Alcoa-Zahlen Konjunkturerholung geht am Aluminiummarkt vorbei

Die Industrie braucht Unmengen Aluminium. Die Zahlen von Aluminiumproduzent Alcoa gelten daher gemeinhin als Konjunkturindikator. Diesmal jedoch nicht, das Ergebnis bedarf der Differenzierung.

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Der Aluminiumproduzent Alcoa ist traditionell der erste US-Großkonzern, der seine Jahreszahlen vorlegt. Weil Aluminium ein wichtiger Industrierohstoff ist, eilt dem Alcoa-Ergebnis seit jeher der Ruf eines Konjunkturindikators voraus. Ginge es aber nach den überraschend schwachen Zahlen des Leichtmetallkonzerns, sähe es für die Wirtschaft eher trübe aus. Nach 242 Millionen Dollar Gewinn im Vorjahresquartal, meldete Alcoa diesmal für das vierte Quartal 2013 einen Nettoverlust von 2,34 Milliarden Dollar. Aber Anleger können das Ergebnis auch anders interpretieren.

Denn die Zahlen, die der ehemalige Siemens-Manager und jetzige Alcoa-Chef Klaus Kleinfeld gestern nach Handelsschluss an der Wall Street vorlegte, haben nur teilweise prophetischen Charakter für die US- und Weltkonjunktur. Vielmehr spiegeln sie größtenteils die schwache Konjunktur der vergangenen Jahre wieder, die den Konzern nun - mit etwas Verspätung - zu hohen Wertberichtigungen zwangen.

Das betraf vor allem hohe Abschreibungen auf Schmelzen, die Alcoa 1998 und 2000 zugekauft hatte. Vom Quartalsverlust entfielen allein 1,7 Milliarden Euro auf diese Wertberichtigungen. „Wir haben uns von einigen Altlasten befreit“, erklärte Kleinfeld am Donnerstag in New York. Alcoa leidet seit Jahren unter fallenden Alupreisen. Kleinfeld hat darauf mit Werksschließungen reagiert, um die Kosten zu senken. Der Befreiungsschlag ist aber zunächst mit Milliardenkosten verbunden.

Zu den erwähnten Altlasten zählte auch ein Korruptionsskandal bei einer Alcoa-Tochter. Das Verfahren konnte der Konzern gegen Zahlung von 384 Millionen Dollar nun durch Vergleich beilegen. Den Ermittlungen zufolge hatte die Tochtergesellschaft Bahrains Königsfamilie mit zweistelligen Millionenbeträgen bestochen, um an lukrative Großaufträge zu gelangen.

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Diese hohen Fehlbeträge haben zwar das Ergebnis von Alcoa tief in die roten Zahlen gedrückt, aber wenig mit der Entwicklung der Weltwirtschaft zu tun. Da lohnt sich hingegen der Blick in die Zahlen zum operativen Geschäft von Alcoa. Der Umsatz schrumpfte demnach um fünf Prozent auf 5,6 Milliarden Dollar. Das lag zum einen an einem im vergangenen Jahr nochmals um mehr als zehn Prozent gesunkenen Aluminiumpreis. Der befindet sich bereits seit 2011 im Rückwärtsgang und leidet zusätzlich unter den Dumping-Preisen chinesischer Schmelzen. Diesen machten, so Kleinfeld, trotz hoher Nachfrage die Preise kaputt. Zum anderen war das schwache Geschäft mit der Luftfahrtindustrie maßgeblich für den Rückgang. Im Vorquartal waren die Geschäfte mit der Branche noch überraschend gut ausgefallen. Mit den Autoherstellern lief es hingegen erfreulich.

Ebenso erfreulich war die Konjunkturprognose des Konzerns. Während die Produktionskapazitäten für Aluminium außerhalb Chinas sanken, zieht die Nachfrage nach dem Leichtmetall an. Die Alcoa-Manager gehen davon aus, dass in diesem Jahr die Nachfrage nach dem Leichtmetall das Angebot um 390.000 Tonnen übersteigen wird. Die weltweite Aluminiumnachfrage soll demnach um sieben Prozent in diesem Jahr anziehen. Im vergangenen Jahr hatte es nach Schätzungen der australischen Bank Macquarie noch einen Angebotsüberschuss von 60.000 Tonnen gegeben. Macquarie erwartet für die kommenden Jahre allerdings auch Produktionsrückgänge in China.

Dass der erwartete Nachfrageüberhang den Aluminiummarkt wiederbelebt, ist dennoch fraglich. Denn die Lagerhaltung der Industrie ist in Zeiten niedriger Aluminiumpreise auf den höchsten Stand seit 2008 geklettert. Die Analysten von Macquarie erwarten, dass es nach Jahre dauern könnte, bis die Vorräte wieder auf ein normales Niveau absinken.

Der Aluminiummarkt und insbesondere die Alcoa-Zahlen taugen daher derzeit kaum als Konjunkturindikator. Sowohl der Markt als auch der US-Konzern sind in einer Phase der Bereinigung. Einen Grund für Pessimismus in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung ist aber bei genauerer Betrachtung auch nicht auszumachen. Weil die Erwartungen der Analysten von Alcoa nicht erreicht wurden, sank der Aktienkurs nachbörslich um vier Prozent. Immerhin ist der Kurs seit dem Rauswurf der Aktie aus dem wichtigen Dow-Jones-Index im September 2013 schon um 38 Prozent gestiegen.

Ein brauchbares Signal für die nun anlaufende Berichtssaison geht von den Alcoa-Zahlen nicht aus. Die Stimmung am Aktienmarkt bleibt weiterhin gut, Alcoa ist da lediglich ein Wermutstropfen. In der kommenden Woche geben große US-Banken wie JPMorgan Chase oder die Citigroup ihre Bilanzen bekannt. In Deutschland beginnt die Bilanzsaison später. Den Anfang macht der Softwareriese SAP am 21. Januar.

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