Aktien der Ölproduzenten Big Oil - jetzt wird abgeschrieben

Seite 2/2

BP leidet noch immer unter Bohrinsel-Explosion

Konservativer geht es bei BP zu, jedenfalls beim Abschreiben: Die Briten reagierten schon Ende 2014 auf den niedrigen Ölpreis und ließen fast acht Milliarden Dollar Luft aus der Bilanz. Deshalb kamen sie in diesem Jahr mit geradezu bescheidenen 2,8 Milliarden für Abschreibungen davon. Doch auch das konnte das Geschäftsjahr nicht retten: Die Briten verbuchten 6,5 Milliarden Dollar Verlust. Dem Konzern macht noch immer der Untergang der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko vor knapp sechs Jahren zu schaffen. BP zahlte allein 2015 etwa zwölf Milliarden Dollar für die Folgen der Ölkatastrophe, insgesamt bisher sogar 55 Milliarden. Das lastet auf den Gewinnen und dem Aktienkurs. Anleger lassen besser die Finger vom BP-Papier.

Ordentlich werden hingegen wahrscheinlich die Zahlen beim vierten großen europäischen Ölkonzern Total ausfallen. Die Franzosen präsentieren ihr Zahlenwerk am kommenden Donnerstag. Wie BP haben auch sie schon 2014 in der Bilanz aufgeräumt und Milliardenbeträge unter anderem auf Ölfelder in Kanada, US-Gasvorkommen und die Raffineriesparte in Europa abgeschrieben. Der Lohn: 2015 sollte der Gewinn trotz des niedrigen Ölpreises sogar deutlich zulegen – auf 9,2 Milliarden Dollar. Für konservative Anleger ist die Aktie mit hoher Ausschüttung (etwa sechs Prozent Bruttorendite) einen Blick wert. Sie war in den vergangenen zehn Jahren nervenschonend und schwankte nie besonders stark.

Dreiklang aus Feuern, Kürzen und Verkaufen

Zum guten Jahresergebnis 2015 hat bei Total auch beigetragen, dass das Unternehmen - wie die gesamte Branche - radikal auf die Kostenbremse tritt. Bis 2017 soll jeder Achte der momentan rund 100.000 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, im Ölfördergeschäft hat Total Neueinstellungen gestoppt. Außerdem reduziert der Konzern die jährlichen Investitionen und verkauft Randgeschäfte.

Wer vom billigen Öl profitiert – und wer verliert
Jemand arbeitet an einer Tragfläche eines Flugzeugs Quelle: PR
Autos Quelle: AP
Jemand greift nach Körperpflegeprodukten in einem Regal Quelle: REUTERS
Containerschiff Quelle: dpa
Lastwagen der Deutschen Post Quelle: dpa
Packungen mit Medikamenten Quelle: dpa
Anlage mit Tank, auf dem BASF steht Quelle: dpa

Zum Beispiel ging die Klebstoffsparte des Konzerns Anfang 2015 im Chemieunternehmen Arkema auf. Mit dem Dreiklang aus Einsparungen, Investitionsstopp und Verkäufen wollen die Konzerne den niedrigeren Ölpreis meistern. Außerdem helfen höhere Erträge in der Ölverarbeitung und dem Verkauf („Downstream“), die Verluste in der Ölförderung („Upstream“) auszugleichen. Bislang gelingt das so gut, dass alle Ölmultis operativ (also ohne Sonderabschreibungen) weiter profitabel arbeiten.

Amerikaner besonders getroffen

Das gilt auch für die beiden größten US-Ölfirmen Exxon und Chevron. Gerade Chevron leidet unter dem Ölpreisverfall, weil das Unternehmen relativ viel Umsatz im US-Schieferölgeschäft macht. Das ist in der Förderung im Vergleich zu saudischem oder russischen Öl sehr teuer und war schon 2015 für Chevron nicht mehr profitabel. Gut zwei Milliarden Dollar verbrannte der Konzern dort, fürs kommende Jahr rechnen die Analysten von JP Morgan sogar mit 3,5 Milliarden Verlust im US-Fördergeschäft. Dass die Chevron-Aktie trotzdem zu den Analysten-Lieblingen zählt, liegt daran, dass das Unternehmen im laufenden Jahr Flüssiggas-Vorkommen in Australien und Angola erschließen soll, denen Analysten viel zutrauen.

Weil die Aktie aber schon jetzt den 35-fachen Nettogewinn der vergangenen zwölf Monate kostet und für 2016 sogar ein Verlust erwartet wird, bleiben wir skeptisch, zumal Chevron für Euro-Anleger ein Währungsrisiko beinhaltet. Konkurrent ExxonMobil kommt bei den Analysten schlecht weg, ist aufgrund seiner breiten Aufstellung mit großer Chemiesparte aber wenig krisenanfällig. Der US-Gigant ist der größte börsennotierte Energiekonzern der Welt und erwirtschaftete auch in den vergangenen Quartalen stets solide Gewinne. Allerdings machen die Probleme beim US-Fördergeschäft auch vor Exxon nicht halt: In den USA verlor der Konzern pro gefördertem Barrel Öl gut sechs Dollar, wie Analysten von JP Morgan vorrechnen. Für die Aktie spricht das solide Geschäft und die Finanzstärke des Konzerns. Minuspunkte gibt es für die im Branchenvergleich maue Dividendenrendite (drei Prozent).

Kurzfristig pfui, langfristig hui?

Fazit: Der fallende Ölpreis ist für die Unternehmen der Branche schmerzhaft. In der aktuellen und – bei einem konstant niedrigen Ölpreis um 30 Dollar je Barrel - auch in der kommenden Berichtssaison drohen weitere Abschreibungen und Verluste.

Langfristig sollten sich die Konzerne jedoch dank Kosteneinsparungen auch mit niedrigeren Ölpreisen arrangieren können – wenn auch nicht mit so niedrigen wie im Moment. Vorsichtige Anleger warten deshalb bei Engagements in Ölaktien eine nachhaltige Konsolidierung des Ölpreises oberhalb der Marke von 50 Dollar ab. Alternative: Jetzt eine kleine erste Position aufbauen und dann in mehreren Schritten nachkaufen.

 

 

 

 

 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%