Anfang März Wahl in Italien bereitet Anlegern Bauchschmerzen

Euro-skeptische Parteien könnten in Italien deutliche Erfolge einfahren. Nicht nur deshalb werden Anleger die Wahl genau beobachten.

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Frankfurt Wenn die Italiener Anfang März ein neues Parlament wählen, dürfte das die Märkte in Alarmbereitschaft versetzen. Experten rechnen mit einem deutlichen Erfolg für die Euro-skeptischen Parteien des Landes und langwierigen Koalitionsgesprächen. „Der Weg zu einer stabilen und mehrheitsfähigen Regierung in Rom ist so holprig wie eine Fahrt über Kopfsteinpflaster in einem Fiat Cinquecento“, konstatieren die Vontobel-Analysten Reto Cueni und Sven Schubert. Droht nach der Wahl eine Hängepartie, könnte das vor allem an der Mailänder Börse und bei den Anleihen des Landes Spuren hinterlassen, sagt Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.

Gerade der italienische Aktienmarkt sei angesichts seines guten Laufs anfällig für Verluste, prognostiziert der Experte. Seit Ende 2016 hat er 33 Prozent zugelegt, Dax und EuroStoxx kommen im selben Zeitraum auf ein Plus von gut 14 beziehungsweise neun Prozent.

Insgesamt sollten sich die Kursreaktionen auf die Parlamentswahl am 4. März aber in Grenzen halten, sagen Börsianer. Schließlich hätten die vielen EU-feindlichen Parteien des Landes ihre Anti-Euro-Rhetorik zuletzt abgeschwächt. Auch die Commerzbank-Analysten Ralph Solveen und Marco Wagner resümieren in einer Studie: Die Töne seien versöhnlicher geworden. Insbesondere die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die laut Umfragen stärkste Einzelpartei werden könnte, hat ihre frühere Ankündigung eines Referendums über die Gemeinschaftswährung relativiert. Parteichef Luigi Di Maio erklärte, dass dieser Schritt lediglich ein „letztes Mittel“ sei, falls Italien keine Änderungen an den EU-Haushaltsregeln durchsetzen könne.

Etwas unklarer ist die Haltung zum Euro im Mitte-Rechts-Lager, das aus Silvio Berlusconis Forza Italia, der rechtspopulistischen Lega Nord sowie der nationalkonservativen Fratelli D'Italia besteht. Umfragen zufolge wird das Bündnis die meisten Stimmen, nicht aber die absolute Mehrheit gewinnen. Ex-Regierungschef Berlusconi plädierte zuletzt gegen einen Austritt aus der Gemeinschaftswährung und sprach von einem Sinneswandel bei Lega-Nord-Chef Matteo Salvini - was ein Lega-Sprecher aber dementierte.

Die Commerzbank geht dennoch davon aus, das ein „Italexit“ - ein Abschied Italiens von der Währungsunion - nicht auf der Tagesordnung stehen wird, selbst wenn es zu einer Regierungsbeteiligung der grundsätzlich EU-feindlichen Partner Berlusconis käme. Letztlich, so prognostizieren die Analysten Solveen und Wagner in ihrer Studie, dürfte sich die Europapolitik einer Mitte-Rechts-Regierung kaum von der der aktuellen PD-Regierung unterscheiden. Die Partito Democratico (PD) von Ministerpräsident Paolo Gentiloni tritt mit einigen kleineren Parteien in einem Mitte-Links-Bündnis zur Wahl an, ist in Umfragen zuletzt aber zurückgefallen.

Doch selbst wenn die Angst vor einem Euro-Austritt des Landes nicht mehr so groß ist wie vielleicht noch vor ein paar Monaten, werden Anleger den Wahl-Ausgang mit Argusaugen beobachten. Experten rechnen damit, dass auch eine neue Regierung kaum den Reformstau, die überbordende Bürokratie und die Probleme in den strukturschwachen Regionen des Landes angehen wird. „Eine politische Figur mit einem nachhaltigen Reformwillen sucht man in Italien vergebens“, urteilen die Analysten von Marcard, Stein & Co. Die Maßnahmen von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi seien nach dessen Abgang Ende 2016 nur Stückwerk geblieben. „Die extrem hohe Staatsverschuldung, die Sanierung des Bankensektors und die Steigerung der Produktivität sind nur einige der Probleme, die weiterhin ungelöst sind.“

Zwar hat sich die nach Deutschland und Frankreich drittgrößte Volkswirtschaft in der Euro-Zone konjunkturell wieder gefangen - Ministerpräsident Gentiloni rechnet für 2017 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,5 Prozent. Mit Blick auf den kräftigen Aufschwung in der gesamten Euro-Zone wäre dies aber vergleichsweise wenig. Da sich daran nach Einschätzung der Commerzbank-Analysten Solveen und Wagner auch nach dem 4. März kaum etwas ändern dürfte, ist für sie eines klar: „Langfristig bleibt Italien ein Sorgenkind.“

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