Aktien So profitieren Anleger vom 3D-Druck

Die Wall Street hat die Hersteller von 3D-Druckern zur Boombranche erkoren. Warum die Papiere der Druckerbauer überbewertet sind und wie Anleger besser in die spannende Technologie investieren.

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So funktioniert 3D-Druck
Das Unternehmen Botspot hat unter der Leitung von Geschäftsführer Thomas Strenger ein ganz besonderes 3D-Konzept entwickelt. In seinem Berliner Laden können Menschen Miniatur-Figuren von sich nachdrucken lassen. Quelle: dpa
Dafür müssen sich die Kunden erst von allen Seiten in der gewünschten Pose mit speziellen Kameras abscannen lassen. Die 3D-Daten werden dann an einen Computer weitergegeben. Quelle: dpa
Am PC werden die Daten dann auf die Größe der gewünschten Figur umgerechnet. Wie auch ein Dokument an einen Drucker gesendet wird, lässt sich die digitale 3D-Karte des Körpers per Mausklick an den Printer schicken. Quelle: dpa
So sehen Modelle der 3D-Drucker aus, die die Figuren aus Gips produzieren. Jeder 3D-Drucker besteht aus einer Schiene, auf der sich der Druckkopf im Rhythmus des digitalen Fahrplans hin und her bewegt. Über den Kopf wird je nach Drucker das entsprechende Material aufgetragen. Quelle: dpa
Eine rote Schutzhülle sorgt bei Botspot dafür, dass keine äußeren Einflüsse auf den empfindlichen Gips einwirken, der vorsichtig Schicht für Schicht nach der Druckvorlage übereinander gelegt werden. Quelle: PR
Am Ende entsteht eine Gipsfigur, die nur noch etwas Farbe benötigt. Doch wie sieht der Druckvorgang unter der Schutzhülle genau aus? Quelle: PR
Gut ist das auf diesem Foto zu erkennen, das einen 3D-Drucker zeigt, der auf der Messe CeBIT in Hannover Plastik-Elemente gedruckt hat. Aus der kleinen rötlichen Spitze fließt das Material, das in hauchdünnen Schichten Stück für Stück aufgetragen wird. Dabei bewegt sich der Druckkopf langsam hin und her und gibt nach der Druckvorgabe vom PC das Material frei. Quelle: dpa

Hier soll Science-Fiction Realität werden: Auf der Fachmesse CES in Las Vegas haben die Hersteller von 3D-Druckern 650 Quadratmeter Ausstellungsfläche reserviert. Und auf der Pressekonferenz zum Auftakt schwärmen sie vom 3D-Drucker als dem „Motor einer neuen industriellen Revolution“. Die Halle selbst wimmelt dann zwar von klobigen, grauen Boxen, die am laufenden Band allerlei Plastikfigürchen und Schmuckstücke ausspucken. Doch das ist noch nicht ganz die „Killer-Applikation“, die unsere Industrie revolutionieren soll.

Die Wall Street stört das bisher kaum; sie hat die Hersteller von 3D-Druckern zur Boombranche erkoren. Die Aktie von 3D Systems, des größten reinrassigen 3D-Druckerherstellers, hat in zwei Jahren 300 Prozent zugelegt. Der Kurs des Konkurrenten Stratasys ist 200 Prozent im Plus, während die Aktien der Branchenkollegen ExOne und Voxeljet um 100 Prozent und 120 Prozent höher notieren als bei ihren Börsengängen im Jahr 2013. Von ihren Tops sind alle Aktien allerdings schon ein gutes Stück zurückgekommen.

Was die Investoren lange übersehen haben: Die 3D-Drucktechnologie hat zwar unstrittig immenses Potenzial. Doch das liegt in der industriellen Fertigung. Das Dumme aus Anlegersicht: Konzerne wie General Electric (GE) haben sich die wirklich interessanten Hersteller schon einverleibt; andere sind in Privatbesitz. Die an der Börse hochgejubelten 3D-Druckerhersteller haben dagegen meist den dreidimensional druckenden Konsumenten im Auge. Ihnen drohen weitere Kursverluste.

3D Systems ist mit einem Marktwert von 6,5 Milliarden Dollar kein Leichtgewicht; die Firma stellte auf der CES gleich ein Dutzend neuer Geräte vor, darunter einen 3D-Drucker für nur 1000 Dollar. Zudem gab 3D Systems eine Partnerschaft mit dem Schokoladenhersteller Hershey zur Entwicklung einer Heim-Schokofabrik bekannt. Auf den Markt kommen soll der Schokoprinter namens ChefJet im zweiten Halbjahr 2014. Generell macht 3D Systems in jüngster Zeit mehr mit Pressemitteilungen als mit Umsatz und Gewinnen von sich reden. Das Unternehmen hat seine eigenen Gewinnziele schon mehrfach verfehlt und die Prognosen zurückgeschraubt. Anfang Februar veröffentlichte man eine Gewinnwarnung für das vierte Quartal. Begründet wurde die mit höheren Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Von den Anlegern wurden schlechte Nachrichten von 3D Systems lange gewohnheitsmäßig ignoriert. Vor einem Jahr rechneten Analysten für 2014 mit 1,31 Dollar Gewinn je Aktie. Inzwischen liegen die Prognosen bei 82 Cent je Aktie. Das ist eine Korrektur um 37 Prozent, der ein Kursanstieg der Aktie an die 100 Prozent gegenübersteht. Aber die Wall Street lässt sich ihren Optimismus nicht verderben: Die meisten Analysten bewerten 3D Systems als Kauf.

Bewertung übertrieben?

Das 3D-Druck-Unternehmen Voxeljet ist erfolgreich an die Börse gegangen. Allerdings sind die Papiere reichlich teuer.Anleger können trotzdem langfristig vom Hype um den 3-D-Druck profitieren.
von Annina Reimann

Im laufenden Jahr soll 3D Systems mit 702 Millionen Dollar Umsatz an die 85 Millionen Dollar Gewinn machen. Die Aktie notierte damit zum 76-Fachen des Gewinns, wenn das Unternehmen diesen denn auch wirklich schafft. Die Anleger sehen 37 Prozent Umsatzwachstum als Kaufgrund. Aber selbst daran gemessen, wirkt die Bewertung übertrieben. Die Aktie ist nach Umsatzbewertung eines der teuersten Papiere an der Wall Street, teurer noch als Facebook und Visa.

Auch Stratasys, ExOne und Voxeljet haben zweistellige Umsatzbewertungen. 3D Systems genießt zwar die größte Aufmerksamkeit, die weltweit größte installierte Basis von 3D-Druckern hat mit rund 65 000 Systemen aber Stratasys. 2010 schloss sich Stratasys mit Hewlett-Packard (HP) zu einer Partnerschaft zur Produktion von 3-D-Druckern zusammen. Mitte 2012 wurde die Zusammenarbeit ohne große Erklärungen wieder eingestellt. HP kündigte kürzlich seinerseits den Einstieg auf diesem Markt an. Leider gibt es noch kaum genauere Informationen zu diesen Plänen.

Für Stratasys prognostiziert die Wall Street für 2014 ein Umsatzwachstum von 39 Prozent auf 674 Millionen Dollar; der Gewinn soll bei 117 Millionen Dollar oder 2,21 Dollar je Aktie liegen; das entspräche einem Gewinnwachstum von 20 Prozent. Voxeljet, ein in Bayern beheimatetes Unternehmen mit einem Marktwert von 470 Millionen Dollar, verkaufte im letzten Quartal drei Drucker mit 2,5 Millionen Dollar Erlös. Im Vergleich zum Vorjahresquartal, als Voxeljet zwei gebrauchte Drucker verkaufte, ist dieses Ergebnis eine Verbesserung. Für 2014 erwarten Analysten 18 Millionen Dollar Umsatz und 1,1 Millionen Dollar Gewinn oder sieben Cent je Aktie.

„Die Anleger lieben organisches Umsatzwachstum“, sagt Whitney Tilson, Manager des Hedgefonds Kase Capital. „Das Problem ist, dass man daneben aber auch die Rentabilität beachten muss.“ Und mit der sieht es bei allen Druckerherstellern mau aus. Tilson bezeichnet 3D Systems gar als ein gefundenes Fressen für Leerverkäufer, die Wetten auf fallende Kurse eingehen – und hat seine Leerverkaufsposition aufgestockt. Vier weitere 3D-Druckerhersteller hat er jüngst auf seine Short-Liste gesetzt. Deren Namen nennt er aber nicht. „Diese Firmen haben Bewertungen, als hätte jede einzelne eine Killer-Innovation wie das iPhone“, ätzt er. Auf seinem Rundgang über die Messe CES habe er aber „Dutzende Firmen gesehen, die alle das Gleiche verkaufen wollten. Stand für Stand wurden ganz ähnliche Produkte angeboten wie die von 3D Systems – teilweise aber zu niedrigeren Preisen.“

2000 Meilen östlich der Druckermesse, in der Luft- und Raumfahrtzentrale von GE in Cincinnati, finden derweil wirklich bahnbrechende Entwicklungen statt. GE Aviation krempelt bei der Produktion der Düsentriebwerke der nächsten Generation die Herstellungsmethoden um. Vorbei sind die Zeiten, da dort auf Millionstel Millimeter genau gefräste und geschliffene Metallteile zusammengebaut wurden. Jetzt druckt GE die Triebwerksdüsen einfach aus – Schicht für Schicht.

Hoffnungsgebiet der 3D-Drucktechnologie

Der Vorteil: Früher wurden etwa Einspritzdüsen aus mehr als 20 Teilen zusammengesetzt; die neue, in 3D-Technologie gedruckte Einspritzdüse besteht aus einem einzigen Teil. Das neue Hochdruckteil ist laut GE 25 Prozent leichter als die alten Modelle, und die Serviceintervalle sind fünf Mal länger. Das neue LEAP-Triebwerk von GE soll laut Unternehmen 2016 auf den Markt kommen und Treibstoffeinsparungen von 15 Prozent ermöglichen.

Solche Anwendungen sind das eigentliche Hoffnungsgebiet der 3D-Drucktechnologie. Laut GE sind bereits 6000 Bestellungen für LEAP-Triebwerke eingegangen, was die neue Technologie zur erfolgreichsten Innovation in der Geschichte der Düsentriebwerke macht. Jedes Triebwerk benötigt 19 Düsen, das bedeutet, die 3D-Fertigungstechnologie kommt bei GE schon bald in einem bisher nicht gekannten Ausmaß zum Einsatz.

Auch andere Unternehmen versuchen, die vom 3D-Druck eröffneten Chancen industriell zu nutzen. Ford etwa testet Komponenten neuer Fahrzeugmodelle mit sandbasierten und per 3D-Technologie gedruckten Prototypen – zu Stückkosten von rund 3000 Dollar und mit einer Produktionszeit von vier Tagen. Laut Ford war die Entwicklung derartiger Prototypen früher mit monatelanger Arbeit und Kosten in der Größenordnung von einer halben Million Dollar verbunden.

Selbst Ford lässt sich ein wenig anstecken von der Begeisterung. Auf einer Firmen-Web-Site über 3D-Druck schwärmt die Firma von den Zukunftsaussichten: „Eines Tages könnten Millionen von Autos wie Zeitungen einfach auf Knopfdruck, wie bei einem Bürokopierer, vom Fließband gedruckt werden.“ Eines Tages vielleicht – aber so weit sind wir noch nicht.

3D-Drucken ist alles andere als eine neue Technik: Es gibt sie seit Jahrzehnten, unter weniger plakativen Bezeichnungen wie Additive Manufacturing oder Rapid Prototyping. Neu ist, dass mit dem Einstieg neuer Anbieter die 3D-Drucker billiger werden; und durch die weltweite Vernetzung über das Internet wird ihr Einsatz häufiger, da er Transportkosten spart.

GE wagte den Sprung in die 3D-Drucktechnologie im Jahr 2012 mit der Übernahme von Morris Technologies, dem in Privatbesitz stehenden, langjährigen Marktführer im Rapid Prototyping. Morris arbeitet schon lange mit EOS-Druckern. Die in Familienbesitz stehende deutsche EOS hält laut Angaben von Brian Drab, Branchenanalyst bei der Investmentbank William Blair, bei Metalldruckern fast die Hälfte des globalen Marktes.

Herausforderungen fallen unter den Tisch

Tech-Aktien im Check

3D Systems war der erste reinrassige börsennotierte Druckerhersteller, der eine frühe Variante des 3D-Drucks – die seit Langem als Stereolithografie bekannte Technik – schon 1988 kommerziell zu vermarkten begann. Nach dem Auslaufen der betreffenden Patente drängen nun Mitbewerber auf den Markt und sorgen für Preisdruck. 3D Systems wird demnächst erstmals einen Drucker für unter 1000 Dollar anbieten; kleinere Rivalen bieten bereits Modelle für 500 Dollar an. Auf der US-Internet-Plattform Kickstarter offerieren Unternehmen die Geräte ab 199 Dollar.

Was auch immer sein Preis ist, 3D-Druck ist und bleibt langsam und schwerfällig. Das Abkühlen der Ausdrucke kann bis zu einen Tag dauern. Weil die Schwerkraft das noch flüssige Material beim Drucken ständig nach unten ziehen würde, müssen Objekte mit aufwendigen Stützstrukturen gedruckt werden. Diese Gerüste müssen am Ende wieder entfernt werden.

„Angesichts des Hypes fallen die Herausforderungen bei der Produktion eines 3D-Drucks gerne unter den Tisch“, warnt Terry Wohlers. Sein Beratungsunternehmen Wohlers Associates wurde 1986 mit dem Ziel gegründet, neue Design- und Produktionstechnologien aufzuspüren.

Laut Wohlers droht den rein auf private Anwender zielenden Druckern ein ähnliches Schicksal wie teuren, hochwertigen Fotodruckern. „In beiden Fällen erfordert ein wirklich hochwertiger Druck einfach zu viel Zeit und Mühe“, sagt Wohlers, „am Ende gehen die Leute doch lieber in den Copyshop um die Ecke und lassen sich das Zeug für einen Bruchteil der Kosten von Profis machen.“

Dennoch reagierten die Anleger begeistert, als 3D Systems im Mai 2013 bekannt gab, man werde beim US-Büroartikelhändler Staples einen Cube-Drucker anbieten. Die Aktie kletterte innerhalb eines Monats um 25 Prozent. Über die Kooperation hat man seither aber nichts mehr gehört.

3D-Drucker seien „nichts für Leute mit schwachen Nerven“, meint Andy Lauta, Produktmanager bei Adobe. Das Softwareunternehmen hat die 3D-Druckfunktion kürzlich in sein Flaggschiff-Produkt integriert, in die Bildbearbeitungssoftware Photoshop. An der Lösung der noch häufigen Kompatibilitätsprobleme zwischen Desktopcomputer und 3D-Drucker arbeite Adobe noch, so Lauta. Diese Kinderkrankheiten kennt man aus der Einführung des Laserdruckers vor drei Jahrzehnten, sie werden schnell behoben werden. Und sollte der 3D-Druck wirklich die Welt verändern, wird Software eine wichtige Rolle spielen. Anleger können mit Titeln wie Adobe, Autodesk oder Dassault Systèmes breiter diversifizieren als mit reinen 3D-Drucker-Aktien. Alle diese Unternehmen entwickeln derzeit Designsoftware für den dreidimensionalen Druck.

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