Aktie China Evergrande Wie Short-Spekulanten viel Geld verlieren

Die Aktie China Evergrande hat eine unglaubliche Rally hinter sich und gilt als deutlich überbewertet. Das rief Spekulanten auf den Plan, die von fallenden Kursen profitieren wollten. Sie haben viel Lehrgeld gezahlt.

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Der Aktienkurs des chinesischen Immobilienkonzerns hat sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Quelle: Reuters

Hongkong Der Aktienkurs des in Hongkong notierten Immobilienentwicklers Evergrande hat sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Solche Kursgewinne haben selbst einige der optimistischen Analysten erstaunt. Ein Teil der starken Rally lässt sich mit dem Plan von Evergrande erklären, vor einem möglichen Listung auf dem chinesischen Festland Geld von strategischen Investoren einsammeln zu wollen. Hinzu kommen Spekulationen, das Unternehmen werde von steigenden Eigenheimverkäufen in kleineren chinesischen Städten profitieren. Ein weiterer Punkt ist der Rückkauf von eigenen Aktien, der oft für höhere Notierungen sorgt.

Solche Kurssteigerungen rufen natürlich sogenannte Leerverkäufer auf den Plan, die von fallenden Kursen profitieren wollen. Bei einem typischen Leerverkauf leihen sich Investoren Aktien und verkaufen diese mit der Erwartung, dass der Kurs sinken wird. Bei einer erfolgreichen Wette kauft der Investor später die Aktien zu einem niedrigeren Kurs zurück und gibt sie an den ursprünglichen Ausleiher zurück. Die Differenz beim Kurs ist der Gewinn.

Doch die Gebühren, um sich Aktien des in Hongkong notierten Immobilienentwicklers für Leerverkäufe zu leihen, haben sich seit Januar auf rund zehn Prozent mehr als verfünffacht, berichtet Simon Colvin, Analyst bei IHS Markit. Seit dem Beginn der Aktienrückkäufe durch Evergrande Ende März hätten sich die Gebühren verdoppelt. Aktien, die für Ausleihungen bereitstehen würden, seien nahezu alle aufgebraucht worden, was zu den höheren Leihgebühren führe.

„Ich würde Investoren wegen der starken Dynamik nicht dazu raten, Evergrande leerzuverkaufen. Es ist zu riskant“, sagte Analyst Raymond Cheng von CIMB Securities in Hongkong in einem telefonischen Interview mit Bloomberg. „Der Schwung wird stark bleiben, bis das Listing abgeschlossen ist. Und danach wird es vielleicht eine Korrektur beim Aktienkurs geben.“

Am Montag dieser Woche waren die Aktien um bis zu 27 Prozent auf ein Allzeithoch nach oben geschossen. Konkurrenten wie Country Garden Holdings und Sunac China Holdings stiegen um mehr als zehn Prozent. Die Rally wirft unter anderem Fragen bei JP Morgan Chase auf. In einer Kundennotiz vom vergangenen Freitag erklärten die Analysten der US-Bank, dass das Geschäftsmodell von Evergrande nicht nachhaltig sei.

Eine Erklärung dieser Rally könnte sein: Der Druck auf Leerverkäufer nimmt zu, da Investoren ihre pessimistischen Positionen eindecken, sagte Oscar Choi, Analyst bei Citigroup Inc. Das könne zu der höheren Nachfrage nach den Aktien des Unternehmens beitragen.

Nach der Rally am Montag dieser Woche bedeutet der Kursanstieg von Evergrande der größte Verlust für Leerverkäufer weltweit. Berücksichtigt bei diesem Vergleich sind Unternehmen mit einem Marktwert von mindestens eine Milliarde Dollar und einem Leerverkaufs-Anteil von mindestens zehn Prozent.

Die einzige andere Wette, die für Leerverkäufer ähnlich schmerzhaft war, ist das US-Unternehmen Applied Optoelectronics. Die Aktien der Firma kletterten den Daten zufolge in diesem Jahr um 205 Prozent.

Evergrande wird auf dem Rekordwert des 36-Fachen des berichteten Gewinns (KGV, Kurs-Gewinn-Verhältnis) gehandelt. Das ist mehr als das Doppelte der Bewertung von Country Garden und Sunac. Allein der Kursanstieg am Montag sorgte für einen Anstieg des Marktwerts von 5,3 Milliarden Dollar.

Die Wette auf fallende Kurse hat riesige Ausmaße: Laut Daten von IHS Markit wurden rund 20,7 Prozent der Aktien im Streubesitz dafür verwendet. Gleichzeitig ist der Aktienkurs des Unternehmens rund 118 Prozent höher als die Konsens-Erwartung von Analysten für die nächsten zwölf Monate.

Einige Analysten sind noch immer optimistisch. John Lam von Morgan Stanley, der den Aktien mit der Anlageempfehlung „Übergewichten“ besonders positiv gegenübersteht, sieht ein Kursziel von 12 Hongkong-Dollar, wie Daten von Bloomberg zeigen. Er begründet seine Einschätzung damit, dass das Management Schritte eingeleitet habe, um das Zweitrunden-Ziel für strategische Investments von 15 Milliarden Yuan auf 30 Milliarden Yuan anzuheben. Evergrande will die Sechs-Monats-Zahlen im August vorlegen. Das könnte laut Morgan Stanley ein weiterer potenzieller Katalysator für den Aktienkurs sein.

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