Zusammenarbeit Je jünger der Chef, desto größer die Probleme

Viele Angestellte tun sich schwer, wenn der Vorgesetzte jünger ist. Zwei Wissenschaftler warnen: Darunter leidet mitunter das ganze Unternehmen.

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Die fiesesten Sprüche schlechter Chefs
Chef tritt Angestellten Quelle: Fotolia
Jeans Quelle: REUTERS
Kündigung Quelle: dpa
Arztbesuch Quelle: dpa
Füße im Bett Quelle: dpa
Chef gibt seinem Angestellten Geld. Quelle: dpa
Chef lehnt sich zurück. Quelle: Fotolia

Früher war die Welt noch überschaubar. Wer damals ein paar Jahre lang fleißig und diszipliniert arbeitete, wurde irgendwann belohnt – mit mehr Geld und mehr Verantwortung. Das Ergebnis: Die Vorgesetzten waren meist älter als die Angestellten.

Wie sich die Zeiten ändern. Heute kraxelt niemand mehr die Karriereleiter hoch, nur weil er älter wird. Es zählt kaum noch, wie lange jemand bereits in einem Betrieb gearbeitet hat – sondern das, was er aktuell leistet und was ihm die Führungsetage noch zutraut.

Außerdem steigt der Anteil älterer Mitarbeiter aufgrund des demografischen Wandels. Die Folge: Es wird immer wahrscheinlicher, dass man künftig einen wesentlich jüngeren Chef bekommt. Einer Haniel-Studie zufolge war im Jahr 2013 zum Beispiel knapp jeder fünfte Dax-30-Vorstand unter 50.

Frische Chefs: Die zehn häufigsten Anfängerfehler

Doch die Konstellation junger Chef/älterer Mitarbeiter birgt Konfliktpotenzial. Denn insbesondere in puncto Führungsstil und Arbeitsweise ticken die Generationen anders. Ältere glauben häufig, dass die körperliche Anwesenheit im Büro Fleiß und Zuverlässigkeit ausdrückt.

Unterdrückte Wut

Jüngeren ist unwichtig, wo und wann die Arbeit erledigt wird – Hauptsache, es geschieht. Für sie ist es normal, Anweisungen abends und am Wochenende in E-Mails zu packen. Ältere tun sich schwer mit der ständigen Erreichbarkeit und wollen lieber persönlich angesprochen werden.

Wie heikel die neue Konstellation ist, zeigt nun auch eine Studie, die kürzlich im „Journal of Organizational Behavior“ erschienen ist. Florian Kunze (Universität Konstanz) und Jochen Menges (WHU – Otto Beisheim School of Management) gewannen dafür 61 deutsche Unternehmen mit durchschnittlich 360 Angestellten. Etwa 7800 Mitarbeiter und 175 Führungskräfte hielten in einem Fragebogen einerseits fest, wie oft sie während der Arbeit negative Gefühle empfanden. Zum Beispiel Wut, Angst oder Ablehnung. Andererseits notierten sie, wie oft sie diese Gefühle unterdrückten. Außerdem baten die Forscher die erste Führungsebene, das Unternehmen im Vergleich zu direkten Wettbewerbern zu bewerten.

Und siehe da: Je größer der Altersunterschied zwischen jungem Chef und seinem Mitarbeiter, desto öfter empfanden die Angestellten negative Emotionen. Mehr noch: Je seltener sie diese schlechten Gefühle unterdrückten, desto schlechter schlug sich das gesamte Unternehmen. Die Wissenschaftler führen das auf zwei Gründe zurück. Zum einen bedeutet die Konfrontation mit einem jüngeren Chef für den älteren Untergebenen emotionalen Stress.

Soziologen würden sagen: Dadurch wird die Statuskongruenz verletzt. In Gruppen ist es nun mal traditionell üblich, dass das älteste Mitglied wegen seiner Erfahrung und Expertise in der Nahrungskette an erster Stelle steht. Ein jüngerer Chef verletzt diese Norm – und sorgt bestenfalls für Irritation oder Unwohlsein, schlimmstenfalls für Unmut, Abneigung und Feindseligkeit.

Schlecht für Selbstbewusstsein und Nerven

Auch deshalb, weil der jüngere Chef die älteren Angestellten immer mit ihrer eigenen Karriere konfrontiert. Der Mensch neigt dazu, sich ständig mit anderen zu vergleichen. Wird ein Angestellter nun von einem jüngeren Kollegen angeleitet, dann wird ihm ständig bewusst, dass er selbst auf der Karriereleiter langsamer vorangekommen ist. Das zehrt am Selbstbewusstsein und letztlich auch an den Nerven.

Je größer der Altersunterschied, desto intensiver wird dieses Gefühl – denn wenn der Chef nur wenige Jahre älter ist, kann man sich immer noch damit trösten, dass man ihn theoretisch noch einholen könnte.

Die Forscher plädieren aber nicht dafür, dass Arbeitgeber zur alten Beförderungspraxis zurückkehren. Vielmehr wollen sie für das Konfliktpotenzial sensibilisieren. Daher raten sie Arbeitgebern, die Altersstruktur der Belegschaft zu analysieren. Außerdem sollten sie regelmäßig die Emotionen der Belegschaft abfragen – und die Antworten ernst nehmen.

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