Aktienmärkte Hedgefonds kämpfen ums Überleben

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Bliebe die Hoffnung, dass sich wenigsten die Konjunktur im Verlauf des kommenden Jahres erholt, die Unternehmensgewinne nicht zu stark einbrechen und sich die Börsenkurse deshalb stabilisieren. Wahrscheinlich trügt diese Hoffnung. Denn die Krise hat die Industrie erreicht. Bei Daimler, BMW und Opel stehen die Bänder still. SAP-Chef Henning Kagermann beklagt den schärfsten Nachfrage-Einbruch beim weltgrößten Firmensoftwarehersteller binnen 26 Jahren. Lufthansa kürzt die Gewinnprognose, bei konjunktursensiblen Unternehmen wie Cemex, dem drittgrößten Zementhersteller der Welt, brechen die Erträge um 75 Prozent ein. Bei Volvo bestellten Kunden im dritten Quartal noch ganze 115 Lkw – im Vorjahreszeitraum waren es noch 41.970 Stück – 360 mal mehr. In Großbritannien schrumpft die Wirtschaft bereits, in den USA ebenso, das Verbrauchervertrauen sinkt auf ein 40-Jahres-Tief, die US-Häuserpreise sacken weiter.

Ratinganalysten, die Staaten und Unternehmen auf ihre Zahlungsfähigkeit hin überprüfen, kommen mit den Abstufungen kaum noch hinterher. Im dritten Quartal standen einer Heraufstufung bei Bank-, Unternehmens- und Staatsanleihen drei Abwertungen durch die Ratingagentur Moody’s gegenüber.

US-Anleihegläubiger bangen schon jetzt um 188 Milliarden Dollar an Unternehmensschulden, die kurz davorstehen, nicht mehr bedient zu werden. Jeder vierter US-Unternehmensschuldner mit schwacher Bonität steht vor dem Aus – ein historischer Rekord. Viele Papiere notieren nur noch bei zehn Prozent ihres Nennwerts. Auch in Europa bieten Anleihen seit Jahrzehnten nicht mehr bekannte Renditeaufschläge zu Staatsanleihen. Rentenpapiere von BMW oder Thyssen etwa bringen 4,5 Prozent mehr Rendite als Bundesanleihen.

Finanzmonopoly gefährdet sogar den Euro

Das Finanzmonopoly gefährdet inzwischen gar den Euro, ganz zu schweigen von den Währungen osteuropäischer Länder und anderer Schwellenländer, denen der Bankrott droht. Ungarn erhält vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Europäischen Union einen 20-Milliarden-Euro-Kredit, nachdem der Budapester Markt für Staatsanleihen kollabiert ist und sogar eine Pleite des Landes nicht mehr ausgeschlossen wird. Die Ukraine wird vom IWF mit 16,5 Milliarden Dollar bedacht, um das heimische Bankensystem stützen zu können.

Gingen tatsächlich ganze Länder bankrott, dürften sich wiederum die Banken die Finger verbrennen. Denn drei Viertel der 4700 Milliarden Dollar an Auslandsschulden Osteuropas, Lateinamerikas und der Schwellenländer Asiens liegen in den Bilanzen westeuropäischer Banken.

Der Überlebenskampf der Spekulanten erfasst auch den im Vergleich zum Aktienmarkt weit größeren Devisenhandel. Die japanische Währung sprang zum US-Dollar innerhalb von sechs Wochen um 15 Prozent in die Höhe, weil Hedgefonds und andere Investoren in Japan Kredite zurück- zahlten, die sie zuvor zu niedrigen Zinsen aufgenommen und in Europa und den Schwellenländern angelegt hatten.

Dieses Geld fließt jetzt zurück. 30 Milliarden Dollar an ausländischen Anlagen haben US-Investoren dieses Jahr schon heim- geholt, ein Trend der sich beschleunigt: Allein in der ersten Oktoberwoche zogen sie 4,2 Milliarden ab. Doch der Großteil ihres im Ausland angelegten Kapitals liegt noch in Übersee. Allein 2007 investierten Amerikaner 130 Milliarden in deutsche Aktien, ungarische Anleihen oder chinesische Immobilienfonds. Sollte sich der Trend, Geld heim aufs US-Sparbuch zu holen, nicht umkehren, drohen in Europa und an den anderen Börsen weitere Abschläge.

Hätten sich Banken, Fonds und Spekulanten nicht so heillos mit Krediten übernommen und drohte deswegen nicht eine tiefgreifende Rezession, wäre für Anleger eigentlich der Zeitpunkt gekommen, sich Aktien zuzulegen. Unternehmen wie Lufthansa, Thyssen, RWE oder BASF gehen mit starken Bilanzen in die Krise – selbst ein paar Jahre mit roten Zahlen wären für sie leicht zu überstehen. Gemessen an wichtigen Aktienkennzahlen, die über die Gewinnbewertung hinausgehen, notieren viele Papiere auf historischen Tiefs. Eine BASF kostet kaum mehr als das den Aktionären zustehende anteilige Vermögen von 20 Euro je Aktie. Trotz reduzierter Gewinnprognose dürfte die Lufthansa kommendes Jahr zehn Prozent Dividendenrendite bieten. Für einen Umsatz-Euro, den ThyssenKrupp 2008 erwirtschaften wird, zahlen Anleger nur 13 Cent. Da ist schon ein massiver Geschäftseinbruch im niedrigen Kurs drin.

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