




Für 650 Millionen Franken (614 Millionen Euro) schlucken die Frankfurter die bisher zusammen mit der Schweizer Börse SIX betriebenen Index-Anbieter Stoxx und Indexium ganz. Die Unternehmen hatten bereits Ende Juni erklärt, über einen entsprechenden Deal zu verhandeln. Nun unterschrieben sie eine bindenden Vereinbarung. Deutschlands größter Börsenbetreiber will den Zukauf durch die Ausgabe von Anleihen finanzieren.
Das Index-Geschäft verspricht wegen der steigenden Beliebtheit von börsennotierten Indexfonds (ETFs), die beispielsweise auf dem Dax oder dem EuroStoxx basieren, hohes Wachstum. ETFs haben in den vergangenen Jahren meist besser abgeschnitten als aktiv betreute Fonds. Zudem sind sie günstiger - zum Abbilden eines Index werden schließlich keine gut bezahlten Fondsmanager benötigt.
Aktienkultur in Deutschland
Menschen mit Aktieninvestments im Jahr 2014: 8,4 Millionen
Vorjahr: 8,9 Millionen
Anteil der Bevölkerung über 14 Jahren im Jahr 2014: 13,1 Prozent
Vorjahr: 13,8 Prozent
Wie die deutschen Aktionäre investiert sind:
4,3 Millionen Menschen besitzen nur Aktienfonds.
1,6 Millionen Menschen besitzen Aktien und Aktienfonds.
2,5 Millionen Menschen besitzen nur Aktien.
Seit 2001 haben rund 4,4 Millionen Menschen dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt.
Aktionärsanzahl 2001: 12,8 Millionen
Aktionärsanzahl 2014: 8,4 Millionen
Das Interesse an Aktien hat in den vergangenen Jahren besonders bei den Jüngeren stark nachgelassen.
Anteil der Aktien- und Aktienfondsbesitzer nach Altersgruppen:
20-29 Jährige: 7,2 Prozent (2001: 17,5 Prozent)
30-39 Jährige: 12,1 Prozent (2001: 27,9 Prozent)
40-49 Jährige: 17,2 Prozent (2001: 25,5 Prozent)
50-59 Jährige: 17,1 Prozent (2001: 24,5 Prozent)
60-69 Jährige: 13,6 Prozent (2001: 14,4 Prozent)
Anteil von Aktienbesitzer nach beruflicher Position:
Leitende Angestellte: 28,4 Prozent
Leitende Beamte: 30,1 Prozent
Selbstständige/Freie Berufe: 26,0 Prozent
Sonstige Beamte: 29,5 Prozent
Öffentlicher Dienst: 22,7 Prozent
Sonstige Angestellte: 14,8 Prozent
Rentner/Pensionäre: 12,3 Prozent
Studenten: 4,3 Prozent
Facharbeiter: 8,9 Prozent
Selbstständige Landwirte: 23,5 Prozent
Schüler: 1,9 Prozent
Sonstige Arbeiter: 4,2 Prozent
Auszubildende: 4,6 Prozent
Menschen mit höherem Einkommen, haben ein höhere Interesse an Aktien.
Anteil von Aktien und Aktienfondsbesitzern nach Nettohaushaltseinkommen:
750-1.250 Euro: 2,5 Prozent
1.250-2.000 Euro: 6,9 Prozent
2.000-3.000 Euro: 24,6 Prozent
3.000-4.000 Euro: 18,5 Prozent
Über 4.000 Euro: 34,3 Prozent
Alte Bundesländer: 13,8 Prozent besitzen Aktieninvestments
Neue Bundesländer: 10,3 Prozent besitzen Aktieninvestments
Gesamt: 13,1 Prozent
Für Börsenbetreiber ist das Index-Angebot interessant, weil sie dadurch unabhängiger von Marktschwankungen werden. Sie erhalten von Finanzinstituten Lizenzgebühren, wenn diese ETFs auf einen Index auflegen, und können zudem die dazugehörigen Handelsdaten weiterverkaufen. Viele Börsenbetreiber, die seit der Finanzkrise unter Rückgängen im Handel leiden, bauen ihr Index-Geschäft deshalb aus. Die Londoner Börse legte im vergangenen Jahr knapp drei Milliarden Dollar für den Index-Anbieter Russell auf den Tisch - und wurde dafür von Investoren gefeiert.
Die Schweizer Börse zählt das globale Index-Geschäft dagegen nicht mehr zu ihrem "Kernauftrag". Nach dem Verkauf der Gemeinschaftsfirmen könne sich SIX auf das Kerngeschäft konzentrieren, sagte SIX-Finanzchef Stefan Mäder. Die Rechte an allen Schweizer Indizes, unter anderem am SMI und SPI, seien nicht betroffen und würden weiterhin von SIX gehalten.
Börsianer fürchten Kapitalerhöhrung
Erst am Sonntag hatte die Deutsche Börse angekündigt, für die Frankfurter Firma 360T 725 Millionen Euro hinzulegen. Aus Sicht von Experten macht der erste große Deal des seit zwei Monaten amtierenden Konzernchefs Kengeter strategisch Sinn. Das Unternehmen stoße damit in ein attraktiven Geschäftsfeld vor, erklärte Equinet-Analyst Philipp Häßler. "Wir erwarten, dass in den kommenden Jahren immer mehr Devisengeschäfte über elektronische Handelsplattformen wie 360T laufen werden."
Auch Investoren finden es positiv, dass die Deutsche Börse angesichts mauer Wachstumsperspektiven im Handel verstärkt auf neue Produkte setzt und in Asien expandiert. Mittelgroße Übernahmen wie die von 360T sind dabei aus ihrer Sicht ein probates Mittel. Bei großen Deals habe die Deutsche Börse in den vergangenen Jahren keine gute Figur abgegeben, betont auch Häßler. Die US-Optionsbörse ISE sei 2007 viele zu teuer gekauft worden, die Fusion mit der New York Stock Exchange scheiterte 2012 am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter. "Folglich glauben wir, dass kleinere Übernahmen wie die von 360T mehr Sinn machen als große Deals, die höhere Risiken mit sich bringen und am Ende möglicherweise gar nicht zustande kommen."
Aktienrückkäufe seien wegen Kengeters Einkaufstour aber vorerst nicht mehr zu erwarten, erklärt Häßler. Auch das Potenzial für hohe Dividenden in den kommenden Jahren sei begrenzt. Die 360T-Übernahme sei nicht billig, sagte ein Börsianer. Möglicherweise drohe eine Kapitalerhöhung. Das Unternehmen will die 360T-Übernahme einem Sprecher zufolge größtenteils über Anleihen finanzieren. Ob es zusätzlich noch eine Kapitalerhöhung in kleinerem Umfang gebe, sei noch nicht entschieden. Ziel der Deutschen Börse sei es, das gute Rating ihrer Wertpapierverwahr-Tochter Clearstream nicht zu gefährden.