Attraktive Rendite Große Nachfrage nach Schuldscheinen

Schuldscheine von Unternehmen treffen auf eine lebhafte Nachfrage von Investoren. Einige Transaktionen sind binnen Stunden deutlich überzeichnet – obwohl die Zinsen für die Scheine rückläufig sind.

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Allein Hochtief nahm mit Schuldscheinen statt geplanten 150 Millionen Euro gleich mehr als 500 Millionen Euro ein. Quelle: dpa

Als das Bauunternehmen Hochtief im Februar seine Bücher für einen 150 Millionen Euro Schuldschein öffnete, wurde das Management überrascht. Die Nachfrage von Investoren, sowohl aus Deutschland als auch dem Ausland, war so groß, dass Hochtief das ursprüngliche Volumen mehr als verdreifachen konnte und am Ende über 500 Millionen Euro platzierte.

Hochtief ist nicht das einzige Unternehmen, das im Zuge der Platzierung von Schuldscheinen auf eine lebhafte Investorennachfrage trifft. Das Volumen abgeschlossener Transaktionen in Schuldscheinen für das erste Quartal 2017 betrug 5,7 Milliarden Euro. Das Volumen der 28 Transaktionen lag damit fast doppelt so hoch wie bei der Öffnung der Orderbücher angestrebt, zeigen Daten des Informationsdienstleistungsunternehmen Bloomberg.

Der Appetit ist so groß, dass wir Transaktionen erlebt haben, die binnen Stunden überzeichnet waren und wir die Vermarktung einstellen mussten“, sagt Paul Kuhn von der Bayerischen Landesbank in München.

Schuldscheine waren bis vor Kurzem außerhalb Deutschlands noch recht unbekannt, aber die Popularität des Instruments unter Investoren ist rasant gestiegen. Investoren schätzen die attraktive Rendite, während Emittenten die flexible und einfache Dokumentation zum Einsammeln von Kapital nutzen.

Ein Schuldschein ist ein Darlehen, das dem Kreditnehmer, ohne dass dieser den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen muss, durch große Kapitalsammelstellen als Kreditgeber gewährt wird. Es ist neben Bankkredit und Anleihe eine weitere Form der (langfristigen) Fremdfinanzierung für Unternehmen.

Weitere Transaktionen, die in diesem Jahr das Volumen deutlich erhöht haben, kamen von Palfinger aus Österreich, die Ende März das geplante Volumen von 75 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro anheben konnte. Oder auch die französische Neopost mit einer Platzierung von 215 Millionen Euro, die damit mehr als doppelt so hoch wie die geplanten 100 Millionen Euro ausfiel.

„Eine überbordende Nachfrage bei einer Transaktion ist nichts Neues. Das hatte es in Deutschland in den letzten beiden Jahren schon gegeben“, sagt Richard Waddington von der Commerzbank in London. „Aber nun erleben wir dieses Phänomen auch im internationalen Bereich, bei Nicht-Deutschen Emittenten.“


Preis von Schuldscheinen geht zurück

In der aktuellen Pipeline von elf geplanten Transaktionen befindet sich nur eine mit einem deutschen Emittenten, ein 100 Millionen Euro Schuldschein von der Hirschvogel Holding GmbH, die laut Bedingungen am 3. Mai abgeschlossen werden soll. Der deutsche Maschinenbauer Kion Group und die Volkswagen Financial Services bewarben beide ihre Schuldscheintransaktionen bei Investorentreffen in Hongkong. Kion verdoppelte das geplante Volumen beinahe auf 958 Millionen Euro, während Volkswagen gar eine Verdreifachung des ursprünglich geplanten Betrags von 300 Millionen Euro gelang.

Die Unternehmen sammeln dabei nicht nur mehr Kapital ein. Sie müssen dafür auch weniger Zinsen bezahlen. Der durchschnittliche Preis für einen Schuldschein ging gegenüber dem vorherigen Quartal um 18 Prozent zurück, zeigen Daten von Bloomberg.

Deutsche Emittenten haben 2017 im Schnitt 82,5 Basispunkte für eine fünfjährige Emission und 102,1 Basispunkte für eine siebenjährige Tranche bezahlt, während nicht-deutsche Emittenten 129,1 bzw. 152,1 Basispunkte für die gleichen Laufzeiten entrichten mussten, zeigen Daten von Bloomberg.

Ein Großteil der Nachfrage unter den Investoren basiert auf der Wahrnehmung eines niedrigen Risikos, denn bisher sind in den vergangenen drei Jahren lediglich drei Schuldscheine ausgefallen oder restrukturiert worden, sagt Sebastian Zank von der Berliner Ratingagentur Scope.

„Auf Grund der durchschnittlich sehr hohen Kreditqualität sollte die Ausfallrate auf Sicht der nächsten paar Jahre niedrig bleiben“, sagt Zank. Dennoch weist er darauf hin, dass der Markt noch immer in einer frühen Entwicklungsphase ist und Ausfälle steigen könnten. „Wir haben noch keinen vollen Kreditzyklus mit allen neuen Emittenten erlebt, die den Markt in den Jahren 2014-2017 betreten haben“, sagt Zank.

Die Nachfrage wird die Dynamik vermutlich für den Moment beibehalten, glaubt Stefan Scherff von der Commerzbank in Frankfurt. Elf Transaktionen laufen derzeit mit einem Gesamtvolumen von elf Milliarde Euro, zeigen Bloomberg-Daten. „Ich erwarte derzeit keine Verlangsamung“, sagt Scherff.

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