Aktien Winterschlussverkauf an der Börse

Von Panik an der Börse ist die Rede, wegen der schwächelnden Bankaktien werden sogar Parallelen zur Finanzkrise gezogen. Was die Energiebranche damit zu tun hat und warum die Kurse schneller steigen könnten als gedacht.

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Stürmischen Zeiten an der Börse. Quelle: dpa

Analysten können zur Zeit gar nicht so schnell gucken, wie sie sich von ihren Vorhersagen verabschieden müssen. Zunächst galt das für den Ölpreis. Ihre Präsentation, mussten die Volkswirte einer Frankfurter Bank einräumen, sei was die Ölpreisprognosen angehe schon nicht mehr ganz aktuell.

Der Preis für das "schwarze Gold" sank schneller, als die Zahlen in den Excel-Tabellen angepasst werden konnten. Dabei hatte die Bank ihren Jahresausblick extra in die ersten Januarwochen gelegt und nicht wie die meisten anderen Institute schon im Dezember bekannt gegeben.

Diese unbekannten Multis überschwemmen die Welt mit Öl
Die staatliche saudische Ölfirma Aramco Quelle: REUTERS
Russland: Rosneft Quelle: REUTERS
Wladimir Putin und Rosneft-Vorstand Setschin Quelle: REUTERS
Sinopec steht für China Petroleum and Chemical Corporation Quelle: dpa
China: Sinopec Quelle: REUTERS
Venezuelas PDVSA ist das größte Erdölunternehmen Lateinamerikas Quelle: Reuters
Venezuela: PDVSA Quelle: REUTERS

Mittlerweile geraten auch die Dax-Prognosen der Banken kräftig unter Druck. Seit Beginn des Jahres hat der Leitindex bereits rund 16 Prozent eingebüßt, die fünfstelligen Prognosen der meisten Banken sind damit zunächst in weite Ferne gerückt. Erst am Montag rauschte der Index unter die psychologisch wichtige Marke von 9000 Punkten, am Dienstag schloss er bei 8879 Zählern, dem niedrigsten Stand seit Oktober Oktober 2014. Analysten erklären, der Dax könne noch bis auf 7500 Punkte absinken. Als Schuldige werden weiterhin die unsichere Wirtschaftslage in China und der Ölpreis genannt. Letzterer ist allerdings der Haupt-Tatverdächtige.

Das allerdings wirft einige Fragen auf. Wenn der Ölpreis der Unruhestifter ist, warum sind die Banken dann die Hauptleidtragenden? Die Aktie der Deutschen Bank verlor am Montag rund zehn Prozent und rutschte unter 14 Euro, so dass die Bank sich gezwungen war, in einer offiziellen Mitteilung ihre Zahlungsfähigkeit zu betonen. Auch die Aktie der Commerzbank, Deutschlands zweitgrößtem Institut, gab deutlich nach. Pessimisten verwiesen bereits auf Parallelen zur vergangenen Finanzkrise 2008.

Börsenbeben für die Ölmultis

Grund für die Unruhe dürfte ein nervöser Kreislauf sein. Zuletzt, erklärt Aktienstratege Tobias Basse von der NordLB, sei es der Energiesektor in den USA gewesen, der Anleger nervös gemacht habe. Am Montag belasteten Gerüchte um die angebliche Pleite des Fracking-Unternehmens Chesapeake Energy die Börsen. Zuletzt haben einige Ölkonzerne Einblick in ihre Bilanzen gewährt und Milliardenlöcher offenbart. Das ist zwar angesichts des seit Monaten sinkenden Ölpreises wenig überraschend, reicht aber in einer ansonsten börsennachrichten-armen Zeit aus, um die Kurse ins wanken zu bringen. Aber: "Die Ängste an den Märkten sind übertrieben", sagt Basse. Vor allem dürften die Probleme im Energiesektor nicht als eine generelle Sorge um die US-Konjunktur fehlinterpretiert werden.

Im Energiesektor setzt sich die Abwärtsspirale also in Bewegung. Verstärkt wird sie durch zahlreiche Staatsfonds aus Ölländern, die durch Aktienverkäufe den Druck auf die Börsenkurse erhöhen. Auch das relativ niedrige Handelsvolumen und der elektronische Handel mit seinen automatisch ausgelösten Verkaufsorders verstärken die Kursbewegungen.

Viel schneller als vermutet kommt die Spirale damit bei den Banken an. Nicht nur im Dax, auch an der Wall Street gehören Bank-Aktien aktuell zu den größten Verlierern. Das Problem: die großen Investmentbanken haben mit Emissionen in der Ölbranche, unter anderem im high-yield-Bereich auf den Anleihemärkten, gutes Geld verdient. Diese Einnahmequelle droht nun zu versiegen.

Im Fall der Deutschen Bank kommen einmal mehr hauseigene Themen hinzu. Nach den hohen Verlusten muss die Bank nun um das Vertrauen der Investoren kämpfen. Obwohl die Eigenkapitalausstattung deutlich besser ist als zu Krisenzeiten, sah Deutschlands größte Bank sich gezwungen, ein Bekenntnis zur "Zahlungsfähigkeit" abzugeben. Es sei genug Kapital da, um die Zinsen der riskanten Schuldscheine (Coco-Bonds) bedienen zu können. Ende April werden Zinszahlungen in Höhe von 350 Millionen Euro fällig.

Kaufgedanken nicht zu lange aufschieben

Zurück zu den Ölunternehmen: können diese nun Anleihen oder Kredite nicht mehr bedienen, belastet das wiederum den Bankensektor. "Bedenklich stimmen vor allem die hohen Volumina an faulen Krediten, die in den Bilanzen einiger Banken zu schlummern scheinen, ohne dass sie genau zu beziffern wären", warnen die Analysten der Metzler Bank.

Ein mieses Jahr für Bankaktien

Was mache ich mit Bank-Aktien?

Wer die Papiere bereits im Depot hat, dürfte sie, je nach Kaufzeitpunkt, wohl eher behalten anstatt sie nun zu Tiefstpreisen zu verkaufen. Es sei denn, Anleger verlassen sich auf einen Analysten der Royal Bank of Scotland, der seinen Kunden riet: Verkaufen Sie alle Ihre Aktien!

Gegen einen Verkauf (und für den baldigen Kauf) spricht allerdings, dass nicht wenige Marktbeobachter damit rechnen, dass schon bald die positiven Effekte des niedrigen Ölpreises an der Börse das Regime übernehmen dürften.

"Es ist mir zu einseitig, nur auf den Kaufkraftverlust der Rohstoffländer und nicht auch auf den dramatischen Kaufkraftgewinn der Industrieländer, insbesondere in Deutschland, hinzuweisen“, sagt der Kapitalmarktstratege Robert Halver von der Baader Bank.

Tatsächlich spiegelt die Realwirtschaft die Marktturbulenzen nicht wider. Auch NordLB-Analyst Basse geht davon aus, dass der niedrige Ölpreis ab dem zweiten Quartal vor allem in den USA für einen deutlichen Anstieg des Konsums sorgen dürfte. Vom steigenden Vertrauen in die US-Konjunktur profitieren nicht zuletzt Bank-Aktien, die der Konjunktur traditionell recht konsequent folgen. In den USA, so Basse, böten sich dann vor allem Konsumaktien an. Den deutschen Leitindex halten viele Beobachter ohnehin für attraktiv. „Der Dax ist so günstig wie selten zuvor“, erklärt Investmentanalyst Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg.

Aber wann soll ich einsteigen?

Zunächst dürften Anleger am Mittwoch genau darauf achten, was Janet Yellen, die Chefin der US-Notenbank, den Märkten zu sagen hat. Yellen hält eine Rede vor dem US-Kongress, von der Beobachter sich Hinweise auf den Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung der US-Notenbank erhoffen. Ursprünglich hatte es Spekulationen gegeben, ob die Fed schon im März erneut an der Zinsschraube drehen könnte. Nun dürfte die Notenbank aber abwarten, bis sich die Kurse wieder etwas beruhigt haben.

Für die Stimmung an den Börsen wäre eine bedachte, kleinschrittige Erhöhung der Leitzinsen sehr wichtig. Denn obwohl die Treiberkraft der Zentralbanken längst nicht mehr so stark ist wie noch vor einem Jahr, spielen sie eine wichtige Rolle. Zum einen sorgt das Auseinanderklaffen der Geldpolitik zwischen den USA und der Euro-Zone für eine grundsätzlich steigende Volatilität im Markt. Zum anderen sorgt die weiterhin hohe Liquidität in den Märkten dafür, dass gerade in nervösen Märkten dafür, dass Kurse viel schneller reagieren als normalerweise. Wo viel Geld ist, kann schnell viel in eine Aktie investiert werden und umgekehrt.

Verschärft werden die extremeren Bewegungen dadurch, dass Banken aufgrund der starken Regulierung nur noch sehr begrenzt Eigenhandel betreiben dürfen. Bisher steuerten die Institute in stürmischen Zeiten wie den jetzigen damit gegen. Dieser Ausgleich fehlt nun und verschärft die entsprechenden Bewegungen. Anleger, die sich mit Kaufgedanken tragen, sollten diese also nicht zu lange aufschieben, da auch steigende Kurse schneller Realität werden könnten als erwartet. Privatanleger sollten aus ihren Fehlern lernen und nicht zu spät einsteigen.

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