Absicherung im Trend „Es reicht nicht zu beten, dass der Goldpreis steigt“

Die massiven Kursverluste beim Goldpreis zwingen Goldproduzenten wieder zu einer alten Praxis zurückzukehren: Der Absicherung am Terminmarkt. Doch auch bei dieser Methode kann man sich kräftig verzocken.

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Goldbarren: 2013 könnte das erste Verlustjahr seit dem Jahr 2000 für den Rohstoff werden. Quelle: dpa

Frankfurt Der Einbruch beim Goldpreis lässt eine Rückkehr zur früher geübten Praxis des Absicherns durch Terminverkäufe erwarten. In den vergangenen Jahren haben Investoren und Produzenten das sogenannte Hedging gemieden, nachdem sie zum Ende des vergangenen Jahrzehnts mindestens 10 Milliarden Dollar für die Abwicklung von Termingeschäften aufwenden mussten.

„Wir können nicht einfach den Kopf in den Sand stecken und beten, dass der Goldpreis wieder steigt”, sagt Gavin Thomas, Vorstandschef der in Sydney ansässigen Kingsgate Consolidated , die die größte Goldmine Thailands betreibt. Trotz des Widerstands der Investoren erwägt er die Absicherung seiner Goldproduktion über Terminverkäufe. „Hedging ist eine Aussage zum Goldpreis. Wenn ich glaube, dass der Preis steigt, betreibe ich kein Hedging, wenn ich an einen Abwärtstrend glaube, betreibe ich Hedging.”

Russlands zweitgrößter Goldproduzent Petropavlovsk und die australische OceanaGold haben mit der Absicherung über Terminverkäufe begonnen, und Broker wie Société Générale rechnen damit, dass weitere Unternehmen ihre Produktion ebenfalls absichern. Damit hoffen die Produzenten angesichts eines weiteren erwarteten Preisverfalls bei Gold ihre Erlöse anzukurbeln und sicherzustellen, dass sie ihre Verbindlichkeiten bedienen können. Erstmals seit 2000 steuert der Goldpreis auf ein Verlustjahr zu. Terminverkäufe der Goldproduktion könnten den Abwärtstrend beim Goldpreis weiter fördern, warnt die Bank Julius Bär.

„Es gibt nur wenige Goldproduzenten, die keine Probleme haben”, konstatiert Tim Schroeders, Fondsmanager bei Pengana Capital in Melbourne. „Viele haben hohe Schulden oder hohe Kosten. Die Produzenten müssen Hedging in Erwägung ziehen.”

Beim Hedging verkaufen Goldproduzenten ihre künftige Produktion zu einem Festpreis, um sich Kredite zu sichern und ihre Margen zu schützen. In den vergangenen zehn Jahren, als Gold die längste Rally seit mindestens neun Jahrzehnten hinlegte, verlor die Strategie an Bedeutung. Die Investoren übten Druck auf die Goldproduzenten aus, ihre Terminverkäufe aufzulösen, als der Goldpreis sich während der Rally verachtfachte. AngloGold Ashanti investierte 2010 2,6 Milliarden Dollar in die Auflösung seiner Terminverkäufe, beim Branchenprimus Barrick Gold fielen im dritten Quartal 2009 5,6 Milliarden Dollar für die Aufgabe des Hedgings an.


„Der Goldpreis wird auf 1.050 Dollar fallen“

„Je mehr Absicherungsgeschäfte durchgeführt werden, desto stärker sind die negativen Auswirkungen auf den Preis, weil damit praktisch ein Strom von Gold auf den Markt fließt”, erklärt Tyler Broda, Analyst bei Nomura in London. Seiner Auffassung zufolge haben die Produzenten bereits die Chance verpasst, sich gute Preise zu sichern. „Auf dem Höhepunkt des Preiszyklus hätten sie mit der Absicherung beginnen sollen.”

Am Donnerstag wurde Gold zu 1.277,76 Dollar die Unze gehandelt, nachdem der Goldpreis am 28. Juni auf ein 34-Monats- Tief bei 1180,50 Dollar je Unze gefallen war. Goldman Sachs Group prognostiziert bis Ende 2014 einen Goldpreis von 1.050 Dollar.

Nach Einschätzung von Standard Chartered wird das Netto-Volumen des auf Termin verkauften Goldes von 30 Tonnen in diesem Jahr bis auf 500 Tonnen 2017 steigen. Fitch Ratings prognostizierte im Juni, dass Goldproduzenten mit einer dünneren Kapitaldecke verstärkt Goldlizenzen verkaufen, Gold auf Termin verkaufen und Absicherungsgeschäfte tätigen dürften.

Eine Rückkehr zur Absicherung dürfte für die Produzenten von Kanada bis Australien ein letztes Mittel sein, um ihre Gewinne zu stützen. Bisher haben sie bereits Pläne für Kostensenkungen, Minenverkäufe, Personalabbau und eine Verringerung der kostenintensiven Produktion bekanntgegeben. Der Verfall des Goldpreises könnte ansonsten die Gewinne der Produzenten um rund 10 Milliarden Dollar schmälern.

Kostensenkungen „dürften nicht ausreichen, wenn man die beschleunigte Korrektur des Goldpreises in letzter Zeit betrachtet”, und einige Produzenten dürften zur Absicherung gezwungen sein, schrieb Philipp Lienhardt, Analyst bei Julius Bär, am 28. Juni in einem Bericht an seine Kunden.

Allerdings besteht beim Absichern immer die Gefahr, aufs falsche Pferd zu setzen. „Wenn ich heute eine Absicherung tätige, sehe ich am nächsten Tag, ob es die richtige Entscheidung war oder nicht, das ändert sich ständig”, erläuterte Peter Bowler, geschäftsführender Direktor bei Beadell Resources. Das Unternehmen hat im April 195.000 Unzen Gold zu einem Preis von 1600 Dollar je Unze im Rahmen einer Finanzierungsvereinbarung abgesichert. „Bei dieser Sache kann man ganz schnell ziemlich blöd dastehen.”

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