Absturz der Lira Gold ist die Krisenversicherung – das zeigt sich in der Türkei

Mit Gold ließ sich die inländische Kaufkraft in der Türkei seit Jahresanfang sogar mehren. Quelle: imago stock&people

Der Absturz der türkischen Lira scheint keinen Boden zu finden – daher sichern viele Türken ihr Vermögen durch Gold ab. Investoren, die in Euro abrechnen, bieten sich jetzt sogar Chancen in der Türkei. Mit etwas Mut.

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„Der Dollar ist eigentlich eine beschissene Währung, aber die anderen Währungen sind eben noch beschissener“, sagte der berühmte Schweizer Investor Marc Faber einmal. Und nahm, wie üblich, kein Blatt vor den Mund. Ganz ohne Zweifel gilt seine Einschätzung jedenfalls für die türkische Lira. Selbst der Euro, der in diesem Jahr gegenüber dem Greenback stark abgewertet hat, wirkt gegenüber der Lira fast so wie die alte D-Mark – wie ein Hort der Stabilität also. Aktuell gibt es für einen Euro gut 16 Lira – fast 80 Prozent mehr als zum Auftakt des Jahres. 

Beschleunigt hat sich der Abwärtstrend der Lira zum Wochenauftakt durch die drohende Abstufung der Bonitätsnote durch Standard & Poor‘s. Die US-Ratingagentur senkte den Ausblick für die Türkei auf „negativ“ von zuvor „stabil“. Aktuell wird die Türkei mit „B+“, also bereits im spekulativen Bereich, bewertet. 

Zwar hat die türkische Zentralbank versucht, über den Verkauf von Dollar aus ihren Fremdwährungsreserven die Lira zu stabilisieren. Doch das konnte nur bedingt Druck von der türkischen Währung nehmen. Eine starke Gegenbewegung wäre zu erwarten gewesen, wenn die Notenbank die Interventionen am Devisenmarkt mit der Aussicht auf Zinserhöhungen flankiert hätte.

Mit Zinssenkungen Inflation bekämpfen

Angesichts einer Inflationsrate von mehr als 21 Prozent im Land sollte man eigentlich davon ausgehen, dass die Zinszügel angezogen werden. So machen das auch viele Zentralbanken anderer Schwellenländer, um den Inflationsdruck einzudämmen. 

Doch in der Türkei passiert genau das Gegenteil. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters rechnen Ökonomen damit, dass die türkische Zentralbank ihren einwöchigen Repo-Satz erneut absenkt, von aktuell 15,0 auf 14,0 Prozent. Bei Repo-Geschäften werden Wertpapiere, meist Staatsanleihen, für einen bestimmten Zeitraum verkauft. Der Verkäufer verpflichtet sich aber bereits zum fest terminierten Rückkauf. In der Zwischenzeit kann er aber über die so gewonnene Liquidität verfügen. Seit 2016 liegt die durchschnittliche jährliche Inflation in der Türkei im zweistelligen Bereich - weit über dem offiziellem Ziel von fünf Prozent. 

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Aber der Ruf der Zentralbank als unabhängige Instanz ist eh schon ruiniert. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat seit 2019 drei Notenbankchefs vor die Tür gesetzt hat. Luftig geht es auch im Finanzministerium zu. Nach nur einem Jahr im Amt wurde Lütfi Elvan ausgetauscht gegen seinen bisherigen Stellvertreter Nureddin Nebati. 

Der selbst ernannte Spitzenökonom Erdogan meint, Zinsen seien ein Übel, das die Reichen reicher und die Armen ärmer macht. 

Das mag unter bestimmten Bedingungen gar zutreffen, aber gewiss nicht bei einer Inflationsrate von über 21 Prozent. Denn unter diesem hohen Verlust an Kaufkraft leiden vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten, bei denen die Lebenserhaltungskosten den größten Teil ihrer Einkommen aufzehren.

Gold erhält Kaufkraft

Nur gut, dass die Türken nicht nur ein fleißiges Volk sind, sondern aufgrund ihrer Tradition und ihrer langen Erfahrung mit hoher Inflation eine sehr große Affinität zum Gold haben. 
Mit Gold ließ sich die inländische Kaufkraft seit Jahresanfang sogar mehren und die Währungsverluste gegenüber dem Euro weitgehend ausgleichen. Der Goldpreis in Lira legte seit Jahresanfang um 80 Prozent zu, ebenso wie der Euro in Lira. 

Mit türkischen Aktien ist das trotz neuer Rekordstände an der Börse Istanbul nur bedingt geglückt. In Lira gerechnet legte der türkische Aktienindex ISE National 100 zwar um gut 42 Prozent zu, in Euro steht unter dem Strich aber einen Verlust von rund 17 Prozent.

Mit etwas Mut bieten sich Investoren, die in Euro abrechnen, aber jetzt auch große Chancen in der Türkei. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Haus an der türkischen Riviera? Die Türkisküste ist nicht weniger reizvoll als ihr französisches Pendant. Sie bietet fantastische Bademöglichkeiten an kuschelig kleinen Traumstränden, das Hinterland steckt voller kultureller Sehenswürdigkeiten und die türkische Küche hat viel mehr zu bieten als nur Döner-Kebab. 

Der große Vorteil: Die Liegenschaften dort sind durch den Absturz der türkischen Lira jetzt noch erschwinglicher geworden im Vergleich zur teuren Côte d’Azur. Wer erst schnuppern will, sollte jetzt seinen Sommerurlaub in der Türkei buchen. 

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