Anlagebetrug Dubiose Geschäftemacher machen Kasse mit Schweizer Aktien

Seite 2/3

amitelo

Das Unternehmen selbst sieht sich als Opfer eines Missverständnisses: Amitelo habe Mitte August nur die Entscheidung über einen Reverse-Split angekündigt, den Schritt selbst aber weder bestätigt, beantragt noch durchgeführt, teilte Malkus noch im September mit.

Alles nur ein Versehen? „Die Rückabwicklung war die einzig richtige Konsequenz“, sagt Börsenbrief-Herausgeber Bernd M. Otto aus Zürich. „Es ging bei dem Reverse-Split vermutlich nur darum, Altaktionären die Möglichkeit zu geben, ihre Amitelo-Aktien abzuverkaufen.“ Alleine mit den Geschäften nach dem Split hätten die Hintermänner einen siebenstelligen Betrag gewinnen können, schätzt er. Nur die Rückabwicklung des Reverse-Splits habe dies unmöglich gemacht. Wer die Aktien heute hält, ist unklar – im Entry Standard gibt es keine Meldepflichten für Aktienbesitzer. Prochnow hält nach eigenen Angaben keine mehr, weder direkt noch indirekt. Zumindest hatte er indirekt mal welche. Die Spur: Amitelo wurde 2005 vom Schweizer Finanzunternehmen 3D Capital an die Börse gebracht. 3D hielt Amitelo-Aktien, im Jahr 2006 laut Geschäftsbericht rund 3,6 Prozent des Kapitals.

An 3D Capital wiederum waren bis ins vergangene Jahr zwei Deutsche über ihre Unternehmen beteiligt: Prochnow und sein Geschäftsfreund Rainer Bergmann, Geschäftsführer der Maklerfirma RG Securities. 2005 hielten sie jeder 50 Prozent, Ende 2006 noch je 41,3 Prozent. Beide kennen den Amitelo-Ex-Chef Malkus. Den Amitelo-Handel auf dem Frankfurter Parkett organisiert RG Securities.

Das Sündenregister von 3D Capital ist lang

Interne Geschäftsunterlagen deuten darauf hin, dass Miteigentümer Torsten Prochnow im operativen Geschäft von 3D Capital durchaus aktiv war. So wurden etwa Rechnungen an das Unternehmen auf seinen Namen ausgestellt. „Im operativen Geschäft der 3D Capital war ich nicht eingesetzt, weder als Angestellter noch als Mitglied der Geschäftsleitung“, sagt Prochnow heute. Über eines seiner Unternehmen habe er allerdings einige Aufgaben, etwa die Vermittlung von Neukunden, für 3D Capital übernommen. Inwiefern er dafür Aktien der jeweiligen Unternehmen bekam und verkaufte, sagte Prochnow – obwohl danach gefragt – in einer sehr ausführlichen und von seinem Anwalt übermittelten Stellungnahme an die WirtschaftsWoche nicht.

Um die Öffentlichkeitsarbeit von Amitelo kümmerte sich bis zum Sommer 2007 die Capital Communication AG, an der 3D Capital laut des Geschäftsberichtes 2006 mit einem Anteil von 1,25 Prozent beteiligt war. Im Mai ging das Schweizer Unternehmen in Konkurs. Aktionär bei Capital Communication war auch Prochnow, über eines seiner Unternehmen. „Genau wie bei der 3D Capital hat Prochnow sich früher in unser Geschäft eingemischt“, sagt Harald Schwab, Ex-Direktor von Capital Communication. Prochnow sagt dagegen, er sei operativ nicht engagiert gewesen.

Das Sündenregister der 3D Capital ist lang. Darin verzeichnet sind, neben Amitelo, vor allem Papiere kleiner Rohstofffirmen, die im Rohstoffboom der vergangenen zwei Jahre schon zum Börsenstart die Möglichkeit boten, Anlegern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Etwa Accel Energy, ein Unternehmen, das 3D Capital im Dezember 2006 an die Börse brachte. Rund zehn Prozent der Aktien hielt, na wer schon – 3D Capital. Als Accel Energy an der Börse startete, klang die Story gut. Man wollte große Geschäfte mit China machen, zum Beispiel im Straßenbau. Im Frühjahr 2007 lag der Kurs über 2,50 Euro, begleitet von hohen Börsenumsätzen. So wechselten allein am 1. Februar 2007 Aktien von Accel Energy im Wert von rund 3,7 Millionen Euro den Besitzer. Doch dann stürzte der Kurs ab.

Offenbar kaufte RG Securities der 3D noch im April 2007 laut einem der WirtschaftsWoche vorliegenden Kaufvertrag, der allerdings nur einseitig von RG-Chef Rainer Bergmann unterzeichnet wurde, einen Anteil von 130.000 Aktien ab. Aktuell notieren Accel Energy bei rund fünf Cent, trotz des Wertverlustes immer noch achtmal höher als der Aktiennennwert von einem Schweizer Rappen (0,6 Cent). Manipulateure könnten auch mit solchen Verkaufskursen noch Gewinne erzielen. Das zeigt eine einfache Rechnung: 77 Millionen Aktien mit einem Nennwert von 0,6 Cent hat Accel Energy ausgegeben. Selbst wenn all diese Papiere nur zu fünf Cent verkauft würden, wäre ein Profit von 3,4 Millionen Euro möglich. Käufer finden sich immer noch. Zwischen August und Ende September betrug der Handelsumsatz mit der Aktie mehr als zwei Millionen Euro. „Der echte Wert dieser kleinen Schweizer Unternehmen lässt sich von außen nicht erkennen“, warnt Matthias Schrade, Nebenwerte-Experte bei GSC Research in Düsseldorf. Oft gebe es nur Indizien, dass einiges im Argen liegt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%