Anlegen 2017 – Teil 12 – US-Aktien Die Hoffnungsträger an den US-Börsen

US-Aktien werden im Jahr 2017 voraussichtlich von einer starken Wirtschaft profitieren. Die Performance der US-Börsen hängt außerdem von der Einlösung der Trumpschen Wahlversprechen ab. Im Visier: Tech-Titel.

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Neigt sich die Rally an den US-Börsen dem Ende zu? Nicht unbedingt, urteilen Experten. Quelle: AP

New York Ein Investor klopft an die Himmelspforte. Petrus schickt ihn erst für einen Tag in die Hölle, dann soll er wiederkommen. Der Mann fährt zur Hölle und findet dort einen netten Teufel im Smoking, eine Bar, einen Strand und einen Golfplatz. Sieht gut aus. Als er erneut vor der Himmelspforte steht, fragt Petrus, ob er wirklich in den Himmel will. Der Investor entscheidet sich für die Hölle. Doch diesmal stinkt es dort, außerdem ist es fürchterlich heiß. Da fragt der Mann den Teufel: „Was hat sich auf einmal geändert?“ Der Teufel antwortet: „Gestern war Wahlkampf. Heute ist die Wahl vorbei.“

Mit diesem Witz macht Larry Adam seinen Kunden klar: Die Zeit der Euphorie ist vorbei, jetzt ist Nüchternheit angesagt. Nach Einschätzung des Chef-Investors von Deutsche Bank Wealth Management spielen Politik und Zinsen für die Aktien weltweit eine größere Rolle als in den meisten vergangenen Jahren. Trotzdem ist er immer noch optimistisch für US-Aktien. Er glaubt zwar, dass die Bewertungen, also die Verhältnis der Kurse zu den Gewinnen, nicht weiter steigen. Allerdings geht er von wachsenden Gewinnen aus.

Seine Begründung für diese Hoffnung: Donald Trump. Seiner Einschätzung nach wird dessen Steuerreform die Gewinne weitaus stärker beflügeln, als der hohe Dollarkurs sie bremsen wird. Das gilt für den S&P 500, Amerikas wichtigsten Aktienindex. Und es gilt noch viel mehr für den Russel 2000, in dem die kleineren Unternehmen, die wenig Auslandsgeschäft machen, ein hohes Gewicht haben.

Schon für das vierte Quartal 2016 deutet sich ein positiver Gewinntrend an. Nach den Daten von Factset Insight haben nur 77 Unternehmen aus dem S&P 500 für diesen Zeitraum eine negative Entwicklung des eigenen Gewinns je Aktie prognostiziert. Das ist einer der niedrigsten Werte der vergangenen fünf Jahre.

Larry Adam liegt mit seiner Prognose im Trend vieler anderer Experten. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Keppler Management etwa findet US-Aktien zu hoch bewertet und rät zum Verkauf. Die Analysten dort schätzen mehr die deutlich niedriger bewerteten deutschen, französischen und italienischen Papiere. Adam kritisiert dagegen, die europäischen Aktienmärkte seien zu sehr vom problematischen Finanzsektor abhängig.

In den USA sieht er vor allem den Energiesektor als Wachstumstreiber – er geht von einer weiteren Erhöhung des Ölpreises aus. Außerdem setzt er große Hoffnungen in Tech-Aktien. Er nennt keine Namen, sagt aber: „Alle großen, bekannten Firmen in dem Sektor werden von Entwicklungen wie Drohnen, selbstfahrenden Autos, mobilen Zahlungssystemen oder Medizintechnik profitieren.“ Außerdem ist die Branche noch recht moderat bewertet. Goldman Sachs hatte vor kurzem ähnlich zu Tech-Aktien geraten und dabei Titel wie Alphabet, Amazon, Paypal und Pandora herausgestellt.

Adam schaut aber nicht nur bei den Chancen auf die Politik, sondern auch bei den Risiken. Einzelne Terroranschläge weltweit haben in den vergangenen Monaten wenig Kursreaktionen ausgelöst. „So makaber das ist, aber man hat sich daran gewöhnt“, sagt er. Sollte allerdings eine Organisation wie die Terrormiliz Islamischer Staat systematisch mehrere Anschläge auf US-Städte ankündigen und verüben, dann könnte es seiner Meinung nach mit dem Vertrauen der Verbraucher, das maßgeblich die US-Konjunktur trägt, schnell wieder vorbei sein.


Der Trump-Effekt

Die Wahl von Trump zum US-Präsidenten hat die Aktienmärkte zunächst spürbar beflügelt. Die Rally hat zwar inzwischen etwas an Fahrt verloren – das sieht man vor allem daran, dass der Dow Jones die Marke von 20.000 Punkte noch immer nicht überschritten hat –, doch Trump hat geschafft, worauf die Wall Street schon lange wartet: die große Rotation raus aus Anleihen und hinein in Aktien.

Und das weltweit. Der Kurswert der Anleihemärkte ist seit der Wahl am 8. November um rund drei Billionen Dollar auf etwa 44 Billionen Dollar gesunken. Zur gleichen Zeit stieg die Bewertung der Welt-Aktienmärkte um drei Billionen auf rund 53 Billionen Dollar. Abgesehen von einem gewissen Währungseffekt lässt sich laut Torsten Slok von der Deutschen Bank in New York festhalten: „Alles Geld, das seit der Wahl aus dem Anleihemarkt abgeflossen ist, wurde in Aktien investiert.“

Der Vergleich der beiden Märkte zeigt auch: Bis zur Wahl bewegten sich beide eher mit- als gegeneinander. Denn bis dahin spielten die erwarteten Zinsen die Hauptrolle. Die Märkte starrten auf die US-Notenbank Fed. Aber Trump hat Fed-Chefin Janet Yellen die Show gestohlen und damit den Weg frei gemacht für den Dow Jones bei fast 20.000 Punkten. „Die Rally ist davon getrieben, dass es endlich einen Wechsel in Washington gibt“, sagt Ted Weisberg, Chef und Gründer von Seaport Securities.

Nicht mehr Yellen ist es, die die Märkte am meisten bewegt, sondern der künftige US-Präsident. Ob er die hohen Erwartungen erfüllen kann, wird darüber entscheiden, ob die heutige Börse später als Blase eingestuft wird oder als Zwischenschritt in der vielleicht längsten Aktienrally der Geschichte.

Für einen guten Teil des Dow-Anstiegs ist die Finanzbranche verantwortlich, und darin vor allem eine Aktie: die von Goldman Sachs. Der Kurs kletterte seit Anfang November von knapp 180 auf rund 240 Dollar. Die Bank hat das größte Gewicht im Dow, weil ihre Aktie den höchsten Preis hat. Sie würde nach Meinung der Anleger besonders profitieren, wenn die Wall Street endlich wieder das tun dürfte, was sie am meisten liebt: Risiken eingehen und daraus Profit schlagen.

Mit Trump sind die Chancen dafür gestiegen. Goldman-Chef Lloyd Blankfein hat vor kurzem im Gespräch mit dem Handelsblatt unverhohlen den Abbau von Auflagen gefordert und deutlich gemacht, dass er wieder höhere Risiken eingehen möchte. Die Tatsache, dass Trump mehrere Männer mit einer Vergangenheit bei Goldman in seine Regierung berufen hat, spielte auch eine Rolle. Leute wie Gary Cohn, bisher Blankfeins Stellvertreter und künftig Trumps Chefberater, werden sich zwar hüten, auch nur ansatzweise eine direkte Bevorzugung ihres alten Arbeitgebers zu wagen. Aber sie denken natürlich im neuen Job ähnlich wie im alten.

Alles hängt nun daran, ob die Trumponomics funktionieren. Nicht nur der hohe Dollar-Kurs und Trumps Protektionismus sind Risiken, sondern auch die Gefahr steigender Inflation, wenn die neue Regierung mit aggressiver Finanzpolitik auf einen weitgehend leer gefegten Arbeitsmarkt stößt. Falls die Entwicklung in dem Punkt außer Kontrolle gerät, wäre die Fed gezwungen, mit schnelleren Zinserhöhungen einzugreifen – die könnten wiederum den Boom abwürgen.


Anlegen 2017 – Alle Teile der Serie

Zum Jahreswechsel gibt die Handelsblatt-Redaktion einen Ein- und Ausblick zu verschiedenen Anlageklassen und Geldanlagemöglichkeiten. Die Serie hat 14 Teile und läuft vom 22. Dezember bis 4. Januar 2017. Jeweils im Tagesverlauf geht eine weitere Folge online.

Teil 1 (22.12.): Aktien Deutschland

Teil 2 (23.12.): Wohnimmobilien

Teil 4 (25.12.): Gold

Teil 6 (27.12.): Aktien Europa

Teil 7 (28.12.): Aktien Schwellenländer

Teil 8 (29.12.): Aktien Nordeuropa

Teil 9 (30.12.): Devisen

Teil 10 (31.12.): Der beste Markt der Welt

Teil 11 (1.1.2016): Aus Fehlern lernen

Teil 12 (5.1.): Aktien USA

Teil 13 (3.1.): Kreditzinsen

Teil 14 (4.1.): Leser-Erwartungen 2017

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