Aktienanalyse-Website Das steckt hinter der Klage gegen AlleAktien

AlleAktien steht in der Kritik Quelle: Marcel Reyle

Das Portal AlleAktien und sein Gründer stehen wegen allzu vollmundiger Werbung und Problemen rund um Abo-Kündigungen in der Kritik. Nun droht juristischer Ärger.

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Die Eigenwerbung des Portals AlleAktien klingt gut: „Werde erfolgreicher Investor mit erstklassigen Aktienanalysen, ohne enormen Zeitaufwand“, heißt es auf der Homepage. Für 40 Euro pro Monat oder 400 Euro im Jahr sollen Anleger hier Analysen auf Profi-Niveau zu mehr als 1000 Aktien bekommen, inklusive aktueller Renditeerwartungen und konkreter Empfehlungen.

Wie brauchbar die Analysen sind, sei dahingestellt. AlleAktien-Gründer Michael Jakob scheint den Mund jedenfalls manchmal etwas zu voll zu nehmen. Nun droht ihm sogar juristischer Ärger: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat Klage gegen AlleAktien eingereicht. Dabei geht es um einen Bestellbutton, fehlende Abo-Informationen und Werbung mit positiven Kundenbewertungen. Es lägen weitere Beschwerden vor, denen man nachgehe, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale.

Der Ärger für AlleAktien begann im vergangenen Jahr. Das Portal ist in sozialen Medien sehr präsent. Entsprechend viel Aufmerksamkeit gab es, als die Journalistin Judith Henke in mehreren Artikeln für die Zeitung „Die Welt“ diverse Ungereimtheiten rund um das Portal und seinen Gründer aufspießte.

Einzelnutzer statt Firmenkunden

So warb Jakob etwa damit, dass bekannte Unternehmen seine Dienste nutzten, und zeigte deren Logos auf seiner Homepage. Die Unternehmen hatten die Analysen von AlleAktien aber größtenteils gar nicht abonniert, höchstens einzelne ihrer Mitarbeiter hatten das getan. Auf der Homepage hieß es auch, die WirtschaftsWoche bescheinige AlleAktien „Deutschlands beste Aktienanalysen“. Diese Aussage war aber nie gefallen. Jakob war lediglich zweimal in einem WiWo-Podcast zu Gast gewesen.

Auch bei seinem Lebenslauf lässt sich Jakob nicht lumpen. Er betont oft und gern, schon für Konzerne wie die Schweizer Großbank UBS und die Beratungsgesellschaft McKinsey tätig gewesen zu sein. Recherchen der „Welt“ ergaben allerdings: Zumindest teilweise handelte es sich dabei nur um Praktika. Zu einem wenig seriösen Gesamtbild trägt auch Jakobs Auftreten in den sozialen Medien bei. Auf Instagram, wo AlleAktien rund 74.000 Follwer hat, erklärte er einmal sein Parfüm (einen Duft von Louis Vuitton) zum „Dosenöffner“ – gemeint war offenbar, dass der Duft bei Frauen gut ankomme.

Bei erfahrenen Anlegern sorgen ambitionierte Renditeziele bei AlleAktien-Musterdepots von zehn Prozent pro Jahr und mehr für Stirnrunzeln. Wohl am schwerwiegendsten sind aber die Vorwürfe ehemaliger Abonnenten: Vielen sei trotz Kündigung über Monate hinweg weiter Geld abgebucht worden.

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Die Klage der Verbraucherschützer gegen AlleAktien bezieht sich denn auch in erster Linie auf Vorgänge rund um den Abo-Service. AlleAktien soll untersagt werden, den Button, mit dem Anleger ein Abo abschließen können, mit den Worten „Jetzt Mitglied werden“ zu beschriften. Der Knopf ist zwar inzwischen umbenannt. AlleAktien habe hier aber gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen, argumentiert Verbraucherschützer Nauhauser. Das könne man nicht auf sich beruhen lassen. 

Darüber hinaus soll das Portal dazu verpflichtet werden, Verbrauchern vor Abschluss eines Abonnements mehr Informationen bereitzustellen, unter anderem zu den Kündigungsmodalitäten und Mindestvertragslaufzeit.

Als drittes wollen die Verbraucherschützer AlleAktien untersagen lassen, mit Bewertungen zu werben, die angeblich von zufriedenen Kunden stammen, ohne dass das Unternehmen angeben würde, wie es sichergestellt hat, dass die Bewertungen von realen Nutzern stammen. Auf der Homepage schwärmt etwa ein angebliches Premium-Mitglied: „Bevor ich AlleAktien Premium hatte, war es so als ob ich mit 300 km/h über die Autobahn gebrettert bin – ohne Anschnallgurt und Airbag… Danke für die Sicherheit!“

Jakob lässt zu den Vorwürfen der Verbraucherzentrale mitteilen: „Die Klage bezieht sich auf eine veraltete Gestaltung der Webseite, an der schon längst mehrere Änderungen vorgenommen wurden.“

Keine Zauberformel, nirgends

„Wir warnen Verbraucher, für derartige Dienste Geld auszugeben“, sagt Nauhauser mit Blick auf AlleAktien. Die Versprechen des Portals seien zu hoch gegriffen: „Es gibt schlicht keinerlei Kennzahlen, mit denen man Anlagestrategien zum Handel von Aktien entwickeln könnte, die überdurchschnittliche Renditen erwarten lassen.“ 

Weder ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) noch eine hohe Dividendenrendite sagten etwas darüber aus, mit welchen Renditen Anleger rechnen können. „Wäre es so einfach, überdurchschnittliche Erträge zu erzielen, würde das den Profis, die über weitaus bessere Datenquellen verfügen, regelmäßig gelingen. Das Gegenteil ist aber der Fall, wie Dutzende Studien über aktiv verwaltete Fonds seit Jahrzehnten zeigen.“

Nauhauser rät bei Anlagetipps im Internet, etwa von Finanz-Influencern (Finfluencern), generell zur Vorsicht. „Ob Finfluencer wertvolle Informationen bereithalten, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht so einfach zu erkennen“, sagt er. „Das ist ähnlich wie in der Finanzberatung: Wer weiß, welche Produkte bedarfsgerecht sind, braucht keinen Berater. Und wer weiß, was gute von schlechter Finanzinformation unterscheidet, braucht kaum einen Finfluencer.“ Warnsignale seien etwa hohe Renditeversprechen oder Werbung mit sogenannten Affiliate-Links, an denen der Link-Ersteller mitverdient.

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