Anleihemarkt Mittelstandsanleihen sind nicht wasserdicht

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Anleger bedürfen Aufklärung

Dass auch klangvolle Namen von Treuhändern nicht schützen, zeigt der Fall des Immobilienunternehmens Deikon. Die Firma hatte 2006, noch unter dem Namen Boetzelen RheinMainHypo, eine zweite und dritte Anleihe begeben. Wächter über diese Gelder war als Treuhänder die renommierte Wirtschafts-Großkanzlei CMS Hasche Sigle. Im Sommer verurteilte der VI. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf CMS, einem Anleger 34.000 Euro Schadensersatz zu zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weitere Verfahren laufen. CMS wollte sich nicht äußern.

Boetzelen-Immobilien sollten sowohl mit Anlegergeld als auch mit Bankkrediten finanziert werden. Die Bank sollte erstrangig im Grundbuch abgesichert werden, nachrangig sollten den Anleihegläubigern Grundpfandrechte eingeräumt werden. Der Clou: Mit jeder Kreditrate, die Boetzelen der Bank bezahlte, sollten die Sicherheiten für die Anleger werthaltiger werden. Der erstrangige Anspruch der Bank würde schrumpfen; die Chance, dass die Anleger bei einer Pleite als die Zweiten in der Schlange Geld sehen, würde zunehmen.

Die Anleihekäufer, heißt es im Urteil (I-6 U 127/13), hätten dank CMS darauf vertrauen können, dass das investierte Kapital erst freigegeben werde, nachdem es wie im Prospekt angegeben abgesichert war.

Boetzelen hatte einen Kreditrahmen über 75 Millionen Euro mit der BerlinHyp vereinbart und sicherte ihn mit dem Immobilienportfolio ab. Laut Urteil, das die Kanzlei Dr. Späth & Partner zusammen mit der Kanzlei Keitel erstritten hat, steht im Vertrag mit der Bank auch, dass die Grundschulden „der Sicherung aller Ansprüche der BerlinHyp aus dem Kreditvertrag“ dienen sollten. „Damit dienten auch Immobilien der Anleihe als Sicherheit für Bankkredite, die andere Anleihen oder sonstige Zwecke betrafen“, sagt Anwalt Keitel.

Der Vertrag passt nicht zu den Versprechen im Prospekt: „Was fehlte, war die Vereinbarung, dass sich die Grundbuchsicherheiten der Anleihegläubiger mit der Tilgung der Bankdarlehen verbesserten“, sagt Keitel. Die Bank sollte Jahre nach Tilgung die gleiche Position im Grundbuch haben. „Das hätte CMS auffallen müssen, der Treuhänder der Kanzlei hätte die Auszahlung der Gelder verweigern müssen“, so Keitel. Das tat CMS aber mitnichten.

Die Richter monieren, CMS habe Anleger nicht informiert, dass das Konzept der ansteigenden Absicherung der Anleihegelder nicht vollständig umgesetzt worden sei. Anleger hätten die Anleihen kaum gekauft, wenn sie das gewusst hätten.

Ähnlich der XVI. Senat des OLGs Düsseldorf: In einem Hinweisbeschluss, der die Richtung vorgibt, in die das Gericht bei einem Urteil tendierte, gehen die Richter von einem Interessenkonflikt von CMS aus. Die Kanzlei hatte für Boetzelen die Prospekte geprüft und sollte dann sicherstellen, dass die Ansprüche der Anleger abgesichert sind. Aufgrund des Kreditvertrages, so der Senat, sei eine „prospektgemäße Absicherung“ nicht möglich gewesen. Über die „schwerwiegende Gefährdung des Sicherheitenkonzepts“ hätte CMS Anleger aufklären müssen. Das geschah nicht.

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