
Fast drei Stunden hatte die Hauptversammlung der britischen Barclays Bank gedauert. Drei Stunden, in denen sich Aktionäre vor allem über die Geldgier der Manager ausließen. „Wir zahlen wie Manchester United und bekommen dafür die Leistung von Colchester“ – eines Fußball-Drittligisten, schimpfte ein Aktionär.
Der Barclays-Vorstand hatte die Boni seiner Spitzenkräfte um zehn Prozent erhöht, obwohl der Gewinn der Bank 2013 um ein Drittel gefallen war. Mit 2,9 Milliarden Euro war der Bonustopf zweieinhalb mal so groß wie die Dividende an die Aktionäre.
Im Interesse ihrer Kunden würde sie gegen die Boni stimmen, sagte eine Vertreterin des Versicherers Standard Life. Ein Drittel der anwesenden Aktionäre tat es ihr gleich. Nicht so die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI). Deren Europa-Tochter enthielt sich der Stimme.
Die wichtigsten Fondstypen im Überblick
Wie der Name schon sagt, legen diese Investmentfonds in Aktien an. Aufgrund der breiten Anlagestreuung ist ein Investment in Aktienfonds weniger risikoreich als eine Direktanlage in Einzeltitel. Aktienfonds haben spezielle Anlageschwerpunkte – etwa bestimmte Branchen, Länder, Regionen oder Anlagestile.
Dieser Investmentfonds – auch Exchange Traded Funds (kurz ETF) genannt – bildet einen Index wie beispielsweise den Dax eins zu eins nach. Die Zusammensetzung dieses Fonds verändert sich nur, wenn sich die Zusammensetzung des zugrunde liegenden Index verändert. Deshalb spricht man von einem passiven Investment. ETFs können fortlaufend über die Börse gehandelt werden. Ihre Verwaltungsgebühren sind sehr gering, Ausgabeaufschläge wie bei „aktiv“ gemanagten Fonds entfallen.
Für die kurzfristige Anlage eignen sich vor allem Geldmarktfonds. Sie investieren in Geldmarktinstrumente wie beispielsweise Festgeld und kurz laufende, festverzinsliche Wertpapiere. Die Kursschwankungen dieser Fonds sind gering, die Renditeaussichten allerdings auch.
Offene Immobilienfonds legen das Geld der Anleger in Grundstücken, Erbbaurechten und Beteiligungen an Büro- und Geschäftsimmobilien an. Anleger profitieren von den Miet- und Zinseinnahmen sowie den Wertsteigerungen der Immobilien. Die Anzahl der ausgegebenen Anteile ist anders als bei geschlossenen Immobilienfonds nicht begrenzt.
Sogenannte Lebenszyklusfonds sind im Grunde Mischfonds mit einem bestimmten Anlageziel beziehungsweise -horizont. Die Lebenszyklusfonds haben eine feste Laufzeit, gegen Ende dieses Zeitraums – das können 20, 25 oder 30 Jahre sein – schichtet das Fondsmanagement schrittweise von Aktien in Anleihen um, um das Kapital und die angefallenen Kursgewinne zu sichern.
Diese Fonds legen in Aktien und Anleihen an. Der Fondsmanager kann so in stagnierenden oder fallenden Märkten verzinsliche Wertpapiere übergewichten, bei steigenden Aktienkursen den Anlageschwerpunkt aber wieder verlagern. Das Ziel: einen höheren Ertrag als reine Rentenfonds zu erzielen und beim Risiko niedriger als bei einem Aktienfonds zu liegen. Der typische Aktienanteil liegt zwischen 30 und 70 Prozent – je nach Geschmack der Anleger.
Rentenfonds investieren ausschließlich oder überwiegend in festverzinsliche Wertpapiere wie Pfandbriefe, Kommunalobligationen oder Länder- beziehungsweise Unternehmensanleihen. Da regelmäßig Erträge in Form von Zinszahlungen anfallen, bieten Rentenfonds in der Regel stetige Erträge.
Überraschende Wende
Vor zwei Jahren war das noch anders. Da hatten die Vertreter der Europa-Gesellschaft der AGI auf den Hauptversammlungen noch Kante gezeigt und die Bonuszahlungen weltweit bei rund 60 Prozent aller Aktionärstreffen von Banken missbilligt.
2013 lehnte AGI Gehälter und Boni von Bankern nur noch in zehn Prozent der Fälle ab. Das geht aus Dokumenten zum Abstimmungsverhalten der AGI hervor. Erläutern wollte die AGI den Sinneswandel nicht, sie erklärt nur, dass Anträge zur Vergütung von ihr am häufigsten von allen Anträgen abgelehnt würden. Die Genügsamkeit der Banker kann jedenfalls nicht der Grund gewesen sein: Bei US-Banken stiegen die Boni 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent. In Europa sollten die Boni kürzlich über ein neues Gesetz gedeckelt werden. Viele Banken setzten daraufhin einfach die Fixgehälter hoch. In Deutschland verdienen um die 200 Banker mehr als eine Million Euro im Jahr. Dem obersten deutschen Bankenaufseher Raimund Röseler ist das zu viel. „Für mich ist schleierhaft, dass einer eine Million verdient und keinen wesentlichen Einfluss auf die Risikosituation der Bank hat“, sagte er Anfang des Jahres.
Der Verdacht liegt nahe, dass der Sinneswandel der AGI nicht auf ein verändertes Verhalten der Banker zurückzuführen ist, sondern der Grund bei der AGI selbst liegt. Seit 2013 bildet sich nach Informationen der WirtschaftsWoche die in Frankfurt beheimatete Europa-Gesellschaft nicht mehr allein eine Meinung darüber, welche Banker einen Bonus verdient haben. Die Prüfung hat im Wesentlichen der US-Aktionärsberater Institutional Shareholder Services, kurz ISS, übernommen. Der berät viele Investoren – Fonds, Versicherer, Pensionskassen – und schlägt denen vor, wie sie auf Hauptversammlungen abstimmen sollen. Formal richtet ISS seine Vorschläge an die Fonds zwar an den AGI-Standards aus. Die aber enthalten zu manchen Themen wenig Konkretes. So sollten Vorstände zum Beispiel Aktienoptionen bekommen, und ihre Vergütung solle sie motivieren, im Interesse der Aktionäre zu handeln, heißt es darin sinngemäß.
Wie ISS auf Basis dessen der AGI individuelle Ratschläge erteilen soll, ist schleierhaft. Dennoch machte ISS Vorschläge, und die AGI-Fonds stimmten auch fast immer so ab, wie ISS es vorschlug. ISS hat eher selten Probleme mit Banker-Boni und auch bei Barclays nur für Enthaltung plädiert. Vor dem Hintergrund erscheint der Sinneswandel der AGI nicht mehr erstaunlich.
Gesetz verlangt Engagement
Macht es sich die AGI hier zu einfach? Fest steht: Kaufen Fonds für Anleger Aktien, sollen sie die mit denen verbundenen Stimmrechte wahrnehmen. Vor Hunderten von Aktionärstreffen zu analysieren, wie am besten abzustimmen ist, kostet aber Zeit und Geld. Dass Fonds den Job an ISS abgeben, ist daher nicht unüblich.