Ausschüttung an Aktionäre Dividendenparadies Europa, Kursrakete USA

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Europas Dividenden oder Kursgewinne in USA

Spielraum für höhere Ausschüttungen an der Wall Street wäre also da. Dividendenexperte Naumer glaubt aber nicht an einen radikalen Schwenk der amerikanischen Unternehmen hin zu höheren Ausschüttungsquoten. „Die Neigung der US-Unternehmen, mehr von ihren Gewinnen in die Dividenden fließen zu lassen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen", sagt Naumer. "Dividendenanleger sollten aber wissen, dass der US-Aktienmarkt auch deutlich höher bewertet, so dass die Dividendenrenditen im S&P 500 gerade einmal knapp über zwei Prozent liegen. In Europa beträgt die durchschnittliche Dividendenrendite hingegen 3,5 Prozent.“ Für Anleger, die vorrangig auf die Dividenden schauen, liegen europäische Aktien somit wohl auch in Zukunft vor US-Titeln.

Unter US-Anlegern ändert sich aber langsam die Kultur. Sie streben immer mehr nach Kapitaleinkommen, also Dividenden, und weniger nach Kursgewinnen. „Viele Anleger merken, dass sie sich mit dividendenstarken Titeln auch mehr Stabilität ins Depot holen. Mit Dividendenaktien kaufen sie auch eine geringere Volatilität. Das hängt damit zusammen, dass die Firmen eine stetige Dividendenpolitik anstreben“, sagt Naumer von AllianzGI.  

Die Risiken von Allianz bis Siemens

Tatsächlich kommt die Studie bei Betrachtung langer Zeitreihen seit den Siebziger- (USA) und Neunzigerjahren (Europa) zu dem Ergebnis, dass dividendenstarke Aktien weit weniger stark schwanken als Aktien ohne Dividendenrendite. Die möglichen Gründe dafür sind:

  1. Die Dividendenpolitik ist aktiver Bestandteil der Unternehmensstrategie, weil von ihr große Signalwirkung ausgeht. Kontinuität ist Aktionären wichtig.

  2. Wegen ihrer Signalwirkung schwanken die Unternehmensgewinne weit mehr als die Dividenden. Die Unternehmen disziplinieren sich durch hohe Ausschüttungen. Aktienrückkaufprogramme entfalten hingegen kaum Signalwirkung und haben diesen disziplinierenden Effekt nicht.

  3. Unternehmen mit hoher Dividendenrendite haben meist gesunde Bilanzen mit viel Eigenkapital und stabilen Cashflows.

Auch wenn einige prominente Unternehmen wie Apple erst vor einigen Jahren damit begonnen haben, Dividenden auszuschütten, gilt es dennoch als unwahrscheinlich, dass US-Unternehmen auf breiter Front zum europäischen Dividendenniveau aufschließen. Historisch betrachtet haben sich die amerikanischen Aktienmärkte mit einer jährlichen Durchschnittsrendite von 10,35 Prozent ein klein wenig besser entwickelt als die europäischen mit 10,21 Prozent.

Beim Vergleich der Gesamtperformance von Aktien in den europäischen Ländern, Nordamerika und der Pazifikstaaten wird der Beitrag der Dividenden an den steigenden Aktienkursen deutlich. Bei Untersuchung der Kursentwicklung am Aktienmarkt entfallen zwischen 1971 bis Ende 2016 in Europa 38 Prozent der durchschnittlichen jährlichen Kurssteigerung auf die ausgeschütteten Dividenden. In Nordamerika liegt deren Anteil nur bei knapp 32 Prozent, im Pazifikraum sind es knapp 29 Prozent. Unter dem Strich ist die Dividendenpolitik in Europa also noch mit deutlichen Abstand aktionärsfreundlicher als in den USA oder Asien. Amerika überzeugt hingegen durch höhere Kursgewinne.

Wer auf europäische Dividendentitel setzt, holt sich also gleich eine Reihe von Vorteilen ins Depot. Wer die Auswahl nicht einem Profi überlassen will, sollte seine Dividendenaktien jedoch mit Sorgfalt wählen. Unternehmen die ins Trudeln geraten, können trotz jahrzehntealter Dividendentradition plötzlich gezwungen sein, die Dividende zu streichen, wie etwa die Deutsche Bank im vorigen Jahr. Andere Unternehmen in dieser Lage könnten versucht sein, die Dividende aus der Substanz zu zahlen, indem sie Eigenkapital aufzehren. Wer es aber schafft, die wahren Perlen herauszusuchen, solche Aktien lange hält und seinen Bestand schrittweise aufbaut, kann sich mit den Jahren eine solide Einkommensquelle erschließen. Anleger dürfen sich auf die bevorstehende Dividendensaison freuen.

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