
Frankfurt Erstmals seit Beginn der Führungsdebatte in der Deutschen Bank hat sich Vorstandschef John Cryan zu Wort gemeldet. „Leider geht es rund um unsere Bank alles andere als ruhig zu – einmal mehr sind wir in den Schlagzeilen“, schrieb er in einem Brief an die Mitarbeiter. In den vergangenen Tagen habe er mit einigen der Mitarbeiter gesprochen und wisse um ihre Sorgen, dass die Gerüchte nicht gut für die Bank sind.
Die Unruhe bei der Deutschen Bank ist groß: Seit Donnerstag ist bekannt, dass Aufsichtsratschef Paul Achleitner die Fühler nach alternativen Kandidaten für die Unternehmensspitze ausstreckt. Informationen des Handelsblatts decken sich mit denen der britischen „Times“, die zuerst über dieses Thema berichtet hatte.
Mit seinem internen Brief versucht Cryan, die Unruhe einzudämmen. „Ich möchte Ihnen daher versichern, dass ich mich weiterhin mit all meiner Kraft für die Bank einsetze und gemeinsam mit Ihnen den Weg weiter gehen möchte, den wir vor rund drei Jahren angetreten haben“, schreibt der Brite.
Noch vor einem Jahr herrschte bei Deutschlands größtem Geldhaus Aufbruchsstimmung. Nach einer kräftigen Kapitalerhöhung und der Beilegung wichtiger Rechtsrisiken gab der Vorstand schon damals das Signal zu mehr Wachstum. Doch vor allem das Kapitalmarktgeschäft der Bank hat sich deutlich schlechter entwickelt als erwartet.
Die Deutsche Bank ist nicht das einzige Institut, das im Anleihehandel weniger verdient hat. Doch eigentlich hatte sie anderen Häusern Marktanteile wieder abluchsen wollen. Im Aktiengeschäft schnitt die Deutsche Bank sogar schlechter ab als ihre Wettbewerber.
Cryan weiß, dass das ausbleibende Ertragswachstum eine schwere Hypothek für seine Amtszeit ist. Seine Mitarbeiter rief er allerdings dazu auf, nicht klein beizugeben. „Wir alle wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt: Unsere Ziele sind ehrgeizig, aber die Zahlen sind noch nicht da, wo wir alle sie uns wünschen“, so Cryan. Die Bank und ihre Mitarbeiter müssten sich „weiter darauf konzentrieren, unsere mit dem Aufsichtsrat abgestimmte Strategie umzusetzen“, sagte er. „Hier gibt es keinen Dissens“, betonte der Deutsche-Bank-Chef.
Ein Problem für Cryan: Er kann bislang wenig messbare Fortschritte präsentieren. Zu den Ausnahmen zählt der trotz aller Marktturbulenzen geglückte Börsengang der Fondstochter DWS, die er als „sichtbarsten Meilenstein“ der Strategie bezeichnete. Und in anderen wichtigen Geschäftsbereichen wie etwa dem Anleihehandel habe die Bank bewiesen, dass es ihr in schwierigen Zeiten gelungen sei, „Marktanteile zu erhalten“.
Das Problem: Investoren hatten eigentlich darauf gewartet, dass die Bank in ihrer Paradedisziplin auch wieder Marktanteile zurückerobern kann. Dafür versprach Cryan, dass es bei der Integration der Postbank in das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank „in den kommenden Monaten ebenfalls weitere gute Nachrichten geben“ wird.
Diese guten Nachrichten sind dringend nötig, will die Bank wieder zur Ruhe kommen. Künftig werde der Fokus wieder auf mehr auf Wachstum liegen, so Cryan. Es gebe keinen besseren Weg, um ungewollte Schlagzeilen zu vermeiden.
Manchem Mitarbeiter dürften solche Töne allerdings bekannt vorkommen. Schon vor dem vergangenen Osterfest schrieb Cryan in der Osterbotschaft an seine Mitarbeiter: „Umsichtiges Wachstum – das sollte ab sofort unsere Devise sein.“