Autobauer Abgang von Porsche-Chef Wiedeking wäre für Aktionäre teuer

Heute hat der Sportwagenhersteller Porsche seine Beteiligung am VW-Konzern auf 35 Prozent ausgebaut. Dennoch beunruhigen Aktionäre seit Wochen Gerüchte über einen Putsch gegen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Die Personalie könnte sie eine knappe Milliarde kosten.

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VW-Boss Winterkorn (links) und Porsche-Chef Wiedeking Quelle: reuters

Kann man so einen Manager vor die Tür setzen? Wendelin Wiedekings Bilanz ist beeindruckend: Der Porsche-Chef hat einen fast bankrotten Sportwagenhersteller in eine Gelddruckmaschine verwandelt und stielte einen der größten Coups der deutschen Wirtschaftsgeschichte ein, die Übernahme des Volkswagen-Konzerns. Rund 31 Prozent halten die Stuttgarter bereits an VW, in Kürze sollen es über 50 sein. Allein mit geschickt gesteuerten Optionsgeschäften auf die VW-Aktie haben Wiedeking und sein Finanzvorstand Holger Härter rund 3,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Analysten nennen Porsche respektvoll einen „Hedgefonds mit angeschlossener Autoproduktion“.

Doch hinter dessen Kulissen rumort es. Arbeitnehmervertreter von Porsche und VW liegen wegen der künftigen Mitbestimmung über Kreuz. Wiedeking streitet sich mit VW-Chef Martin Winterkorn über die Modellpolitik, und die Familiengesellschafter der Porsche AG, die Familien Piëch und Porsche, scheinen nicht an einem Strang zu ziehen. Kein Wunder, dass jetzt – immer wiederkehrende – Gerüchte wabern: VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch wäre den selbstbewussten Wiedeking lieber heute als morgen los, heißt es. Der wiederum hat die Rückendeckung von Wolfgang Porsche, Piëchs Cousin und inoffizieller Chef des Porsche-Clans. VW-Chef Winterkorn, berichten Konzerninsider, gehe vor allem der Umgangston von Wiedeking und seinen Kollegen auf die Nerven. Bleibt Wiedeking, so könnte am Ende Winterkorn das Handtuch werfen.

Aktionäre sehen die Querelen mit Sorge. „Solche Personalien können einen sehr starken Einfluss auf den Aktienkurs haben“, sagt Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler. Ein Abgang Wiedekings „wäre sehr schlimm für Porsche“, sagt Christian Aust, Autoanalyst bei Unicredito. Der Analyst einer Frankfurter Bank nennt einen möglichen Rücktritt Wiedekings eine „Katastrophe“ und sagt für diesen Fall ein Absacken des Aktienkurses binnen Tagesfrist um „mindestens zehn Prozent“ voraus. Kein Pappenstiel bei einem Porsche-Börsenwert von acht Milliarden Euro. „Wiedeking genießt das uneingeschränkte Vertrauen der Investoren. Die Porsche-Erfolgsgeschichte wird sehr stark an seiner Person festgemacht“, sagt Marc-Rene Tonn, Autoanalyst von M.M. Warburg.

Bei Winterkorn fällt das Urteil der von der WirtschaftsWoche befragten Analysten nicht ganz so eindeutig aus. VW habe sich unter ihm sehr gut entwickelt, zum Teil sei das aber seinem Vorgänger Bernd Pischetsrieder zu verdanken, der VW ein massives Kostensenkungsprogramm verordnet hatte. Pischetsrieders Abgang hatte die Börse mit Verlusten quittiert. „So schlimm wie ein Weggang Wiedekings wäre Winterkorns Abschied nicht“, sagt ein Analyst. „Er ist sicherlich leichter zu ersetzen als Wiedeking“, bestätigt ein anderer. Selbst Härter trauen die Experten nicht zu, den als brillanten Strategen und Kostenkiller eingeschätzten Porsche-Chef gleichwertig zu ersetzen.

Wie Aktienkurse auf Personalgerüchte und Nachrichten reagieren (Zur Vollansicht bitte auf Grafik klicken)

Wie wichtig einzelne Köpfe gerade bei sehr erfolgreichen Firmen sind, zeigte sich auch überdeutlich beim US-Kultelektronikhersteller Apple. Spekulationen über den Gesundheitszustand von Apple-Chef Steve Jobs und ein versehentlich veröffentlichter Nachruf drückten den Kurs massiv.

Aktien können aber auch steigen, wenn Top-Leute gehen. Den Beweis dafür lieferte der frühere DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp. Ein Analyst spöttelt: „Wenn wir ihm vorher gesagt hätten, dass am Tag seines Weggangs der Aktienkurs um zehn Prozent steigt, hätte er uns vermutlich verklagt.“ Doch genau so kam es: Schon mit ersten Gerüchten über Schrempps Rücktritt geriet die Börse in Feierlaune.

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