Banken Kartell der Derivate-Zocker

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Und: Hausratversicherungen haben noch nie einen Finanzcrash ausgelöst.

CDS schon. Sie hatten einen erheblichen Anteil an der Finanzkrise des Jahres 2008. Banken und Hedgefonds können sie jederzeit handeln, sie verkaufen, ohne dass jemand dies mitbekommt. Sie lassen sich mit anderen CDS zu Paketen schnüren und weiterverkaufen. Man kann sie erwerben, ohne dass man die Anleihe, die sie eigentlich versichern, besitzt. Wer sie massenhaft verkauft, kann ihre Kurse drücken. Weil viele Profis auf CDS schauen und sie häufiger gehandelt werden als viele Anleihen, können Kursbewegungen bei CDS sich sogar auf Anleihen übertragen. Der Schwanz wackelt mit dem Hund: Komplizierte Finanzprodukte, deren Preisbildung für Außenstehende völlig undurchschaubar ist, bestimmen mit über den Wert griechischer Staatsschulden. Spekulationen mit CDS sollen 2010 die Finanzkrise Griechenlands verschärft haben.

Kartellwächter alarmiert

Weltweit zu den größten Spielern gehört die Deutsche Bank, als Schaltstelle zwischen der Wall Street und deutschen Provinzbanken. In großem Stil kauft das Team von Holger Jackisch, Chefhändler der Bank in Frankfurt, CDS bei Investmentbanken wie JP Morgan oder Goldman Sachs und verkauft sie an hiesige Institute. „Unsere größten Kunden sind Landesbanken wie die BayernLB oder die HSH Nordbank“, sagt Jackisch. Oft reichen die Käufer die CDS an Sparkassen oder Firmenkunden weiter.

Erwerben können Käufer die CDS praktisch nur bei einem erlesenen Kreis internationaler Großbanken, zu dem auch die Deutsche Bank gehört. Die Geldhäuser verdienen prächtig an hohen Margen. Kartellbehörden in Brüssel und Washington argwöhnen, dass die Institute, um ihre Gewinne zu schützen, Konkurrenten systematisch fernhalten. Die EU-Kommission hat gleich zwei Kartellverfahren gegen Banken eingeleitet. Auch das US-Justizministerium prüft, ob im Geschäft mit CDS alles mit rechten Dingen zugeht. „Die Kartellabteilung untersucht die Möglichkeit von wettbewerbswidrigen Praktiken beim Clearing und Handel von Kreditderivaten sowie den begleitenden Informationsdienstleistungen“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der WirtschaftsWoche.

Konzentrierter Markt

Tatsächlich ist der Markt für Kreditderivate in hohem Maße konzentriert. Laut US-Finanzministerium hielten Ende 2010 die fünf Großbanken JP Morgan, Bank of America, Citigroup, HSBC und Goldman Sachs CDS mit einem Nennwert von insgesamt 13,7 Billionen Dollar – annähernd die Hälfte des weltweiten Marktes.

Der CDS-Markt werde von einem „Club der Derivate-Dealer“ beherrscht, sagt der US-Bankenkritiker Robert Litan. „Alle Kunden, die Derivate und insbesondere CDS haben möchten, müssen mit den Dealer-Banken abschließen“, sagt Litan, einst Spitzenjurist im US-Justizministerium und heute Wissenschaftlicher Direktor der Kauffman Foundation in Kansas. Die Großbanken würden nicht nur den Handel mit Derivaten kontrollieren, sondern auch die Infrastruktur, sagt er.

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