Aktienzusammenlegung So wird eine Aktie 9000 Euro wert

Wenn der Kurs nicht nach oben will, können Unternehmen mit einer Aktienzusammenlegung nachhelfen. So geschehen bei Monte dei Paschi und demnächst wohl auch bei Unicredit. Doch das Manöver ist riskant – auch für Anleger.

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Eine Aktienzusammenlegung ist ein Mittel zur Kurspolitur. Anleger sollten auf der Hut sein. Quelle: IMAGO

Frankfurt Die schwer angeschlagene italienische Großbank Unicredit wagt einen radikalen Neuanfang. Der Sanierungsplan umfasst sowohl einen Stellenabbau als auch eine Kapitalerhöhung. Im Zuge dessen will das Geldhaus auch Aktien zusammenlegen: Aus zehn Aktien soll künftig ein Papier werden, wie aus der Tagesordnung zur Hauptversammlung am 12. Januar hervorgeht.

Die Aktienzusammenlegung, in der Fachsprache auch Reverse Split genannt, ist das Gegenteil des Aktiensplits, bei dem ein Anteilsschein in mehrere aufgeteilt wird. Ziel des Reverse Splits ist es häufig, dem Börsenkurs auf die Sprünge zu helfen. Das käme auch Unicredit zugute: Auch wenn die Aktie am Dienstag, nach Ankündigung der Sanierungspläne, einen Freudensprung um rund 16 Prozent hinlegte, hat sie seit Jahresanfang deutlich an Wert verloren.

Ein Reverse Split ist durchaus kein Einzelfall: Auch die toskanische Krisenbank Monte dei Paschi führte Ende November im Zusammenhang mit Restrukturierungsmaßnahmen eine Aktienzusammenlegung durch. Dabei legte sie Mal eben 100 Aktien zu einer zusammen, sodass eine Monte dei Paschi-Aktie statt 20 Cent plötzlich rund 20 Euro kostete. Rechnet man zurück, ergibt sich ein absurdes Bild: Bei dem aktuellen Kurs (20,12 Euro) müsste ein Monte dei Paschi-Papier Mitte 2007 rund 9000 Euro wert gewesen sein – ein unrealistischer Wert für eine Bank-Aktie.

Zum Vergleich: Die Aktien von HDFC, einer indischen Bank, die 2015 von Bloomberg als „teuerste Bankaktie der Welt“ identifiziert wurde, zu ihren besten Zeiten (September 2016) für gerade einmal 74 US-Dollar pro Stück verkauft.

Für die Aktionäre ändert sich durch eine Aktienzusammenlegung, die sie auf der Hauptversammlung absegnen müssen, grundsätzlich nichts. So wird lediglich die Anzahl der bisherigen Aktien in einem bestimmten Verhältnis verringert. Die Beteiligungsverhältnisse und auch der Gesamtwert des Unternehmens bleiben gleich.

Dennoch ist ein Reverse Split häufig kein gutes Signal. Werden Aktien zusammengelegt, hat es das Unternehmen oft nicht geschafft, die Anleger mit seinem operativen Geschäft zu überzeugen. „Zusammenlegungen werden meist von Unternehmen gewählt, deren Aktienkurs zuvor aufgrund wirtschaftlichen Misserfolges heftige Verluste erlitten hat. Generell ist daher eine eher negative Vorgeschichte damit verbunden“, betont Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Im Vorfeld der Hauptversammlung eines Unternehmens, das über eine Aktienzusammenlegung abstimmen lassen wollte, sprach die SdK daher auch schon mal von einem „Taschenspielertrick“.


Ein optisch höherer Kurs macht Aktien attraktiver

Ist eine Aktie nur noch ein paar Cent wert, ist sie für viele Investoren unattraktiv. Die Zusammenlegung der Aktien führt dann zu einem optisch höheren Kurs, der wieder neue Anleger anlocken soll. „Ein höherer Kurswert ist theoretisch weniger schwankungsanfällig“, erklärt Klaus Nieding von der auf Anlegerrechte spezialisierten Kanzlei Nieding + Barth. Doch oft das nur ein kurzfristiger Impuls: „In der Praxis ist es häufig der Fall, dass nach so einer Maßnahme der Aktienkurs erneut einbricht, gegebenenfalls sogar stärker, als dies vor der Zusammenlegung der Fall war“, beobachtet der Experte.

Ein anderer Grund für eine Aktienzusammenlegung kann eine Kapitalerhöhung sein. Die Kapitalerhöhung ist aktienrechtlich nur möglich, wenn der aktuelle Kurs über dem Nennwert liegt. Daher führte die Commerzbank im April 2013 einen Reverse Split durch. Sie legte damals zehn Aktien zu einem Papier zusammen. Das Institut hatte in der Finanzkrise frisches Kapital benötigt und junge Aktien ausgeben wollen. Das ist nach deutschem Recht nur zu einem Mindestkurs von einem Euro möglich. Diesem Wert war die Commerzbank-Aktie schon bedenklich nahe gekommen.

Aktienzusammenlegungen werden zudem häufig im Zusammenhang von Kapitalherabsetzungen zur Unternehmenssanierung durchgeführt, um Bilanzverluste zu beseitigen. Ein Beispiel ist hier der ehemals im TecDax notierte Maschinenbauer Singulus, der im ersten Halbjahr einen Reverse Split im Verhältnis von 160:1 umsetzte und dabei das Grundkapital zur Deckung von Verlusten herabgesetzt hat.

Nicht immer muss eine Aktienzusammenlegung aber auf Schwierigkeiten hindeuten – etwa wenn ein Unternehmen unterschiedliche Aktienarten wie Stamm- und Vorzugsaktien auf dem Markt hat und diese zu einer Aktienart zusammenführen will.

Gleichwohl: Positiver wirkt auf Anleger eindeutig der umgekehrte Weg – also der Aktiensplit. „Erfolgreiche Unternehmen, deren Aktienkurs stark gestiegen ist, gehen den anderen Weg, und führen einen Aktiensplit durch, um die Handelbarkeit der Aktie dadurch zu erhöhen“, betont Bauer von der SdK.

Ein Beispiel aus diesem Jahr ist Jungheinrich. Das MDax-Unternehmen hat im Juni eine Aktie in drei Papiere geteilt. Volker Hues, Finanzvorstand von Jungheinrich, sagte dazu: „Mit dem Split fördern wir den Handel mit Jungheinrich-Aktien und steigern die Attraktivität der Aktie für eine breitere Anlegerschicht.“ Ob Aktien-Splits viel bringen, ist allerdings umstritten. Denn insbesondere institutionelle Anleger schauen ohnehin mehr auf die Bewertung und weniger auf den Kurs.

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