Wissenschaft Freiheit und drei folgenreiche Geheimnisse der Motivation

Von Geburt an sind Menschen aktive, wissbegierige und spielerische Lebewesen, die permanent bereit sind, zu lernen und zu entdecken. Wollen wir diese natürliche Motivation erhalten oder wiederbeleben, sollten wir spezifische Bedingungen schaffen. Der Beitrag geht der Frage nach, wie das gelingt.

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Elf Strategien für mehr Motivation am Arbeitsplatz
Die Gründe für Motivationstiefs können vielfältig sein – umso wichtiger ist es, die Ursachen zu reflektieren, sie zu verändern oder zu kompensieren. Die Haufe-Akademie beschreibt 11 Strategien, die dabei helfen sollen. Je nach Persönlichkeitstypus greifen dabei verschiedene Methoden und sogenannte Motivationsverstärker: Ein Mensch, der impulsiv reagiert und oft bildlich denkt, benötigt Motivationstechniken, die mit Imagination und Visualisierung arbeiten. Für rational handelnde Personen eignet sich hingegen eher eine analytische Vorgehensweise. Quelle: dpa
1. Reflektieren: Wo liegen die Ursachen?Woher kommt das Motivationstief: Liegt es an der Stimmung im Team? Wünschen Sie sich mehr Austausch mit Kollegen oder Vorgesetzten? Macht Ihnen Zeit- oder Konkurrenzdruck zu schaffen? Bekommen Sie nicht genügend Anerkennung für Ihre Leistung? Oder sind Sie mit Ihrem Arbeitspensum permanent am Limit? Die Ursachenforschung erfordert natürlich etwas Zeit und genaues Nachdenken, um die mutmaßlichen Faktoren ausfindig zu machen. Am besten legen Sie die Punkte schriftlich nieder, so gewinnt Ihr Problem Struktur. Quelle: dpa
2. Kompetenzen aneignen und erhöhenHaben Sie das Gefühl, Ihre Leistungen und Engagement werden nicht genug gewürdigt? Dann sollten Sie unbedingt das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken und belegen Sie Ihrem Vorgesetzten, wie das Unternehmen von Ihrer Arbeit profitiert. Um mehr Anerkennung zu erlangen, bietet es sich außerdem an, sich weiter zu qualifizieren. Natürlich müssen Sie Ihr Vorhaben zuerst mit Ihrem Vorgesetzten besprechen, schließlich investiert Ihr Unternehmen in Sie. Außerdem gibt es staatliche Fördermaßnahmen, die Sie in Anspruch nehmen könnten. Quelle: dpa
3. Umfangreiche Projekte in Arbeitsschritte einteilenEinen gewaltige Berg Arbeit vor sich zu sehen ist zunächst mal fast immer deprimierend. Hilfe bietet gutes Zeit- und Projektmanagement. Um nicht den Überblick über bereits geleistete Arbeit zu verlieren, sollten umfangreiche Aufgaben in mehrere Schritte unterteilt werden. Das Projekt wird so einerseits übersichtlicher, zum anderen winkt ein kleines Erfolgserlebnis, sobald ein Arbeitsschritt abgehakt ist. Außerdem gelangen Erfolge auf diese Weise immer wieder ins Bewusstsein. Hat sich schon ein bestimmtes Handlungsmuster eingebürgert, sollte dieses noch einmal auf Schwachstellen überprüft werden, rät die Haufe-Akademie. Oft hilft es auch, Stress als Herausforderung zu betrachten. Wer es trotz Trubel und Hektik schafft, mit kühlem Kopf ein Projekt zu steuern, der kann mit Recht stolz auf sich sein. Generell ist es hilfreich, sich Grundlagen im Projektmanagement anzueignen, um von erprobten Methoden zu profitieren. Quelle: dpa-tmn
4. Visualisierung von Teilschritten, Erfolgen und ZielenUm motiviert zu bleiben, ist es hilfreich sich den fortlaufenden Prozess der Arbeit stets vor Augen zu führen - mit Hilfe von Tabellen, Grafiken, Zeichnungen. Das zeigt nicht nur Ihnen selbst, wie weit Sie gekommen sind, sondern auch den Kollegen und Vorgesetzten. Visualisierung bedeutet aber auch, geistige Bilder entstehen zu lassen. Denn Imaginationen setzen Anker im Unterbewusstsein fest. Je realistischer die Vorstellung gelingt, desto größer ist die Motivation. Quelle: Getty Images
5. Selbstwürdigung und SelbstbelohnungOhne Rückmeldung über geleistete Arbeit sinkt die Motivation. Wenn Chefs ihre Mitarbeiter dagegen loben, steigern sie deren Leistungsbereitschaft. Doch nicht jeder Vorgesetzte zeigt sein Lob in Worten, nicht immer erkennen wir Zeichen der Anerkennung. Eventuell fragen Sie Ihren Vorgesetzten einfach, was er oder sie von Ihrer Arbeit in den letzten Wochen hält. Gleichzeitig können Sie sich auch selbst helfen: Laut aktueller Studien spielt es keine Rolle, ob die Anerkennung von außen erfolgt, also durch Vorgesetzte und Kollegen, oder von innen durch einen selbst, so die Haufe-Akademie. Sorgt der Chef nicht für positives Feedback, dann belohnen Sie sich selbst mit einem guten Essen oder einem Shoppingbummel. Quelle: Getty Images
6. Autosuggestion mittels positiver FormulierungenDas letzte Projekt ist gründlich schiefgegangen? Das Motivationsloch tut sich auf. Wir setzen einen Fehler mit Versagen gleich, lassen negative Gedankenschleifen à la „ich kann das nicht“ zu. Man sollte sich jedoch davor hüten, seine Fähigkeiten nach einzelnen Rückschlägen gänzlich in Frage zu stellen. Fehler passieren und haben auch eine gute Seite: den Lerneffekt. Beim zweiten oder dritten Durchgang lässt sich eine Aufgabe meist besser lösen als beim ersten Mal. Lieber denken: „Ich schaffe das!“ Quelle: Getty Images

Im Süden am Meer sahen wir riesige Rhododendren: blühend, voll, rot. Wie ratlos standen wir wenig später vor unserem Strauch zuhause im Terrassenkübel. Mickrig. Seit Jahren dümpelte er vor sich hin. Und dann die Idee: Wir pflanzen ihn aus - in ein weites Feld an der Wiese. Zurzeit explodiert er förmlich vor Kraft - wie Menschen, die sich aus Beschränkungen befreit haben.

"Freiheit, Freiheit - ist das Einzige, was zählt!" sang Marius Müller-Westernhagen am Brandenburger Tor nach dem Mauerfall. Politisch sowieso, aber auch aus Perspektive der Motivationsforschung hat er recht. Weil Freiheit uns ermutigt zu wachsen. Weil sie uns ermöglicht, uns den Herausforderungen offen für neue Erfahrungen zu stellen. Weil sie Freude und Prosperität für Mensch, Organisation und Gesellschaft bringt.

Vielleicht denken Sie jetzt, dass sei ja wohl ziemlich pathetisch. Ist es vielleicht auch. Aber vielmehr als das ist es empirisch belegbar. In dutzenden von Studien wiesen die angloamerikanischen Motivationsforscher Deci und Ryan nach, dass das Freiheits-Erleben eines der wichtigsten Grundbedürfnis des Menschen ist. Freiheit ist eine Grundbedingung dafür, dass Menschen sich selbst motivieren und wachsen.

 

Wann wir amotiviert sind

Drei grundlegenden Motivationszustände unterscheiden Deci und Ryan, die auf einem Kontinuum der zunehmenden freien Selbstbestimmung angesiedelt sind:

·       Amotivation - völlige Unmotiviertheit ("Ich weiß auch nicht, warum ich arbeite, es wird einfach zu viel erwartet")

·       Extrinsische Motivation - man handelt der Belohnung wegen ("Ich arbeite, weil ich das Geld brauche")

·       Intrinsische Motivation - man tut etwas aus Interesse an der Sache selbst ("Ich arbeite, weil es mir Spaß macht, neue Sachen zu lernen"/"Ich arbeite gerne, weil ich zufrieden bin, wenn ich schwierige Aufgaben erfolgreich geschafft habe").

 

Amotivation ist ein Zustand, in dem wir keinen Grund haben zu handeln. Der Amotivierte erlebt sich selbst nicht als selbstbestimmter Verursacher, sondern als durch Kontrolle fremdbestimmt. Die Unfreiheit - nicht über sich selbst bestimmen zu können - hat an dem Zustand gewaltigen Anteil.

Echte Arbeitsfreude statt mantraartiger Selbstmotivation - so geht's

So fällt mir meine Studienzeit ein, in der ich Putzfrau in dem Essener Nobelviertel Bredeney war. Ein älteres Ehepaar hatte mich eingestellt und jeder meiner Arbeitsschritte wurde durch die Herrscherin des Hauses kontrolliert ("Den Teppich bitte in dieser Richtung saugen, heute bitte die Kacheln in der Küche mit dem und dem Putzmittel putzen, die Bücher bitte genauer auf Kante stellen"). Wir hatten nicht besonders lange Freude aneinander.

Ähnlich geht es wohl vielen Arbeitnehmer/innen oder auch Kindern und Jugendlichen, deren Drohnen-Eltern permanent kontrollierend um sie herumschwirren ("Ich unterstütze meinen Max-Leopold bei den Hausaufgaben!").

 

1. Freiheit steigert die Motivation

Am anderen Ende der Motivations-Skala steht die intrinsische Motivation. Sie ist der Prototyp selbstbestimmter Aktivität. Die Freiheit, über sich selbst und seine Arbeit bestimmen zu können, geht mit dem höchsten Maß an Freude und Befriedigung einher. Erst durch die freie Wahl der Arbeit und der Herangehensweise wird dieses Selbstwachstum stimuliert ("Das habe ich geschafft und es hat geklappt!"). Darüber hinaus sind die Arbeitsergebnisse qualitativ und quantitativ besser als in all den anderen Motivationsstadien.

Mehr Freiräume für Experimente

Intrinsische Motivation ist zwar nicht die einzige Form der Motivation, so Deci und Ryan, aber es ist eine durchdringende und wichtige: "Von Geburt an sind Menschen in ihrem gesündesten Zustand aktive, wissbegierige, neugierige und spielerische Kreaturen, die eine allgegenwärtige Bereitschaft zeigen, zu lernen und zu entdecken. Und dazu brauchen sie keine äußeren Anreize. Diese natürliche Motivation ist ein entscheidendes Element für die geistige, soziale und körperliche Entwicklung". Denn sie verführt zur Handlungen, und Handlungen führen dazu, "dass jemand in seinem Wissen und seinen Fähigkeiten wächst".

 

2. Verhaltenskontrollen zerstören die Motivation

Unsere inne liegende Motivation ist also unser Wachstumsgenerator und wir können ihn lahmlegen oder befeuern. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist klar nachweisbar: Erwartete handfeste Belohnungen, Drohungen, Deadlines, Anweisungen und Konkurrenzdruck untergraben diese Motivation, weil die Menschen sie als Verhaltenskontrollen erleben.

Die Freiheit der Wahl und die Möglichkeit sich selbst zu steuern erhöhen hingegen die intrinsische Motivation. Es geht also um Kontrolle versus Freiheit.

 

Die Wahrheit über unseren inneren Antrieb
Was treibt uns wirklich an?„Die uns eigene Motivation ist wie eine innere Maschine, die ein bestimmtes Produkt herstellt“, sagt die Autorin Mira Mühlenhof. Darauf sind wir fixiert und wir tun alles, um möglichst viel davon in unser Leben zu holen – jedoch ohne dass uns dieser Antrieb bewusst wäre. Das Phänomen dahinter ist der „blinde Fleck“. So gehören zu jedem unbewussten Persönlichkeitsmuster ein Selbstbild und daraus resultierend eine Stolperfalle. Für jeden, der dauerhaften Erfolg will, ist es unabdingbar, diese zerstörerische Kraft zu durchschauen und zu verwandeln - für mehr Authentizität und Leichtigkeit.Foto: Duracell Quelle: duracell.de
Streben nach dem BestenSie sehen sofort, was fehlerhaft ist, was korrigiert werden sollte, was noch besser geht. Ihre Anspruch macht Sie zum Reformer, Sie arbeiten stets am 100-prozentigen Ergebnis. Ihr Selbstbild: Ich mache es richtig. Die Falle: Ihre hohe innere Messlatte strengt andere an. Sie nörgeln und sind unlocker. Quelle: Fotolia
Helfen als GrundsatzIhnen fallen bei jeder Gelegenheit Menschen auf, die Ihre Hilfe benötigen. Sie unterstützen, wo und wann immer es geht. Dabei vernachlässigen Sie sich selbst und es fällt Ihnen schwer, auch mal etwas anzunehmen. Ihr Selbstbild: Ich helfe und bin liebenswürdig. Die Falle: Ihr Helfer-Syndrom grenzt an Manipulation. Sie helfen ungefragt. Das nervt. Quelle: Fotolia
Ich bin ein GewinnerMit ihrem Charme erobern Sie die Welt. Mit Ihren vielen Projekten und der leichten Art, sie umzusetzen, gehören Sie zu den Champions. Ihr Selbstbild: Ich bin erfolgreich. Die Falle: Sie mogeln sich durchs Leben, täuschen und blenden andere. Und vor allem sich selbst. Quelle: Getty Images
Die Perle liegt in der TiefeBloß nicht wie die Anderen sein – das ist Ihr Lebensmotto. Dennoch achten Sie darauf, was andere haben und was Ihnen fehlt. Das schürt Ihre Melancholie und Ihre Selbstzweifel. Ihr Selbstbild: Ich bin besonders. Die Falle: Ihr Leben ist ein immerwährendes Drama. Insbesondere für die anderen. Quelle: Getty Images
Professionalität reicht ausIhnen entgeht nichts, Sie sind bereits Fachmann auf Ihrem Gebiet. Dennoch forschen Sie unermüdlich nach neuen Erkenntnissen. Ihr Denkapparat arbeitet unermüdlich. Ihr Selbstbild: Ich blicke durch. Die Falle: Sie haben Angst vor Gefühlen. Wo bleibt das Zwischenmenschliche, das Herz? Quelle: Getty Images
Zu viel Neues muss nicht seinSie mögen Strukturen, Pläne und Strategien. Sie haben die Dinge gern in Ordnung, sind verlässlich und treu. My home is my castle. Ihr Selbstbild: Ich tue meine Pflicht. Die Falle: Sie können keine Entscheidungen treffen – aus der Befürchtung, es könnte die falsche sein. Sie sind ein kleiner Angsthase. Quelle: Fotolia

3. Wir brauchen experimentelle Freizonen für uns und unsere Projekte

Und was sagt uns das alles nun? Jeder kontrollierende Eingriff zerstört die Handlungsfreiheit.

Die befreienden, neu aufkommenden Arbeitsstrukturen fördern die Motivation und belohnen die kühnen Organisationen durch höhere, kreativere und lukrativerer Outcomes: Arbeite wo, wie, wann du willst - nur das Ergebnis zählt.

Nur nützen solche Einlassungen wenig, wenn formalistische Strukturen innovative Ansätze schon in der Startphase fesseln. Die logische oder zeitliche Struktur eines Ablaufs in einzelne Vorgänge zu gliedern und als Ablaufstruktur kleinschrittig vorzugeben, ist vielleicht angstreduzierend, weil es suggeriert, wir hätten die Sache "im Griff", hemmt aber unsere Entwicklung und die organisationale Innovationskraft. Die Überbetonung des Formalen hemmt Motivation. Fest gemeißelte Prozessstrukturen töten Innovation.

Alles fließt! Aber nur, wenn Freiräume geschaffen werden, in denen experimentiert werden kann; in denen Freiheit genutzt und Fehler gemacht werden dürfen. Organisationen brauchen so etwas wie experimentelle Freizonen. Experimentelle Freizonen für neue Ansätze, neue Gedanken oder die erste Runde eines Projekts - es sei denn, es handelt sich um High-Risk-Projekte.

"Soviel Freiheit wie möglich" sollte das Paradigma der Selbst- und Mitarbeiterführung sein. Wir sollten also loslegen und uns und unsere Projekte sich frei entfalten lassen. Klappt es, können wir im zweiten Schritt immer noch in Ruhe die formalen (Kontroll-)Vorgaben abarbeiten. Schritt für Schritt und mit der Erfolgsgewissheit im Rücken. Freilassen - so wachsen Pflanzen, Menschen und Organisationen.

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