Alan Greenspan Ex-Fed-Chef warnt vor Bondmarkt-Blase

Die hohen Kurse an den US-Aktienmärkten lassen Befürchtungen um eine mögliche Blase aufkommen. Doch laut Ex-Fed-Chef Alan Greenspan machen sich die Börsianer jedoch Sorgen um den falschen Markt.

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„Die realen Zinsen sind auf lange Sicht zu niedrig und damit nicht nachhaltig.“ Quelle: Reuters

New York Die Rekordjagd an den US-Aktienmärkten hat schon so manchen Börsianer zweifeln lassen: Sind die hohen Preise für die Anteilsscheine der Unternehmen gerechtfertigt? Oder gibt es gar eine Blase? Doch, wenn es nach dem ehemaligen Fed-Chef Alan Greenspan geht, machen sich die Anleger Sorgen um den falschen Markt. Statt vor Aktien, solle man sich lieber vor Anleihen in Acht nehmen: „Die realen langfristigen Zinsen sind auf lange Sicht zu niedrig und damit nicht nachhaltig“, so Greenspan. „Sollten sie höher steigen, wird das wahrscheinlich schnell passieren. Es bildet sich eine Blase nicht für die Aktien- sondern für die Anleihepreise. Und die Marktteilnehmer preisen das nicht ein.“

Mit seiner Warnung ist Greenspan nicht allein. Deutsche-Bank-Analyst Binky Chadha zum Beispiel gibt zu bedenken, dass die realen Renditen für US-Anleihen weit unterhalb des Niveaus liegen, auf dem sie sein sollen, wenn man das Wachstum der US-Wirtschaft berücksichtige. Tom Porcelli, Chef-Ökonom von RBC für die USA sagt, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Inflation den Druck auf den Bond-Markt erhöht.

Greenspan betont: „Das Problem ist, dass, sobald der Anleihenmarkt kollabiert, die realen langfristigen Zinsen weiter steigen werden.“ Die Wirtschaft bewege sich in Richtung einer neuen zyklischen Phase. Diese werde von einer stagnierenden Inflation gekennzeichnet sein – ein Phänomen, das Ökonomen zuletzt in den 1970er Jahren beobachtet haben. „Das ist nicht gut für die Preise von Anlagegütern“, so Greenspan.

Mit den Anleihen- würden auch die Aktienpreise leiden, gibt der Volkswirt zu bedenken. Seine Argument basiert auf dem „Fed Modell“, welches besagt, dass, solange die Bond-Rally besser läuft als die Aktienrally, Investoren sich lieber an Aktien halten sollen – weil diese weniger als Bonds überbewertet werden. Derzeit sieht es so aus, als sei es für die Investoren besonders attraktiv, in Aktien anstatt in Anleihen zu investieren. Der Abstand zwischen der Realrendite für zehnjährige Staatsanleihen (0,47 Prozent) und der Gewinnrendite der im S&P gelisteten Aktien (4,7 Prozent) ist gut 21 Prozent höher als der Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre.

Das erklärt zum Beispiel warum die Investoren trotz neuer Rekordstände und den höchsten Verhältnissen seit der Finanzkrise dennoch Aktien kaufen. Die Gewinnrendite ist der Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV), also das Verhältnis von Gewinn je Aktie zum aktuellen Aktienkurs. Diese Zahl wird mit hundert multipliziert und gibt praktisch die Verzinsung der Aktie an.

Sollten die Zinsen schnell steigen, müssten die Börsen-Bullen ihre Aktien verkaufen, rät die Theorie, der Greenspan anhängt. David Kostin, Chef-Ökonom der Investmentbank Goldman Sachs, scheint es ähnlich zu sehen. Für ihn ist die Gefahr einer steigenden Inflation der Grund, seine Jahresprognose für den S&P 500 nicht zu erhöhen. Sollte die Inflation dauerhaft niedrig bleiben, sei der Index am Ende des Jahres mit 2650 Punkten fair bewertet.

Doch Kostin glaubt nicht an dieses Szenario. Wahrscheinlicher sei, dass sich die Lücke zwischen Aktien- und Anleihenrenditen etwas verengt und der Index somit ein paar Federn lässt. Kostin's Prognose zufolge werde der S&P das Jahr bei 2400 Punkten beenden – gut drei Prozent tiefer als auf dem aktuellen Niveau.

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