Analyst Ed Yardeni „Der Anstieg der Renditen in den USA ist nicht per se schlecht“

Der Kapitalhunger der USA ist enorm.

Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen stieg auf den höchsten Stand seit 2014. Analyst Yardeni glaubt, die Bond-Bürgerwehr erlebt ein Comeback.

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Der Ökonom Ed Yardeni hat in den 80er-Jahren den Begriff „Bond Vigilantes“ geprägt. Gemeint sind Investoren, die durch den Verkauf ihrer Staatsanleihen ihre Sorge über die finanzielle Lage des Landes ausdrücken. Sie agieren damit wie eine Art Bürgerwehr („Vigilantes“), die der Regierung und der Notenbank Druck macht.

Denn durch die Verkäufe von Anleihen sinken die Kurse und die Renditen steigen. Der Anstieg der Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen könnte durch diese Bürgerwehr getrieben sein, glaubt Yardeni, der heute die nach ihm benannte Research-Firma leitet. Auch die Notenbanken haben die Investoren im Blick.

Herr Yardeni, die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen hat den höchsten Stand seit mehr als vier Jahren erreicht. Das hat eine Diskussion um die sogenannten Bond Vigilantes ausgelöst. Sind sie zurück?
Ich würde sagen, sie arbeiten an ihrem Comeback. Die Bond-Renditen sind in den vergangenen Jahren weltweit zurückgegangen, weil die Notenbanken eine beispiellose Menge an Anleihen gekauft haben. Das hat die Bond Vigilantes lange Zeit verdrängt. Doch nun, da die Federal Reserve nicht mehr länger den Deckel drauf hält und ihre Anleihekäufe zurück fährt, sind sie von den Toten auferstanden.

Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Der Anstieg der Renditen in den USA ist nicht per se schlecht. Es signalisiert, dass wir zu einem normalen Verhältnis zwischen Anleihe-Renditen und nominalem Wirtschaftswachstum zurückkehren. Diese Werte liegen tendenziell nah beieinander. Und der Anstieg der Renditen war bislang noch nicht wirklich drastisch. Das nominale Wirtschaftswachstum liegt bei 4,4 Prozent. Die Renditen sind noch unter drei Prozent. Der Wunsch zu einer Normalisierung ist in Europa und Japan übrigens auch vorhanden. Die Volkswirtschaften wachsen, aber die Inflation ist weiter gering. Es gibt keinen Grund, dass die Geldpolitik weiter so expansiv ist.

Wer genau steckt hinter dieser Bond-Bürgerwehr?
Das sind sowohl die großen institutionellen Investoren wie Pimco, Blackrock und Double Line, als auch individuelle Anleger. Sie pochen auf hohe Renditen, um das Inflationsrisiko auszugleichen. Das ist ihr Hauptanliegen. Doch sie sorgen sich auch um das hohe Staatsdefizit. Wir haben gesehen, dass die Renditen nach oben gingen, als sich Republikaner und Demokraten auf ein großes Haushaltspaket verabschiedet haben – zusätzlich zu den Steuersenkungen.

Einige Beobachter fürchten, dass Panik auf den Märkten ausbricht, wenn die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen auf über drei Prozent steigen. Wie sehen Sie das?
Ich gehe nicht davon aus, dass die Aktienmärkte einbrechen, nur weil wir eine bestimmte, magische Zahl erreichen. Solange die Inflation niedrig bleibt, wird nichts passieren, was das Wirtschaftswachstum gefährden wird. Ich gehöre zu jenen, die nicht glauben, dass die Inflation in absehbarer Zeit anziehen wird. Aber das heißt nicht, dass andere meine Meinung teilen. Viele Anleihe-Investoren werden nervös.

Wie sehr achten die Notenbanken auf die Bürgerwehr im Anleihemarkt?
Sehr! Der frühere Fed-Chef Ben Bernanke sagte in der Finanzkrise explizit, das Ziel der quantitativen Lockerung sei, die Renditen zu senken. Und Investoren legen sich in so einem Fall weder mit der Fed an, noch mit der Europäischen Zentralbank oder der Japanischen. Heute sieht man, dass die Fed den Anleiheinvestoren explizit versichert, dass die Normalisierung der expansiven Geldpolitik langsam und vorsichtig ablaufen wird.

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