




Auch traditionelle Branchen wie Unternehmensberatungen spüren diese Wünsche ihrer jüngeren Mitarbeiter deutlich. Doch wie kann der Übergang zwischen Passion und Profession gelingen?
Die Gründerperspektive
Seit Oktober 2014 lebe ich Work-Life-Blending: Ich bin mit Christoph Hardt, meinem Mitgründer in eine WG in Berlin Friedrichshain gezogen. Montag bis Donnerstag wohnen wir dort zusammen. Unsere Firma ist in Berlin Mitte, doch wir beide haben in einer anderen Stadt unsere “Homebase”, Christoph hat Familie in Würzburg und ich pendele wöchentlich nach Hamburg.
Das gemeinsame Arbeiten und Wohnen unter der Woche führt natürlich zu regelmäßigen Gesprächen am Abend über die Firma. Wir besprechen nach unseren Bürozeiten insbesondere strategische und visionäre Themen. Dabei ist die andere Perspektive des Küchen- anstelle des Schreibtischs oft sehr hilfreich und bringt uns zu neuen Ideen.
Zur Person
Schächtele arbeitete bei der Unternehmensberatung McKinsey, bevor er gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Hardt sein eigenes Unternehmen Comatch gründete. Der Online-Beratermarktplatz vermittelt Projekte zwischen Firmen und freiberuflichen Beratern und bedient so auch die Forderungen der “Generation Y”, die sich wünscht, ihre Arbeitszeit eigenständiger einteilen zu können.
Auch, wenn man als Gründer eines Unternehmens genauso gut ständig arbeiten könnte und an etwas Arbeit an Wochenenden nicht vorbeikommt, ist es besonders wichtig, sich aktiv und bewusst Zeiten einzuplanen, in denen es keine Deadlines, E-Mails oder sonstige arbeitsbezogenen Themen gibt. Wie viel Zeit man sich dabei frei räumen möchte, muss jeder selbst entscheiden. Für mich ist es mindestens ein Tag pro Woche, wenn möglich gerne zwei. Ich arbeite zwar weniger als zu meinen Zeiten als angestellter Berater in der Unternehmensberatung, aber die zwei Bereiche meines Privat- und Berufslebens sind mehr verschmolzen. Meine Arbeit in der eigenen Firma ist ja gleichzeitig Profession und Passion.
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Die Firmen- und Mitarbeiterperspektive
Auch unsere Mitarbeiter legen viel Wert auf eigenbestimmtes Arbeiten in einem flexiblen Umfeld. Da man deutlich feststellen kann, dass die Mitarbeiter überdurchschnittlich motiviert sind, sich auch für das eigene Unternehmen einzusetzen, versuchen wir sehr, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Sei es mit flexiblen Urlaubsregelungen, der Möglichkeit eines Mini-Sabbaticals oder einer 4-Tage-Woche. Natürlich ist auch der Tag im Homeoffice, weil man Handwerker erwartet, kein Problem. Ein Vertriebskollege bringt oft nach der Mittagspause seinen Hund Neal mit, den er sonst allein zu Hause lassen müsste.
Drei Ebenen der Beschleunigung
Beschleunigter Transport von A nach B. Auch die Kommunikation ist beschleunigt, durch das Internet. Und digital sind Produkte häufig schneller verfügbar als analog. So können wir uns heute über Online-Buttons innerhalb von einer Minute Tickets kaufen, Bücher aufs Tablet laden oder Filme downloaden. Gleichzeitig chatten wir mit Freunden über WhatsApp – E-Mails sind schon zu langsam ... Diese zunehmende Geschwindigkeit erwarten wir überall.
Junge Menschen sind zunehmend bereit (oder müssen es schlichtweg), ihren Job, Wohnort und Freundeskreis zu wechseln – und das mit einer Frequenz, wie sie früher undenkbar war.
Wir versuchen, mehr Dinge in kürzerer Zeit zu tun – Schlaf in Form von Power Naps, Fast Food und Multitasking sind nur einige Beispiele. Und wir beobachten auch immer mehr, dass die Interaktionsfrequenz massiv ansteigt.
Grundsätzlich gilt, dass die Ergebnisse zählen und nicht die Stundenzahl, die im Büro verbracht werden. Das gegenseitige Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten mit flachen Hierarchiestrukturen führen zu einem ungezwungenen und lockeren Umgang und einer guten, motivierten Stimmung im Büro. Das Team stärkende, gemeinsame Aktivitäten mit den Kollegen auch mit steigendem Unternehmenswachstum aufrecht zu erhalten, ist derzeit eine unserer Herausforderung: Eine Fußballgruppe trifft sich jeden Dienstag, wir haben eine Tischtennisplatte für das kleine Spiel zwischendurch im Büro und gehen schon einmal gemeinsam Go-Kart-Fahren.
Doch die Familie der Mitarbeiter darf nie zu kurz kommen, daher freuen wir uns, wenn zu Firmenfeiern auch Kinder und Partner mitgebracht werden. So entstehen ein guter Draht und ein enges soziales Netz unter Kollegen, innerhalb dessen man schon mal Fotos aus dem Urlaub in die WhatsApp-Gruppe des Teams schickt.