Zufriedenheit trainieren Befreien Sie sich vom Optimierungswahn!

Wie zufrieden sind Sie mit dem, was Sie haben und wie Sie sind? So lala? Dann kann es gut sein, dass Sie sich mit dem Optimierungswahn angesteckt haben. Doch der ist heilbar.

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Zehn Strategien zum Glücklichsein
Die Deutschen sind nicht so große Schwarzmaler, wie ihnen nachgesagt wird: Drei Viertel der Menschen hierzulande sind laut Studie lebensfroh, jeder Zweite empfindet sogar „große Lebensfreude”. Doch was genau ist das Geheimrezept zu Glück und innerer Ausgeglichenheit? Quelle: PR
Geld ist es auf jeden Fall nicht. Die Binsenweisheit, dass Geld nicht glücklich macht, hat sich die Mehrzahl der Deutschen tatsächlich zu Herzen genommen: 76 Prozent der Deutschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1000 Euro bezeichnen sich als lebensfroh. Quelle: PR
Naheliegend und doch noch nicht bei allen angekommen: Wer den Partner mit seinen Macken akzeptiert, hat mehr vom Leben. Vor allem die Lebensfrohen (84 Prozent) schwören auf Toleranz für dauerhafte Liebe. Das hat das Forsa-Institut in Zusammenarbeit mit dem Coca-Cola Happiness Insitut herausgefunden.Im Bild: Felix von Luxemburg und seine Frau Claire Lademacher nach ihrer standesamtlichen Trauung im September. Quelle: dpa
Glück geht durch den Magen – besonders im Familienkreis: Mit der Familie kochen und essen gilt als Garant für ein gutes Lebensgefühl. Mehr als die Hälfte der Deutschen (53 Prozent) würde gern noch mehr Zeit für die Familie aufbringen. Das gemeinsame Familienessen ist für 86 Prozent der Befragten Bestandteil eines gelungenen Wochenendes aus. Quelle: dpa
Gesellschaft ist das Zauberwort zum Glück: Die Deutschen lachen am häufigsten zusammen mit Freunden und Bekannten (73 Prozent), mit dem Partner und der Familie (71 Prozent) sowie den Kollegen (48 Prozent). Am liebsten bringen sie andere Menschen zum Lachen (74 Prozent). Quelle: dpa
Probier's mal mit Gelassenheit: Auf Platz eins für ein frohes Familienleben steht „Die Dinge gelassen sehen“ (bei 31 Prozent der Lebensfrohen), gefolgt von der Fähigkeit, das Leben „so zu genießen, wie es kommt“. Auf Platz drei rangieren „Humor“ und „miteinander reden können“. Quelle: dpa
Leben mit persönlicher Leidenschaft: Jeder hat etwas, womit er sich gerne in der Freizeit beschäftigt. Dafür nutzen die Deutschen vor allem den Sonntag: 4,8 Stunden verbringen sie an diesem Tag durchschnittlich mit ihren Hobbys. 94 Prozent von 1068 befragten Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren empfinden dabei Lebensfreude. Quelle: PR

Wir leben in einer großartigen Zeit. Nie gab es so viele Möglichkeiten für so viele Menschen, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Der Preis dafür ist die Zufriedenheit. Wir verlernen zu sehen, wer wir sind und was wir haben. Es gibt immer ein anders, schneller, schöner, leichter, besser.

Ein Übertragungsweg für die grassierende Unzufriedenheit sind falsche Maßstäbe. Vielleicht sind es auch die fehlenden eigenen und deshalb die falschen, die wir von anderen ungeprüft übernehmen. In der Konsumforschung geht man davon aus, dass glückliche Menschen keine guten Käufer sind. Man kann sie mit den vielen Dingen, die wir ständig kaufen sollen, nicht verführen, sie sind mit sich im Reinen und wissen, dass Konsum nur kurzfristige Befriedigung verschafft. So wird uns permanent Unzufriedenheit eingeredet, werden Wünsche und Bedürfnisse geschaffen, um uns zum Handeln, sprich kaufen, zu animieren. Dies betrifft nicht nur materielle Dinge.

Können wir ein besseres Leben kaufen?

Wir kaufen ja auch Persönlichkeitsseminare, Kommunikationstrainings oder Ratgeberbücher. Es werden Ideale vermittelt, wie eine großartige Mutter, ein erfolgreicher Chef oder eine attraktive Ehefrau sein soll. Das geht weiter damit, was für Taschen, Autos, Wohnungen „man“ hat, wohin man in den Urlaub fährt, welche Schule die Kinde besuchen „müssen“ usw., wenn man einen bestimmten Lebensstil befürwortet. Auch „dagegen“ oder „anders“ zu sein ist klar definiert. Dies ist unsere Orientierung, sind unsere „must haves“.

Hinzu kommt, dass wir unsere Zielerreichung immer mehr verschieben. Hatte früher ein Tischler einen Auftrag für einen Tisch, war das klar umrissen und er hatte immer den Erfolg der Fertigstellung. War das Ziel junger Frauen, „eine gute Partie“ zu machen, zu heiraten, dann war es erfüllt, wenn man verheiratet war. Heute freuen wir uns nicht mehr einfach so an der Ehe oder Partnerschaft, sondern wollen mehr. Unsere Partner sollen auch noch gut kochen können, tolle Liebhaber und unterhaltsam sein, uns zum Lachen bringen, gesund und attraktiv sein.

Der Wirtschaftswissenschaftler Richard Easterlin hat junge Amerikaner nach ihrem Besitz gefragt und welche Dinge sie gern haben wollen, um glücklich zu sein. Nach 16 Jahren wiederholte er das Ganze.  Am Anfang besaßen die Befragten im Schnitt 1,7 der von ihnen aufgelisteten Dinge und dachten 3,1 würden sie glücklich machen. Später hatten sie 4,4  - und erwarteten das Glück bei 5,6.

Das kann man immer weiter fortsetzen. Ähnliches läuft in der Arbeitswelt ab. 

Es gibt kein „geschafft“ mehr

Wir arbeiten und arbeiten und es kommt immer mehr Arbeit nach. Denken Sie nur an die E-Mail-Flut. Gerade noch hat man in einer Nachtschicht das Postfach endlich einmal aufgearbeitet, ist der Zustand nach zwei Tagen wie vorher. Kennen Sie Zielvereinbarungen? Auch sie sind dadurch gekennzeichnet, dass das nächste Ziel, kaum ist das vorherige mit Mühe erfüllt, schon wieder vor einem steht. Immer weniger Menschen sollen in immer kürzerer Zeit mehr erreichen.

Weniger Geld, dafür mehr Liebe und Gesundheit

Wo die glücklichsten Deutschen wohnen
„Was macht Menschen glücklich?“ Dieser Frage widmet sich die sogenannte Glücksforschung, ein vergleichsweise junger Zweig der Volkswirtschaft, der rasant an Bedeutung gewinnt. Denn immer mehr Ökonomen vertreten die Ansicht, dass die allgemeine Zufriedenheit mit dem eigenen Leben der entscheidende Faktor für die Wirtschaftspolitik sein sollte und nicht wie bisher der materielle Wohlstand allein. Quelle: dpa
Bisher gab es zahlreiche Studien, die die allgemeine Lebenszufriedenheit von einzelnen Ländern miteinander verglichen haben. Eine sozioökonomische Panel-Befragung des Freiburger Ökonomen Johannes Vatter wollte die regionalen Glücksunterschiede in Deutschland aufdecken. Menschen in allen Bundesländern wurde die Frage gestellt „Wie zufrieden sind Sie, alles in allem mit ihrem Leben?“. Die Befragten sollten ihre Zufriedenheit auf einer Skala von 0 (völlig unzufrieden) bis 10 (sehr zufrieden) verorten. Dabei fiel vor allem das Gefälle zwischen Ost und West auf. Quelle: dpa
Eine Frau genießt die Sonnenstrahlen im Park von Sanssouci in Potsdam: Die Menschen in Brandenburg sind laut der Studie von Johannes Vatter alles in allem mit ihrem Leben am unzufriedensten und mit 6,34 Punkten unter dem Deutschland-Schnitt (6,80). An den wunderbaren Landschaften und touristischen Attraktionen kann es kaum liegen. Es müssen vor allem die vergleichsweise schlechte Wirtschaftslage und die hohe Arbeitslosenquote für die miese Stimmung verantwortlich sein. Quelle: dpa
Touristen bei einer Stadtrundfahrt in Weimar: Thüringen landet bei der Glücksstudie bundesweit auf dem vorletzten Rang. Auch hier zeigt sich das West-Ost-Gefälle in der allgemeinen Lebenszufriedenheit. Über die genauen Gründe können auch Experten wie der Freiburger Ökonom Johannes Vatter nur spekulieren. Allein an wirtschaftlichen Unterschieden liegt es aber vermutlich nicht. Möglicherweise hätten einige Menschen in Ostdeutschland das Gefühl, einen Teil ihres Lebens in der Unfreiheit der DDR vergeudet zu haben oder sie seien noch nicht in der westlichen Wettbewerbsgesellschaft angekommen. Dafür spricht, dass die Glücksunterschiede bei jungen Menschen kaum noch vorhanden sind. Quelle: dapd
Mitglieder einer Rudergesellschaft schieben ihr Ruderboot im Großen Jasmunder Bodden bei Lietzow (Insel Rügen) von einer Sandbank: Auch Mecklenburg-Vorpommern liegt in Sachen Glück mit 6,42 Punkten unter dem Bundesdurchschnitt (6,80). Quelle: dpa
Das wieder eröffnete Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus in Halle (Saale): In Sachsen-Anhalt sind die Menschen ebenfalls nicht so glücklich wie in vielen westlichen Bundesländern. Der Glücksindex liegt hier bei 6,49 Punkten. Quelle: dpa
Touristen vor dem Bach-Denkmal im Thomaskirchhof Leipzig: Auch Sachsen ist laut Vatters Panel-Befragung nicht die zufriedenste Region in Deutschland. „Hohe Arbeitslosigkeit sorgt für eine große allgemeine Verunsicherung in der Gesellschaft“, meint Vatter. Wird ein Mensch arbeitslos, sinkt seine Zufriedenheit im Schnitt um 0,4 Punkte. Wenn ein Ostdeutscher auf Jobsuche ist, weiß er, dass er längere Zeit arbeitslos bleiben könnte“, erklärt der Forscher. Quelle: dpa

Warum machen wir bei diesem Leben mit? Weil uns alternative Ideale verloren gegangen sind. Wir sagen zwar, „Geld ist nicht alles“. Doch 80 Prozent der Bevölkerung gehen lieber einer ungeliebten Arbeit nach, als den Mut aufzubringen, nach den eigenen Wünschen und Talenten zu leben und dafür weniger zu verdienen. Wir haben uns auf einem hohen Konsumniveau in einer behaglichen Komfortzone eingerichtet und die Angst, unseren materiellen Wohlstand auch nur ein wenig zu verändern, kann körperliche Schmerzen hervorrufen.

Welchen Preis sind Sie bereit, zu zahlen?

Die viel gepriesenen guten alten Werte wie Freundschaft, Liebe oder Gesundheit opfern wir fast unbemerkt dem Kampf um Materielles. Nein?

Nun, wie oft hoffen Sie abends, das Telefon möge nur nicht klingeln und um Himmels willen erst recht niemand spontan vorbei kommen, weil Sie so erschöpft sind und keine Lust auf Unterhaltung mit Freunden haben? Oder wie oft fauchen Sie Ihre Lieben so an, wie Sie es sich im Arbeitsumfeld nie trauen würden?

Wachen Sie auf, bevor Sie Verluste oder Krankheiten dazu zwingen! Viel zu oft erkennen wir, was war hatten, wenn wir es verlieren. Der Weg zurück ist dann viel mühsamer als sofort zu sehen und zu pflegen, was wir haben, inklusive uns selbst.

Die Top drei für  Zufriedenheit in Arbeit und Privatleben

1. Stoppen Sie das Vergleichen, und schon geht es Ihnen gut

Der Dreh- und Angelpunkt von Enttäuschung oder Unzufriedenheit ist immer der Vergleich. Oder besser gesagt, die Art, WIE wir vergleichen. Denn wir schauen nicht zur Seite, zum Durchschnitt. Erst recht nicht nach hinten. Sondern wir vergleichen eher mit einer Minderheit, die an der Spitze steht, und mit Menschen aus Werbekampagnen, die am Computer erstellt werden.

2. Schluss mit dem Erwartungsstress

Glück ist eine Frage der subjektiven Betrachtung. So wird die gleiche Lebenssituation von verschiedenen Menschen verschieden wahrgenommen und bewertet. Psychologen gehen davon aus, dass man Glück als Quotienten der erfüllten durch unerfüllte Wünsche beschreiben kann. Das gefühlte Glück wird umso größer, je kleiner der Quotient, also die unerfüllten Wünsche sind. Je weniger Dingen wir hinterher jagen, je weniger Dinge „anders“ sein sollen,  umso besser geht es uns.

3. Relativieren Sie Ihre Maßstäbe

Wir sind in einer Welt angekommen, in der keiner mehr allen Ansprüchen gerecht werden kann. Weil es zu viele und ständig wachsende in allen Lebensbereichen gleichzeitig sind. Hier umzudenken heißt, an Grundwerten zu rütteln. Denn wir haben etwas ganz anderes gelernt. Nämlich Dinge zu vollenden, zuverlässig, kalkulierbar zu sein. Wir müssen heute mit Prioritäten arbeiten und unerfüllte Arbeit, Pflichten, Erwartungen aushalten lernen.

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