Urlaub So entspannen Sie richtig!

Einfach nur ins Flugzeug setzen und ans andere Ende der Welt fliegen, reicht nicht, um dem Arbeitsstress zu entkommen. Wie Sie im Urlaub richtig abschalten und die Entspannung bis in den Büroalltag retten.

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10 Tipps für einen erholsamen Urlaub
Eine Angestellte spricht mit ihrer Vorgesetzten Quelle: Fotolia.com
Die Leuchtreklame eines Hotels Quelle: Fotolia.com
Ein Haus mit Blick aufs Meer Quelle: Fotolia.com
Ein Mann sitzt mit seinem Laptop am Strand Quelle: Fotolia.com
Ein Kalender liegt auf einem Schreibtisch Quelle: Fotolia.com
Ein Frau sitz am Strand und entspannt Quelle: Fotolia.com
Ein Koffer ist auf das Dach eines Autos geschnallt Quelle: Fotolia.com

Schnell noch einen Kaffee runterkippen, dann sofort den Laptop hochfahren und Emails beantworten. So beginnt für viele Deutsche der ein oder andere Urlaubstag. Dabei könnte es doch ganz anders sein: In aller Ruhe frühstücken, dann das Badehandtuch einpacken und ab ans Meer. Urlaub soll entspannen, nicht ermatten. Doch das ist leichter gesagt, als getan.

Erst kürzlich hat eine Umfrage des Bürodienstleisters Regus ergeben, dass fast die Hälfte aller deutschen Beschäftigten im Urlaub bis zu drei Stunden täglich arbeiten. Sieben Prozent investieren sogar noch mehr Freizeit in Telefonkonferenzen, Email-Verkehr oder die Fernsteuerung der untergebenen Mitarbeiter.

In welchen Firmen Burnout oft auftritt
K+S Quelle: dpa
K+S Quelle: dpa
Daimler & BMW Quelle: dapd
Bayer, RWE und SAPSehr nah beieinander liegen auch die Zahlen von Bayer, RWE und SAP. Beim Pharmakonzern aus Leverkusen erkranken bis zu 2000 Mitarbeiter pro Jahr, das sind 5,6 Prozent der 35.800 Beschäftigten. Beim Energielieferanten RWE sind pro Jahr bis zu 2400 der 41.632 Mitarbeiter betroffen. Das sind knapp 5,8 Prozent, also fast jeder 17. Im Hause SAP fallen zwischen 700 und 1000 Angestellte dem Stress zum Opfer. Das entspricht im schlimmsten Falle jedem 16. der 16 011 Angestellten. Quelle: dpa
Commerzbank, Metro, Deutsche Telekom und InfineonErhöhte Belastung in Sachen Stress auch bei der Commerzbank. Jedes Jahr erkranken hier zwischen 2300 und 3200 Mitarbeiter von 44.474 Mitarbeitern, etwa 7,2 Prozent der Belegschaft. Fast das gleiche Risiko gilt auch für Mitarbeiter bei Metro. Das Handelsunternehmen vermeldet bis zu 6 600 Burnout-Fälle bei 91.189. Auch hier erkrankt annähernd jeder 14. Bei der Telekom sind es zwischen 3800 und 8 900 Erkrankungen im Jahr. Bei einer Belegschaft von 121 564 Arbeitnehmern entspricht das gut 7,3 Prozent. Beim Chiphersteller Infineon ergab die Schätzung, dass höchstens 600 der 7.926 jährlich unter einem Burnout leiden. Quelle: dpa
Deutsche BankDer Finanzsektor scheint nicht so oft betroffen, wie man zunächst denkt. Für die Deutsche Bank ermittelten die Experten, dass im Jahr bei etwa 1900 von insgesamt 24.801 Mitarbeitern (ohne Postbank und Sal. Oppenheim) ein Burnout diagnostiziert wurde. Es erkrankt demnach jeder 13. Angestellte. Quelle: dapd
Siemens Quelle: dapd

Kein Wunder, dass alleine in den Dax30-Konzernen zehntausende Mitarbeiter von Burnout betroffen sind. Viele Beschäftigte haben das Gefühl, ihr Chef erwarte ständige Erreichbarkeit  - auch im Urlaub. Doch das stimmt oft nicht, meint Carmen Binnewies, Psychologieprofessorin an der Universität Münster.

"Es sind nicht immer die verständnislosen Vorgesetzten Schuld, sondern es liegt auch in der Verantwortung der Arbeitnehmer, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren", sagt sie. Viele Chefs müssten einfach nur darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie ihre Mitarbeiter im Urlaub nicht behelligen sollen. Denn "wenn Führungskräfte und Mitarbeiter unterschiedlich ticken, kann es leicht zu Missverständnissen kommen". Ein Vorgesetzter, der selbst permanent erreichbar ist, denkt nicht über die Bedürfnisse seines Mitarbeiters nach, bevor er ihn aus dem Liegestuhl klingelt.

Auch Telekom-Personalvorstand Marion Schick hält ein offenes Gespräch über solche Themen für "die beste Waffe gegen Email-Terror und Handy-Stress".

Die Schwierigkeit zu entspannen

Doch den Chef ruhigzustellen, ist nur der erste Schritt. Viel schwieriger ist es, den eigenen Gedanken eine Auszeit zu verordnen. Denn Entspannen ist meist eine Frage der eigenen Bereitschaft dazu. Der Psychotherapeut Peter Groß aus Köln kennt reichlich Manager mit diesem Problem. "Am schlechtesten können die ehrgeizigen Karrieristen abschalten", sagt er. Sie hätten ständig das Gefühl, etwas tun zu müssen und unentbehrlich zu sein. "Die brauchen schon eine Woche, um sich überhaupt mal auf den Urlaub einzulassen", sagt Groß.

Und da sind die wohlverdienten Ferien in vielen Fällen schon wieder vorbei. Denn über 17 Prozent der Deutschen verreisten 2011 lieber öfter kürzer, als einmal länger. Eine Tendenz, die auch Groß befürwortet. Er empfiehlt zweimal im Jahr jeweils eine Woche frei zu nehmen und den Rest für einen längeren Urlaub zu verwenden.    

Mentale Auszeit

Schlimmer geht immer – Wo noch mehr gearbeitet wird!

Und selbst in dieser Zeit rät Groß von Fernreisen ab. Sie seien für den Körper anstrengend, weil oftmals Zeitverschiebung und Klimaunterschiede zusätzlich belasten. Doch die Lust auf das Exotische, lässt viele die Strapazen vergessen. Eine Umfrage unter mehr als 4000 ADAC-Mitgliedern ergab, dass fast 15 Prozent 2012 außerhalb Europas Urlaub machen. Über die Hälfte der Befragten verreisen im europäischen Ausland und die restlichen 35 Prozent machen Urlaub in Deutschland.

Doch egal ob auf Hawaii, in der Toskana oder in der Eifel, um richtig zu entspannen, reicht es nicht den Laptop zugeklappt zu lassen und das Handy auszuschalten. Der Urlauber sollte einiges mehr beherzigen.

Erstens: Vor dem Urlaub sollten alle Projekte im Büro abgeschlossen werden. Da dies leider nicht immer möglich ist, empfiehlt Psychotherapeut Groß, die liegengebliebene Arbeit an einen Stellvertreter zu delegieren. Dieser muss klar benannt und über alles im Bilde sein. Nur so kann man seinen Urlaub bis zum Schluss genießen. Denn: "Wenn man weiß, dass sich in den Wochen der Abwesenheit die Arbeit aufgetürmt hat, kann man die letzten Urlaubstage nicht richtig entspannen. Schon der Gedanke an die bevorstehende Arbeit löst Stress aus", sagt Groß.

Eine andere Lösung für unbeendete Projekte vor dem Urlaub hat die Arbeitspsychologin Carmen Binnewies von der Universität Münster parat. Sie rät, alles aufzuschreiben, was nach dem Urlaub ansteht. Eine To-Do-Liste nimmt dem Urlauber die Angst, etwas Wichtiges vergessen zu können. "Wenn Sie schon auf Reisen sind und Ihnen fällt etwas ein, schreiben Sie es auf und verbannen Sie dann den Zettel bis Sie wieder im Büro sind", empfiehlt die Professorin.

Wie Sie im Urlaub richtig sparen
Flugzeuge fliegen in Frankfurt am Main die neue Landebahn Nordwest des Frankfurter Flughafens an Quelle: dapd
Ein auf den Boden gemaltes Hinweis-Schild warnt am Freitag (17.02.2012) auf dem Flughafen in Frankfurt am Main vor Flugzeug-Verkehr. Quelle: dpa
Ein chinesischer Bankangestellter zählt US Dollar hinter einem Bündel chinesischer Banknoten in einer Bankfiliale der Huaxia Bank in Shenyang Quelle: dpa
Eine Frau geht am Montag (26.09.2005) in Düsseldorf an einem Reisebüro vorbei, das einen Flug nach New York für 189 Euro anbietet. Quelle: dpa/dpaweb
Im Internet-Auktionshaus ebay werden am Donnerstag (19.05.2005) die bei der Discounterkette Lidl angebotenen Billig-Tickets der Deutschen Bahn (DB) versteigert. Quelle: dpa/dpaweb
Transocean Tours eine Kreuzfahrt um die Welt Quelle: obs
Models posieren am Montag, 16. Januar 2006, auf der Internationalen Moebelmesse "imm Cologne 2006" in Koeln auf der beweglichen Couch 370 der Firma Benz Quelle: AP

Zweitens: Seien Sie unabhängig und tun Sie nur, wozu Sie Lust haben. Lassen Sie sich nicht wie im Arbeitsalltag von Terminen und Abgabefristen beherrschen. Der Zeitplan im Urlaub sollte möglichst locker getaktet sein und auch spontan geändert werden können. Tagesausflüge im Voraus zu buchen, ist zwar nicht verboten, aber dazwischen Freiräume zu lassen, ist auf jeden Fall empfehlenswert. Denn nur wer genau das tut, worauf er Lust hat, kann sich entspannen.

Keine Zwänge, keine Verpflichtungen – selbst wenn das bedeutet, sich für einen Tag von seiner Reisebegleitung zu trennen. "Dann muss der eine am Strand bleiben und der andere geht ins Museum. So einfach ist das", sagt Binnewies. Und schon bei der Urlaubsplanung sollte diese Kompromisslosigkeit beginnen. Denn was bringt es ihnen, mit Freunden in den Alpen zu wandern, wenn Sie eigentlich lieber zum Surfen an den Atlantik wollen? Das eigene Vergnügen sollte bei der Urlaubsplanung im Mittelpunkt stehen. Psychotherapeut Groß hat sogar gegen bestimmte Arbeiten nichts einzuwenden, solange sie Freude bereiten. "Es gibt zum Beispiel Menschen, die sich am besten entspannen können, wenn sie an Ihrem Ferienhäuschen rumwerkeln", erzählt er aus seiner täglichen Praxis.

Keine Verpflichtungen

Die liebsten Reiseziele der Deutschen 2012

Die dritte Voraussetzung, um vollkommen erholt aus dem Urlaub wieder zu kommen, ist der Kontrast zum Alltag: "Wer den ganzen Tag im Büro sitzt, dem tut etwas Bewegung im Urlaub meist gut", sagt Binnewies. Aber Vorsicht" Sie sollten es auch nicht übertreiben. "Es muss ja nicht gleich ein Sechstages-Marsch durch die Anden sein, ein längerer Strandspaziergang ist viel entspannender", empfiehlt Psychotherapeut Groß. Wer, wie viele Topmanager, ständig zwischen den Wirtschaftsmetropolen der Welt hin- und herfliegt, sollte es im Urlaub ruhiger angehen lassen.

Wie die Deutschen 2011 ihren Urlaub verbracht haben

Wellnessurlaub im Fünfsternehotel oder mit den Kindern am Strand liegen, sind willkommene Gegenpole zum stressigen Arbeitsleben. Doch auch hierbei ist es wichtig auf die innere Stimme zu hören. Den ganzen Tag Faulenzen stellt nicht jeden zufrieden. "So mancher geht nach zwei Tagen im Liegestuhl  die Decke hoch", sagt Carmen Binnewies.

Erholung konservieren

Wenn man es richtig macht, steht der Erholung nichts im Wege. Doch mindestens genauso wichtig ist es, das Gefühl der Entspannung in den Alltag herüberzuretten. Wer Sonntagsabends mit dem Ferienflieger landet und Montagsmorgen um acht wieder am Schreibtisch sitzt, hat etwas falsch gemacht. Denn der Rückkehrer muss direkt wieder in den Arbeitsalltag einsteigen und gleichzeitig den Urlaub nachbereiten - eine Aufgabe, die unterschätzt wird. Er muss auspacken und die Wäsche von drei Wochen waschen, den Hund aus der Hundepension abholen und den Rasen mähen, denn das hat im Zweifelsfall niemand für ihn übernommen. Ganz schön viele Aufgaben die auf den Frischerholten hineinbrechen.

Das Wundermittel von Psychotherapeut Groß dagegen heißt "Puffertag". Mindestens ein Tag vor der Abreise und ein Tag nach der Heimkehr sollten Sie frei haben, um in Ruhe alles, was zu Hause ansteht, zu erledigen. Noch besser findet es Groß, wenn der Reisende nach der Rückkehr noch ein paar Tage oder sogar eine Woche Urlaub zu Hause macht. "Halten Sie Ihre Rückkehr geheim und gehen Sie gemütlich spazieren oder Essen", rät Groß. Machen Sie zu Hause also genauso weiter, wie Sie im Urlaub aufgehört haben. So konservieren Sie den Erholungseffekt wenigstens für ein paar Wochen.

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