit hört auf, eine konservative Vokabel zu sein. Sicherheit wird sogar wichtiger als Freiheit. Nur wer sich absichert, kann frei sein.

Wie funktioniert das Absichern?
Für Verbraucher wird die Zukunftsvorsorge am wichtigsten sein, die sich aber immer weniger Leute leisten können. Auch das Rentenniveau ist auf Dauer nicht mehr sicher. Die Deutschen entwickeln daher ein neues Lebenskonzept, bei dem Gesundheit wichtiger ist als Geld und bei dem eine Jobgarantie mehr zählt als eine Gehaltserhöhung. Die persönliche Strategie wird lauten: Lieber gut leben als immer mehr haben.
Wie wappnen sich Unternehmen für 2013?
Viele Unternehmen müssen sich 2013 auf Nullwachstum einstellen. Angesichts der Schuldenkrise sinkt die Investitionsbereitschaft und breitet sich Kurzarbeit aus. "Outplacement" könnte zum Unwort des Jahres werden. Allerdings entdecken immer mehr Unternehmen die Qualität älterer Arbeitnehmer wieder. Die Silver-Worker sind als hochspezialisierte Wissensträger unverzichtbar, denn ohne sie würden die Unternehmen in Zukunft ihr Langzeitgedächtnis verlieren.
Wie kommen Arbeitnehmer mit der Unsicherheit klar?
Die Leute haben gelernt, sich mit Dauerkrisen zu arrangieren und sind fast krisenresistent geworden. Für die Bürger werden auch 2013 Krisen zum Alltag gehören. Trotz weltweiter Finanz-, Wirtschafts- und Umweltprobleme wird die überwiegende Mehrheit der Deutschen weiterhin optimistisch in die persönliche Zukunft blicken.
Also wird alles ganz toll?
Nein, es gibt auch Schattenseiten. Weil die Unternehmen keine Arbeitsplatzgarantie mehr gewähren können, gibt es auch kaum noch Mitarbeiter, die der Firma zeitlebens die Treue halten oder Loyalität versprechen. Viele Arbeitnehmer werden zu Minijobbern mit zahlreichen Nebenbeschäftigungen. Immer mehr können von ihrem Haupteinkommen nicht mehr leben.
Wie schützt man sich davor?
Die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt lässt das Private immer wichtiger werden. Die Familie wird zur wichtigsten Lebensversicherung. Sie ist vertraut und verlässlich, billig und barmherzig. In Krisenzeiten bauen Menschen auch auf Wahlverwandtschaften und Wahlfamilien, Freundeskreise und soziale Konvois, also lebenslange Begleiter bis ins hohe Alter. Das können auch nette Nachbarn sein. So schaffen sich die Bürger ihre eigene Wagenburg, halten zusammen und driften nicht mehr auseinander.