Aktionäre Die heimliche Macht der Fonds

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Potenzielle Interessenkonflikte

Wolfgang Mayrhuber Quelle: dapd

Aktiengesellschaften klagen darüber, dass sie oft kaum eine Chance hätten, auf gegen Vorstandsvorlagen gerichtete Empfehlungen der Berater zu reagieren. Manchmal bekämen sie die Analysen der Aktionärsberater vor der HV gar nicht zu sehen, manchmal zu spät, um noch eine Klarstellung zu formulieren.

Ein weiteres Ärgernis sind, wie zeitweise bei Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfern, die potenziellen Interessenkonflikte, in die sich manche Proxy-Berater verfangen. So ist ISS auch in der Beratung von Unternehmen aktiv. Oft sind dies die gleichen Firmen, für deren Hauptversammlungen ISS Abstimmungsempfehlungen abgibt. Wie unabhängig aber kann ISS ein Unternehmen analysieren, von dem man zugleich bezahlt wird? Bei ISS entfalle auf das Consulting nur ein kleiner einstelliger Prozentsatz des gesamten Umsatzes, sagt von Oehsen. Juschus von Ivox geht weiter: „Wir beraten grundsätzlich keine Emittenten und vermeiden so jegliche Interessenkonflikte“.

Vorsicht vor aggressiven Investoren und Diktatoren-Clans

Nicht immer aber glücken die Revolten, vor allem dann nicht, wenn starke deutsche Aktionäre die Position des Managements stützen. Vor zwei Jahren etwa scheiterte ISS daran, die Wahl von Vorstandschef Klaus Wucherer zum Aufsichtsratschef des Chipherstellers Infineon zu verhindern. „Das Unternehmen steckte in einem Totalumbau, wäre Wucherer gegangen, hätte ein neuer Aufsichtsrat womöglich den Vorstand abberufen. Das hätte das Unternehmen vielleicht nicht überlebt“, sagt Fondsmanager Speich. „Wir haben gefordert, dass Wucherer ein Jahr bleibt und sich der Aufsichtsrat um eine Nachfolge bemüht“, sagt Speich. „Mit Ex-Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber fand man einen konsensfähigen Aufsichtsratschef, und bei Infineon blieb es ruhig.“ Manchmal, so die Botschaft, sollten Aktionärs-Aktivisten nicht dazwischenfunken.

In Einzelfällen verbünden sich Vorstände auch mit Investoren, um Forderungen an die eigenen Aufsichtsräte mehr Nachdruck zu verleihen. Einige Vorstandsvorsitzende sollen Fondsmanager sogar zu einem Auftritt bei der HV ermutigt haben.

Auf der Hut sein sollten Vorstände nicht nur vor aggressiven Investoren, sondern auch vor Diktatoren-Clans, die auf der schwarzen Liste der EU stehen, sagt Oliver Maaß, Rechtsanwalt bei Heisse Kursawe Eversheds. Ihre Vermögen hat die EU eingefroren und ihnen die Stimmrechte für ihre Aktien entzogen. „Würden die geächteten Personen bei einer HV mitstimmen, könnten die Beschlüsse angefochten werden“, sagt Maaß. Vertreter von Gaddafi-Söhnen oder Mubarak-Schwiegertöchtern haben auf einer anständigen deutschen HV nun wirklich nichts zu suchen.

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