Anlegen 2017 – Teil 3 – Anleihen Industrieländer Wo nach den Festtagen Zinsen locken

Die US-Notenbank wird 2017 den Leitzins weiter erhöhen – und auch die Renditen von Anleihen dürften 2017 zulegen. Experten sehen für Privatanleger vor allem in einem Marktsegment Chancen auf interessante Renditen.

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Die Zinsen sind wieder etwas gestiegen. Die Aussichten für Anleihekäufer hellen sich dennoch nur langsam auf. Quelle: Imago

Frankfurt Die Botschaft ist deutlich: Deutsche und amerikanische Staatsanleihen sind out. So lassen sich die zahlreichen Ausblicke von Banken und Fondsgesellschaften zum Anleihemarkt zusammenfassen. Die niedrigen Renditen stimmen Sparer dabei zwar schon lange missmutig. Doch bislang hatten die immer weitere sinkenden Renditen zumindest ein Gutes. Denn fallende Renditen bedeuten bei Anleihen gleichzeitig steigende Kurse. Und so machten Investoren wie Fonds, die auf solche Gewinne setzen, machten ein gutes Geschäft.

Doch das ist jetzt vorbei: „Der Anleihe-Bullenmarkt geht nach 35 Jahren zu Ende“, ist Brian Tomlinson, Fondsmanager bei Allianz Global Investors, überzeugt: „Die Anleihemärkte stehen vor einer Zeitenwende“, meint auch Olivier Berranger, Portfoliomanager bei der französischen La Financière de l’Echiquier. Michael Krautzberger, Europa-Anleihechef bei Blackrock sagt ebenfalls: „Wir haben die Tiefs bei den Renditen zumindest für die nächsten zwei Jahre gesehen.“

Das haben Investoren zwar schon oft gemeint, doch die Aussichten stehen gut, dass sie diesmal Recht behalten. Immerhin sind die Renditen gerade länger laufender Staatsanleihen aus den USA und auch aus Deutschland seit dem Sommer bereits wieder deutlich von ihren historischen Tiefs gestiegen. Wer jetzt einsteigt und Anleihen bis zur Endfälligkeit hält, kann also zumindest mit etwas mehr Zinsen rechnen.

Die Gründe dafür, dass der Renditeanstieg und damit die Wende bei den Kapitalmarktzinsen weiter gehen sollte, sehen Investoren vor allem in den USA: „Noch ist das politische Programm des neuen US-Präsidenten Donald Trump zwar ein Cocktail, bei dem die Zutaten nicht genau feststehen“, sagt Jim Leaviss Fondsmanager bei M&G Investments. „Eine höhere Staatsverschuldung und steigende Inflationsraten dürften aber dabei sein.“

Die Verschuldung der USA sei jetzt schon genauso hoch wie das Bruttoinlandsprodukt und könne nun nochmals deutlich zunehmen. Außerdem laufe der Motor der US-Wirtschaft praktisch bei Vollbeschäftigung. Anleiheinvestoren sorgten sich daher bereits, dass das von Trump geplante Infrastrukturprogramm die Inflation anheizen werde. Dabei zogen die Inflationsraten zuletzt ohnehin schon allein wegen des gestiegenen Ölpreises wieder etwas an.

Das hat auch Auswirkungen auf die Geldpolitik. Die US-Notenbank Federal Reserve hat auch bei den Leitzinsen die Wende eingeleitet, wenn auch bislang nur zögerlich. Nachdem sie den Schlüsselzins im Dezember 2015 erstmals seit über neun Jahren erhöht hatte, zog sie in diesem Monat mit einer Anhebung um einen weiteren viertel Prozentpunkt nach. Jetzt liegt der US-Zins zwischen 0,5 und 0,75 Prozent.

Und das wird es noch nicht gewesen sein. Für das kommende Jahr deutete die Fed drei weitere Zinserhöhungen an. Das ist mehr als viele Investoren erwartet hatten. Die Europäische Zentralbank (EZB) dagegen wird den Leitzins noch lange bei null Prozent halten. Sie flutet den Markt weiter mit Geld und wird bis Ende des kommenden Jahres noch Anleihen kaufen – und nimmt dabei nur etwas den Fuß vom Gas, indem sie die monatlichen Käufe ab April wieder um 20 Milliarden auf dann 60 Milliarden Euro reduziert.


Was heißt das für Anleger?


Für die Kapitalmarktzinsen, sprich die Renditen an den Anleihemärkten, bedeutet dies, dass auch sie weiter steigen dürften. Einen massiven Renditeanstieg erwarten Investoren allerdings nicht. Die Zinswende an den Kapitalmärkten kommt damit nur zaghaft. In den USA stieg dabei im Dezember die Rendite für zehnjährige Papiere zeitweise auf über 2,6 Prozent – und dabei dem höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Die Renditen der Euro-Länder konnten und können sich dem Sog der US-Papiere nicht ganz entziehen - auch wenn hier die EZB mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik den Anstieg bremsen dürfte. Die zehnjährigen deutsche Bundesanleihe – dem Maß aller Dinge für die langfristigen Kapitalmarktzinsen in Europa ¬– notierte im Dezember in der Spitze mit gut 0,4 Prozent. Im Sommer hatte sie im Tief bei minus 0,2 Prozent gelegen.

Und was bedeutet das für Investoren? Hier kommt es auf die Perspektive an. Für Privatanleger, die in der Regel Anleihen kaufen, um sie bis zur Fälligkeit zu halten, bleiben die Renditen zumindest im Fall von Bundesanleihen unattraktiv. Selbst die größten „Bond-Bären“ wie etwa Michael Heise, Chefvolkswirt bei der Allianz, erwarten, dass die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auch Ende nächsten Jahres bei nur etwas über einem Prozent liegen wird. Unattraktiv ist das schon allein deshalb, weil die EZB mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik mittelfristig die Inflation wieder auf etwa zwei Prozent bringen will.

Bei US-Staatsanleihen könnte die Lage im kommenden Jahr schon anders aussehen. Sie würden für langfristige Anleger wieder interessanter, wenn zum Beispiel die französische Bank Natixis recht behält und die Rendite der zehnjährigen US-Anleihe bis Ende nächsten Jahres auf 3,1 Prozent steigen sollte. Mehr als drei Prozent warfen zehnjährige US-Papiere zuletzt vor rund drei Jahren ab. Allerdings lassen sich Entwicklungen von Währungen über einen Zeitraum von zehn Jahren nicht vorhersagen. Von daher sind zehnjährige Dollar-Bonds für langfristig orientierte Privatanleger im Euro-Raum wohl kaum eine Alternative.

Und was ist mit Fondsmanagern, die auf Kursschwankungen von Anleihen setzen? Auch sie werden es bei Staatsanleihen schwer haben. Schließlich bedeuten steigende Renditen im Umkehrschluss fallende Kurse. Allerdings sind auch die Rentenmärkte keine Einbahnstraße, die Kurse schwanken mitunter deutlich. Deshalb sollten sich zumindest kurzfristig Kursgewinne erzielen lassen, vor allem weil die Schwankungen an den Rentenmärkten noch zunehmen sollten. Das gilt gerade auch für deutsche Bundesanleihen. Denn die anstehenden Wahlen in Italien, Frankreich und Deutschland könnten die Investoren verunsichern und zumindest zeitweise wieder stärker zu den als ausfallsicher geltenden Bundesanleihen greifen lassen.


Firmenanleihen sind attraktiver

Wesentlich interessanter als die Anleihen von Staaten finden Strategen aber die Zinspapiere von Unternehmen. „Anleger werden für das eingegangene Ausfallrisiko immer noch mehr als entschädigt – das gilt sowohl für Unternehmensanleihen in US-Dollar, britischen Pfund und Euro als auch über alle Bonitätsstufen hinweg“, meint Leaviss von M&G Investments.

Viele andere Investoren finden aber zumindest im Euro-Raum vor allem die Anleihen von Unternehmen mit schwächerer Bonität interessant. Die so genannten Junk-Bonds (Ramschanleihen) bieten hierzulande im Schnitt 3,8 Prozentpunkte mehr Rendite als Bundesanleihen. Bei Firmen mit guter Bonität liegt der Aufschlag im Euro-Raum dagegen nur bei 1,2 Prozentpunkten.

Das niedrige Zinsniveau und das positive wirtschaftliche Umfeld hätten dazu geführt, dass „gerade die Unternehmen mit schwächerer Bonität nicht nur ihre Verschuldung, sondern auch die Zinsbelastung reduzieren konnten“, sagt Martin Hasse, Stratege bei der Privatbank MM Warburg. Somit sei die Qualität der Unternehmen gestiegen. Dies zeige sich weltweit daran, dass die Ausfallrate der Unternehmen weiter deutlich unter ihrem langfristigen Durchschnitt von vier Prozent liegt. Das gilt allerdings nicht für den Energie- und Rohstoffsektor, wo die bis Anfang des Jahres deutlich gefallenen Preise vor allem bei US-Firmen zu zahlreichen Ausfällen geführt haben.

Das hat den gesamten Markt für Firmen schwächerer Bonität in den USA Anfang des Jahres extrem belastet. Mit dem wieder gestiegenen Ölpreis hat sich der Markt zwar wieder erholt. Dennoch bieten US-Junk-Bonds zumindest im Durchschnitt noch 4,4 Prozentpunkte mehr Rendite als US-Staatsanleihen. Bill Chepolis, Europa-Anleihechef bei der Deutschen Asset Management, sieht noch Potenzial bei den Bonds. Die Hauptgründe: Die US-Wirtschaft werde weiter moderat wachsen, und die höheren Zinsscheine der Anleihen sind interessant.

Dabei findet Chepolis aber auch die Anleihen von US-Unternehmen mit guter Bonität attraktiv. Hasse von MM Warburg würde ihren wegen des geringeren Ausfallrisikos sogar den Vorzug gegenüber Hochzinsanleihen geben. Bei einer durchschnittlichen Rendite von 3,5 Prozent – entsprechend einem Risikoaufschlag von 1,3 Prozentpunkten zu US-Staatsbonds – rät er zu einer Übergewichtung von qualitativ hochwertigen US-Titeln. Auch dies ist indes vor allem eine Empfehlung für aktive Anleiheinvestoren, da auf längere Sicht für Buy-and-Hold-Anleger das Währungsrisiko die Anleiheerträge unkalkulierbar macht. Aktive professionelle Anleiheinvestoren sind dabei trotz der moderaten Zinswende noch optimistisch. Krautzberger von Blackrock fasst das so zusammen: „Auch wenn der Bullenmarkt in diesem Sinne vorbei ist, kann man Geld mit Anleihen noch verdienen.“

Für Sparer, die einfach Anleihen kaufen und bis zur Fälligkeit halten wollen, sieht die Lage allerdings anders aus. Auch Geldparken auf Tages- und Festgeldkonten wird 2017 noch nicht attraktiv. Das liegt daran, dass die EZB den Einlagensatz, also den Zins, für den Banken über Nacht Geld bei der EZB parken können, weiter bei minus 0,4 Prozent halten wird. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, drückt die Lage für Sparer so aus: „In Deutschland kommt von der Zinswende auch in den nächsten beiden Jahren auf dem Sparbuch nichts an.“


Anlegen 2017 – Alle Teile der Serie

Zum Jahreswechsel gibt die Handelsblatt-Redaktion einen Ein- und Ausblick zu verschiedenen Anlageklassen und Geldanlagemöglichkeiten. Die Serie hat 14 Teile und läuft vom 22. Dezember bis 4. Januar 2017. Jeweils im Tagesverlauf geht eine weitere Folge online.

Teil 1 (22.12.): Aktien Deutschland

Teil 2 (23.12.): Wohnimmobilien

Teil 4 (25.12.): Gold

Teil 6 (27.12.): Aktien Europa

Teil 7 (28.12.): Aktien Schwellenländer

Teil 8 (29.12.): Aktien Nordeuropa

Teil 9 (30.12.): Devisen

Teil 10 (31.12.): Der beste Markt der Welt

Teil 11 (1.1.2016): Aus Fehlern lernen

Teil 12 (2.1.): Aktien USA

Teil 13 (3.1.): Kreditzinsen

Teil 14 (4.1.): Leser-Erwartungen 2017

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