Der Fehler liegt also darin, dass die meisten Menschen am Sonntag gerne ausschlafen. Wenn sie dann früh ins Bett gehen wollen, fehlt ihnen der Schlafdruck, der sich im Laufe des Tages aufbaut. „Wir waren schlicht noch nicht lange genug wach – und nicht müde genug, um zu schlafen“, sagt Hans-Günter Weeß.
Sein Tipp: Am Sonntag sollte rechtzeitig aufgestanden werden, damit sich der Druck im Laufe des Tages aufbaut. Auch ein Einschlafritual kann helfen. „Am Abend sich rechtzeitig vom Alltag distanzieren, eine entspannende Bettlektüre lesen oder Entspannungsmusik hören wäre optimal“, sagt der Schlafforscher, der sich in seinem aktuellen Buch „Die schlaflose Gesellschaft“ genau mit dieser Problematik beschäftigt.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Japanische Forscher haben herausgefunden, dass Menschen, die in der Woche ab und zu wenig schlafen – und die Zeit am Wochenende nutzen, um einmal richtig auszuschlafen, in der Regel besonders gute Leistungen erzielen.
Ihre Reaktionszeiten sind kürzer, sie machen weniger Fehler. Sie sollten aber trotzdem darauf achten, genügend zu schlafen. Eine Schwäche hat die Studie allerdings: Der Rhythmus der Probanden wurde lediglich um zwei Stunden verschoben. Genau der Zeitraum, der sich nicht kaum bis gar nicht auf unsere innere Uhr auswirkt.
Falsche Volksweisheiten rund um den Schlaf
Falsch. Menschen haben unterschiedliche Schlafbedürfnisse. Als optimal gelten im Schnitt sieben Stunden. Aber letztlich muss jeder sein Optimum finden. Bestes Indiz: Wer sich tagsüber fit fühlt, hat nachts genug geschlafen.
Falsch. Die Qualität des Schlafs hat damit nichts zu tun. Unserem Körper ist es egal, wann wir einschlafen. Viel wichtiger ist, genügend Stunden tief und fest zu schlummern. Doch klar ist: Je später wir ins Bett gehen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dieses Pensum zu erreichen.
Falsch. Kurzfristig geht das vielleicht, langfristig sind unregelmäßige Schlafzeiten eher schädlich. Unser Körper liebt Beständigkeit, sie ist essenziell für guten Schlaf. Arbeiten Sie lieber an Ihren Gewohnheiten unter der Woche, anstatt am Wochenende Schlaf nachzuholen. Oder fühlen Sie sich fit, wenn Sie zwölf Stunden durchgeschlafen haben?
Falsch. 45 Prozent der Deutschen gehen zwar davon aus, der Mond habe Einfluss auf ihren Schlaf. Ein Zusammenhang zwischen Mondphase und Schlafdauer ließ sich bisher aber nicht nachweisen. Erklären lässt sich dieser Volksglaube eher mit dem Phänomen selektiver Wahrnehmung: Wer nachts wach liegt und am Himmel den Vollmond entdeckt, prägt sich solche Momente stärker ein.
Der Körper ist relativ schnell in der Lage, sich an den Schlafmangel zu gewöhnen. Müdigkeit wird zu einer Grunderfahrung. Allerdings nicht ohne Auswirkungen auf unser Handeln: Unkonzentriertheit und der fehlende Kompetenz zwischen Wichtig und Unwichtig zu unterscheiden. Die Entscheidungsfreudigkeit sinkt sogar um 50 Prozent, die Risikobereitschaft allerdings steigt. Durchschnittlich schlafen die Deutschen zwischen sieben und acht Stunden – und sind dann besonders ausgeschlafen, wenn die Zubettgeh-Zeiten auch mit der inneren Uhr übereinstimmen.
„Die Lerchen unter uns werden früher müde und sind morgens früh wach, sie sollten früher ins Bett als die Eulen. Diese werden abends nochmals fit und kommen nur spät ins Bett. Dafür ist für sie wenn Arbeit und Schule beginnen häufig noch mitten in der Nacht“ sagt Weeß.
Umso wichtiger ist dann der Sonntagabend: „Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf“, sagt Psychologe Zulley. Denn Anspannung beeinträchtige nicht nur den ganzen Sonntag, sondern auch den Schlaf.
Eine Unausgeschlafenheit am Montagmorgen hat mittlerweile weitreichende Folgen: Zahlreiche Studien (zum ersten Mal 1835) haben sich systematisch mit der Verteilung von Selbstmorden auf die Wochentage beschäftigt und herausgefunden, dass das dafür - nahezu weltweit - am Montag oder Dienstag besonders hoch ist, am Wochenende hingegen geringer. Die Erklärung: Der psychisch erkrankte Mensch sieht sich am Wochenanfang besonders mit einem „Funktionieren-Müssen“ konfrontiert, was ihn zusätzlich belastet.