Auslandsimmobilien Spanische Ferienhäuser entwickeln sich zum Alptraum

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Ex-Bürgermeister Antonio Quelle: dpa

„Enteignung läuft in Spanien so ab, dass den Eigentümern zwar das Recht auf Nutzung der Immobilie gegeben wird, sie aber den Besitz de facto verlieren“, sagt Rechtsanwalt José Ortega, der den Interessenverband vertritt. Eine Beschwerde eines Betroffenen hat das spanische Verfassungsgericht bereits abgelehnt. 1300 Häuser in Spanien wurden nach Angaben des Verbandes in den vergangenen Jahren als vermeintliche Schwarzbauten abgerissen. Entschädigungen gab es noch keine.

Fatal: Mögliche Entschädigungen nach Enteignungen richten sich immer nach dem aktuellen Marktwert der Immobilie. Fallen die Preise weiter, könnte zum Beispiel das „Castillo del Mar“ für den Deutschen Müller zu einem riesigen Verlustgeschäft werden. Verkaufen kann er nicht mehr, da die Immobilie bereits als illegal stigmatisiert ist, würde ihm niemand auch nur einen Cent geben.

„Es kann doch nicht sein, dass sich 15 Jahre lang niemand über die zugepflasterten Küsten aufgeregt hat und jetzt auf einmal ein Kreuzzug gegen Leute geführt wird, die auf den ersten Blick völlig legale Wohnungen und Häuser am Meer gekauft haben“, regt sich die Spanierin Carmen del Amo, Präsidentin der Küstenimmobilien-Lobby, über ihre eigenen Landsleute auf.

Korruptionsskandale im Zusammenhang mit Baugenehmigungen

Sie ist selbst von diesem Kreuzzug betroffen. Del Amo hat ein Haus in Alicante, das wie 800 andere dort wegen seiner Nähe zum Strand vor vier Jahren als illegal abgestempelt wurde. „Über Jahre wurden Bau-Praktiken zugelassen, die nun wieder zulasten der Privateigentümer und Steuerzahler rückgängig gemacht werden sollen“, sagt Jan Stuyvesant. Der Holländer besitzt mehrere Ferienwohnungen am FKK-Strand von Playa Vera bei Almeria. Hier steht nicht nur eine Apartmentanlage, sondern auch ein großes Hotel.

„Während der Strand des Hotels immer weiter vergrößert wurde, damit nicht gegen das geltende Küstengesetz verstoßen wird, wurde vor den Ferienwohnungen der Strand immer weiter abgebaut. Wir befürchten, dass man uns damit schon mal auf eine baldige Enteignung vorbereitet, weil wir nun viel zu nah am Wasser liegen“, sagt Stuyvesant. Der Holländer vermutet, dass Schmiergelder an Gemeindefunktionäre die merkwürdige und für ihn ungünstige Strandverlegung beeinflusst haben.

Korruptionsskandale im Zusammenhang mit Baugenehmigungen sind in spanischen Küstengemeinden eher die Regel als die Ausnahme. „Solange wir nicht die Gemeinde-Finanzierung ändern und Gemeinden weiter von der Vergabe von Baugenehmigungen leben müssen, werden Korruption und auch unkontrolliertes Bauen kein Ende nehmen“, glaubt Rechtsanwalt Arriaga, der in der Nähe von Marbella lebt. Derzeit muss sich ein Bauträger für eine Baugenehmigung verpflichten, einen Teil des Grundstücks für gemeinnützige Zwecke freizugeben – oder Geld an die Gemeinde zu überweisen, damit diese gemeinnützige Projekte in Auftrag geben kann.

Dabei verschwinden oft Tausende von Euro, an der Costa del Sol auch vereinzelt Millionen, bei den Parteien oder direkt in den Taschen der Bürgermeister. Zwar hat die sozialistische Zentralregierung per Gesetz die Kontrolle durch die Regionalregierungen bei der Vergabe von Bauland verstärkt, „aber in der Praxis hat sich nicht viel verändert“, sagt der in Madrid ansässige deutsche Rechtsanwalt Karl Lincke.

Der Fall Antonio Barrientos beweist das: Der Arzt und Ex-Bürgermeister von Estepona, einem bis vor ein paar Jahren noch kleinen Ort vor Marbella, wollte aus seiner Gemeinde einen „sauberen“ und „korruptionsfreien“ Ferienort machen, frei von Mafia. Der Mann mit den breiten Schultern und dem düsteren Blick kündigte bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren an: „Wir werden uns distanzieren von Marbella.“

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