Und: Die Konzerne bezahlen Übernahmen von Konkurrenten wieder vermehrt mit ihren eigenen Aktien, statt mit Geld, genau wie im letzten großen Boom bis 2000. So nährt die Hausse sich selbst: Gestiegene Aktienkurse der Käufer erlauben richtig große Übernahmen. Große Übernahmen wiederum treiben die Kurse anderer Aktien.
In einigen Branchen ist auch der Konsolidierungsdruck hoch: "Bei Immobilien etwa lässt sich durch das Zusammenlegen von Wohnungsportfolios relativ schnell bei Bewirtschaftung, Vermarktung und Verwaltung sparen", sagt Stefan Bongardt, Analyst bei Independent Research.
Marktführer Deutsche Annington übernimmt gerade für vier Milliarden Euro die Nummer drei, die Gagfah. Die Deutsche Wohnen mit ihren 147 000 Wohnungen bietet 1,2 Milliarden Euro für Conwert. Am Dienstag lehnte das Conwert-Management die Offerte als zu niedrig ab. Anleger hoffen, dass die Deutsche Wohnen, die zuvor schon die Berliner GSW geschluckt hat, nachlegt. "Die beiden Großen pushen sich jetzt gegenseitig, sie haben genug Geld in der Kasse", sagt der Manager eines kleineren Immobilienkonzerns. "Der Markt für größere Wohnungspakete in attraktiven Lagen der Großstädte ist leergefegt", sagt Georg Kanders, Analyst bei der Lampe Bank. Wer wachsen will, muss einen Konkurrenten schlucken.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Die Kassen der potenziellen Käufer sind voll: "Immobilienbestandshalter profitieren überproportional von den niedrigen Zinsen, da sie ihren traditionell hohen Kapitalbedarf vorrangig aus Krediten decken. Alle Großen der Branche haben sich inzwischen zu günstigen Konditionen refinanziert", sagt Kanders. Die Zahl der Übernahmeziele ist überschaubar. In den Fokus von Aufkäufern geraten könnte deshalb TAG Immobilien. 2014 gab es schon mal Verkaufsgerüchte; die hatte der damalige Chef und heutige Aufsichtsrat Rolf Elgeti dementiert. Ein attraktives Ziel für einen der beiden Großen wäre TAG aber allemal: Die Masse der 70 000 Wohnungen der Hamburger liegt zwar in strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands und Niedersachsens. Aber die TAG gilt als professionell geführt und ist mit einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent solide finanziert. Das Portfolio würde außerdem die Bestände der beiden Großen gut ergänzen.
In keiner anderen Branche gab es in diesem Jahr so viele Übernahmen wie in der Medikamentenindustrie. Der Statistikdienstleister Dealogic zählte für 2015 bereits weltweit 22 Aufkäufe im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar – insgesamt ergibt sich ein Volumen von 105 Milliarden Dollar. Damit liegen die Medizinhersteller deutlich vor den Telekomanbietern (68 Milliarden Dollar) und Immobilienunternehmen (43 Milliarden Dollar). Der Trend zu Fusionen und Übernahmen bei den Pillen-Produzenten wird sich weiter fortsetzen, erwarten Experten wie Vir Lakshman, Leiter für den Bereich Chemie und Pharma beim Beratungsunternehmen KPMG.
Was die Aufkäufer anlockt, sind vor allem die hoffnungsvollen Medikamente der Konkurrenz. Um die Schwächen im eigenen Pillen-Portfolio zu kompensieren, sind viele Unternehmen bereit, traumhafte Preise zu zahlen. Anfang März kündigte etwa der US-Konzern Abbvie den Kauf des kleinen Biotechunternehmen Pharmacyclics für 21 Milliarden Dollar an. Dabei erreicht Pharmacyclics gerade mal einen Jahresumsatz von 500 Millionen Dollar und einen Nettogewinn von 86 Millionen Dollar. Motiviert war der Kauf vor allem durch das von Pharmacyclics entwickelte Präparat imbruvica gegen Leukämie, dem Analysten in einigen Jahren einen jährlichen Spitzenumsatz von drei bis vier Milliarden Dollar zutrauen. Einige Wochen später kaufte der kanadische Hersteller Valeant für 14,5 Milliarden Dollar die amerikanische Salix, die auf Medikamente für den Verdauungstrakt spezialisiert ist. 65 Milliarden Dollar zahlte schließlich das irisch-amerikanische Pharmaunternehmen Actavis, um Zugriff auf die Botox-Spritzen vom US-Konzern Allergan zu erhalten.
Andere Aufkäufer investieren bewusst in Generika und rezeptfreie Mittel, um sich vom risikoreichen Geschäft mit verschreibungspflichtigen Präparaten unabhängiger zu machen. 16,5 Milliarden Dollar zahlte der US-Primus Pfizer für den Generikaanbieter Hospira. In der vergangenen Woche wurde ein Angebot des US-Generikaspezialisten Mylan bekannt: Perrigo, ein führender Hersteller von rezeptfreien Arzneimitteln aus Irland, ist den Amerikanern danach 29 Milliarden Dollar wert ist. Im vergangenen Jahr hatte Bayer 14,2 Milliarden Dollar gezahlt, um rezeptfreie Mittel aus dem Portfolio des US-Konzerns Merck & Co. übernehmen zu können.