Börse Aufstieg in den Dax: Gewinnmaschine K+S

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Kursverlauf der K+S-Aktie

Vor Schichtbeginn haben Bergleute gesprengt, um Salz aus der Lagerstätte zu lösen. Spezialfahrzeuge sind unterwegs, um Gestein, das sich durch die Sprengung gelockert hat, von der Decke zu kratzen. Haag brettert über den harten Untergrund. Der 44-Jährige ist Ausbildungsleiter, unter Tage schaut er nach den Lehrlingen. Ein Radlader kreuzt, der mit seinen Schaufeln die gesprengten Gesteinsbrocken, das „Haufwerk“ aufsammelt und zu einer der etwa 70 Kippstellen bringt. Ein meißelbestückter Brecher zermalmt die Brocken. Es lärmt und staubt. Über insgesamt 150 Kilometer Förderbänder gelangen die klein geschnittenen Brocken an die Erdoberfläche. Dort beginnen die Probleme. Bei der Verarbeitung des Rohsalzes zu Düngemitteln entstehen Salzabwässer, die K+S in den Boden presst oder in die Werra leitet, die durch Thüringen und Hessen fließt.

Frank Hix ist an der Werra aufgewachsen, im hessischen Bad Sooden/Allendorf. Der Rechtsanwalt hat die Bürgerinitiative „Rettet die Werra!“ gegründet. „Zu Zeiten, als es noch die DDR und ihre Kalibergwerke gab“, sagt Hix, „war der Fluss stärker mit Salz belastet als die Nordsee.“ So schlimm ist es nicht mehr – doch noch immer bringen die Salzabwässer von K+S die Werra aus ihrem ökologischen Gleichgewicht.

Der Fluss riecht stellenweise übel. Manche Fischarten vermehren sich nicht, dafür wachsen Algen. „Viele Kleintiere, die anderswo vorkommen, gibt es in der Werra nicht mehr“, sagt Hix, „Trinkwasser darf nicht entnommen werden.“ Auf der vergangenen K+S-Hauptversammlung bekam Hix Applaus von Aktionären. Er hatte ihnen dargelegt, dass Umweltprobleme auch Dividenden gefährden. Denn das Erdreich, so Hix, könne die gepressten Salzabwässer nicht mehr lange aufnehmen.

Investition in den Standort Deutschland

Folglich müssten in einigen Jahren die gesamten Abwässer in die Werra geleitet werden. Dann würde aber der zulässige Grenzwert überschritten – 2500 Milligramm pro Liter, ein Wert aus den Vierzigerjahren, der bis 2012 gilt. Der Hessische Landtag beschloss im vergangenen Jahr, ab 2013 die Salzlast der Werra zu senken – K+S muss dann möglicherweise die Produktion einschränken.

Tatsächlich waren die Kapazitäten im Erdreich am K+S-Werk in Neuhof-Ellers bei Fulda, die noch Jahrzehnte reichen sollten, bereits nach wenigen Jahren erschöpft. Laster und Züge transportieren die Salzabwässer nun in das 60 Kilometer entfernte Philippsthal. Die Abwässer werden dort in der Produktion verwendet – und anschließend in die Werra eingeleitet. Inzwischen hat K+S den Bau einer Pipeline von Neuhof-Ellers nach Philippsthal beantragt.

Gemeinsam mit Umweltschützern, Bürgermeistern, Vertretern von Bund und Ländern sucht das Unternehmen an einem runden Tisch nach Lösungen, wie sich die Wasserqualität verbessern lässt. Die Landesregierungen von Hessen und Thüringen haben den Kreis initiiert; Ende November sollen erste Vorschläge vorliegen.

K+S finanziert die Arbeit des runden Tischs mit zwei Millionen Euro – Peanuts angesichts derzeitiger Milliardengewinne. Genauso wie die 800 000 Euro, die K+S im vergangenen Jahr an das Land Hessen zahlte, um Salz fördern zu dürfen.

„Ich bin bereit, viel Geld für den Umweltschutz auszugeben und am Standort Deutschland zu investieren“, sagt Steiner, nennt aber keine Zahl und verweist darauf, dass der Fluss auch von landwirtschaftlicher Überdüngung, Begradigungen oder ungeklärten Abwässern belastet wird. Da bahnt sich neuer Streit ums Salz an.

Dabei wird der größte Teil der überschüssigen, für die Dünger unbrauchbaren Salze gar nicht ins Wasser gelassen – sondern im „Land der weißen Berge“ aufgeschüttet. Wenn Steiner mit dem ICE von Kassel nach Frankfurt reist, sieht er bei Fulda einen weißen, 200 Meter hohen Berg – K+S hat dort Steinsalze aufgeschichtet. Früher haben sich die Manager für den Abfallhaufen geschämt, auf offiziellen Fotos durfte der Berg nicht auftauchen. Heute ist der „Monte Kali“ eine Touristenattraktion.

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