Aktienmarkt Goldman Sachs rät von Aktien aus den USA und Europa ab

Die Strategen der US-Investmentbank sehen in Aktien aus Schwellenländern die größten Anlagechancen. Sie führen mehrere Gründe an.

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Immer mehr Geldhäuser bevorzugen Schwellenländer-Aktien. Quelle: dpa

Frankfurt Aktien aus den Schwellenländern bieten die weltweit besten Anlagechancen, nachdem ihre Bewertung durch den Börsenrücksetzer im Februar günstiger geworden ist. Davon sind derzeit jedenfalls die Experten von Goldman Sachs Asset Management überzeugt.

Anders als in früheren Marktkorrekturen, als die Anlagemärkte der aufstrebenden Nationen große Abflüsse erlitten, haben Investoren diesmal ihre Bestände sogar aufgestockt. Das sagte jetzt Sheila Patel, Chefanlagestrategin der Vermögensverwaltungssparte der US-Investmentbank, dem Informationsdienst Bloomberg.

Bereits im vergangenen Monat hat sich diese Vorgehensweise bezahlt gemacht: Während Aktien aus den Schwellenländern im Schnitt um 3,1 Prozent zugelegt haben, erreichten Dividendenpapiere an der Wall Street nur ein Plus von 2,5 Prozent. „Es wäre schwierig, eine Zeit zu finden, in der man zuversichtlicher über den Stand der Dinge sein könnte“, urteilt Patel. „Das bedeutet zwar nicht, dass wir entspannt sein sollten, denn es existieren Dinge, die einen nervös machen können – doch die betreffen eher die Struktur der Märkte.“

Goldman Sachs Asset Management reiht sich damit ein in die Riege zahlreicher Wall-Street-Häuser wie J.P. Morgan, Voya Investment Management oder GMO, die bei ihren Kunden ebenfalls für Schwellenländer-Engagements werben. Und dass obwohl die Messlatten seit dem Frühjahr 2016 im Schnitt bereits um mehr als drei Viertel zugelegt haben.

Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Erhebung der Ratingagentur Scope bewerten derzeit auch hierzulande die meisten Profis die Anlageperspektiven bei Aktien für die kommenden drei Jahre am positivsten für die Emerging Markets. Drei Viertel der 106 befragten institutionellen Investoren, die insgesamt 535 Milliarden Euro Anlagekapital verwalten, beurteilen die Perspektive als gut oder sehr gut.

Es folgen Europa (73 Prozent) und Deutschland (71 Prozent) mit ähnlich positiven Einschätzungen. Weit abgeschlagen sind dagegen bei der Umfrage japanische und nordamerikanische Aktien – nur rund 23 Prozent und 32 Prozent der Befragten bewerten hier die Perspektiven für die kommenden drei Jahre als gut oder sehr gut.

Die Schwellenländer-Optimisten verweisen darauf, dass Aktien der aufstrebenden Nationen unterstützt werden durch das Gewinnwachstum der Unternehmen, die zuletzt geringere Volatilität und die im historischen Vergleich niedrigere Bewertungen zu den Börsen der entwickelten Volkswirtschaften. So sind nach dem Kurs-Gewinn-Verhältnis Aktien der Schwellenländer deutlich günstiger zu haben als etwa solche aus den USA, der Euro-Zone oder Deutschland.

Im Schnitt sind die bedeutendsten Emerging-Markets-Unternehmen an der Börse lediglich mit dem 16,5-Fachen ihrer Jahresgewinne bewertet, während etwa die US-Aktien aus dem marktbreiten Wall-Street-Index S&P 500 um mehr als ein Drittel teurer gehandelt werden.


Welche Schwellenländer-Börsen besonders aussichtsreich sind

„Wir gehen derzeit davon aus, dass sich das globale Umfeld in 2018 weiterhin positiv auf die Schwellenländer auswirken wird“, sagt Helene Williamson, Emerging-Markets-Strategin bei First State Investments. „Durch die zeitgleiche globale Erholung der Märkte sehen wir momentan das Potenzial eines ansteigenden Wachstums für Schwellenländer sowie die Möglichkeit stabiler oder gar steigender Rohstoffpreise“.

Zum jetzigen Zeitpunkt profitierten die Schwellenländermärkte von einer steigenden Exportnachfrage und dem Anstieg des globalen Handelsvolumens.

Selbst wenn 2018 an der weltweit taktgebenden Wall Street nach neun Hausse-Jahren die Luft ausgehen sollte, dürften sich Schwellenländer-Aktien wesentlich besser schlagen, argumentieren die Profis. Unter anderem US-Star-Investor Jeremy Grantham, der vor allem durch seine korrekte Vorhersage der Börsencrashs im Jahr 2000 und 2008 bekannt geworden ist.

Der Chefstratege der Investmentfirma GMO rechnet mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent damit, dass die zweitlängste Hausse aller Zeiten spätestens Ende kommenden Jahres zum erliegen kommen wird.

Grantham, warnt davor, dass die Kurse anschließend um die Hälfte einbrechen werden. Um sich davor zu schützen, rät Grantham Anlegern, ihre Bestände an Dividendenpapieren zwar grundsätzlich zurückzufahren - gleichzeitig aber einen Großteil des verbleibenden Kapitals in Schwellenländer umzuschichten.

Als besonders aussichtsreich beurteilt man bei Goldman Sachs derzeit laut Chefstrategin Patel beispielsweise den indischen Gesundheitssektor und Konsumgüteraktien aus Mexiko. Die Expertin rechnet damit, dass Indiens Regierung unter Ministerpräsident Narendra Modi ihre Ausgaben für die öffentliche Gesundheit hochfahren wird. Und obwohl politische Risiken in Mexiko nicht ignoriert werden könnten, sei der Pessimismus der Investoren inzwischen übertrieben.

Interessant sei auch Saudi Arabien, dessen Aktienmarkt für Investoren schon bald besser zugänglich werden dürfe. „Ich denke Saudi Arabien ist definitiv ein weiterer Ort, bei dem unsere Kunden interessiert sind zu verstehen, welche Chancen sich ergeben durch die wahrscheinliche Aufnahme in den MSCI-Schwellenländerindex und eine sehr vorteilhafte demografische Entwicklung.“

Auf der Beobachtungsliste von Goldman Sachs Asset Management steht zudem vor allem ein Land in Südostasien: „Da die Produktionskosten in China teurer geworden sind, sehen wir einige wirklich interessante Gelegenheiten in Vietnam“, sagt Patel. „Ich glaube nicht, dass vor vielleicht zehn Jahren irgendjemand gesagt hätte, dass Vietnam als Lieferant für den chinesischen Konsumenten Chancen bietet.“

Damals hätte man ihrer Einschätzung nach so einen Gedanken wohl als „verrückt“ angesehen - doch inzwischen sei Vietnam zum Schlüsselinvestment für Anleger geworden.

Mit Material von Bloomberg.

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