Aktienhandel Wie Privatanlager von alternativen Handelsplattformen profitieren

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Chi-X-Europachef Howarth: In zwei bis drei Jahren über 50 Prozent des Handels in Dax-Werten bei den Alternativen

„Während die Orderregeln in den USA sehr eng definiert sind, ist das Prinzip der bestmöglichen Ausführung in Europa viel flexibler“, sagt Professor Bruce Weber von der London Business School. So können sich Broker oder Bank damit herausreden, dass der bessere Preis nur für ein geringes Volumen gegolten habe, dass die Order woanders schneller ausgeführt werden konnte als am Platz mit dem besten Preis oder dass es in Krisenzeiten wichtiger sei, eine technisch zuverlässige Lösung zu wählen, als nur auf den Preis zu achten. Die europäischen Vorschriften seien in der Tat „sehr schwammig“ heißt es auch in Anwaltskreisen.

Noch weniger Einblick darin, ob tatsächlich zum bestmöglichen Preis ausgeführt wurde, haben Fondsanleger. Fondsgesellschaften haben sich weitgehend aus dem direkten Wertpapierhandel verabschiedet. Bei Allianz Global Investors, der sparkasseneigenen Deka und bei Union Investment etwa laufen die Orders automatisch in die Computersysteme von externen Brokern wie Goldman Sachs, Deutsche Bank oder Nomura. Über deren Computersysteme werden sie dann weitergeleitet – entweder an die etablierten Börsen oder auf die neuen Handelsplattformen. „Der Anteil der alternativen Handelsplattformen wächst“, sagt Christoph Mast, Handelschef bei Allianz Global Investors. Die Systeme der Broker sollen aus allen Kursen den günstigsten herausfiltern.

Bestmöglicher Kurs ist kaum kontrollierbar

Kritiker bemängeln allerdings, dass nie klar ist, nach welchen Parametern die Systeme die besten Kurse suchen. Der Londoner Handelsspezialist Redburn argwöhnt, dass die Systeme in manchen Fällen sogar absichtlich so programmiert sind, dass das Kundeninteresse nur zweitrangig ist. Denkbar ist, dass eine Bank oder ein Broker, wenn ein Kunde eine Aktie kaufen will, diese Order aus eigenen Beständen bedient – entweder intern oder indem er ihr auf einer alternativen Plattform Aufträge gegenüberstellt und diese dann ausführt. Fondsgesellschaften könnten Orders zudem immer über die Mutterbank laufen lassen, sodass diese von Provisionen und Handelsspannen profitiert.

Ob der vom Computer gewählte Kurs tatsächlich der gesetzlichen Vorschrift zur bestmöglichen Ausführung entspricht, ist kaum kontrollierbar. „Ein Wertpapierauftrag läuft in Lichtgeschwindigkeit ab, er braucht etwa eine Millisekunde auf 100 Kilometer“, sagt der Chef eines Frankfurter Hedgefonds, der sich auf Kursdifferenzgeschäfte zwischen Börsen und alternativen Plattformen spezialisiert hat. In dieser Zeit wird die Order erteilt und die Ausführung bestätigt. Gleichzeitig werden alle Orders an Plattformen, die nicht zum Zuge kamen, gelöscht.

„Wirtschaftsprüfer können den in der Sekunde gültigen Kurs nicht über alle Plattformen bewerten“, sagt ein Experte. Geprüft werde höchstens, ob der gehandelte Kurs zwischen dem Höchst- und Tiefstkurs des jeweiligen Tages im laufenden Handel liege. Vom bestmöglichen Kurs kann dieser aber noch meilenweit entfernt sein – ohne dass dies irgendjemandem auffallen würde.

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