Zulasten von deutlichen Dividendensteigerungen gehen häufig Zukäufe. So braucht der Gesundheitskonzern Fresenius Geld für die Übernahme von Krankenhäusern des Konkurrenten Rhön. Auf die Dividende drücken nicht nur neue Schulden, sondern auch frisches Eigenkapital: So hatte Fresenius bereits im Mai 2012 bei einer Kapitalerhöhung Aktien für gut eine Milliarde Euro ausgegeben. Die damals anvisierte Komplettübernahme von Rhön scheiterte. Die jährlichen Ausschüttungen verteilen sich aber nun trotzdem erstmals auf ein Mehr an Aktien. Ohne die Kapitalerhöhung läge die für 2013 erwartete Dividende je Aktie bei geschätzt 1,30 statt 1,20 Euro. Und die Zinszahlungen für im Januar begebene neue Anleihen allein kosten jährlich knapp 21 Millionen Euro oder rund zwölf Cent an möglicher Dividende je Aktie, steuerliche Komponenten außen vor gelassen.
Ob seiner expansiven Schuldenpolitik ordnen große Ratingagenturen wie Standard & Poor’s und Moody’s den Konzern schon seit Jahren in den Junk-(Schrott-)Bereich ein, wenn auch immerhin nur eine Stufe unterhalb der Investitionsklasse. Nicht nur für Schuldner, sondern auch für Aktionäre ist das ein Signal: Spielraum für eine hohe Dividende ist kaum da.
Auch RWE könnte seine klamme Konzernkasse erneut durch Ausgabe neuer Aktien füllen. Zuletzt hatte das Unternehmen im Dezember 2011 mit neuen Papieren rund zwei Milliarden Euro eingesammelt. Noch bis zum 21. April 2014 gilt zudem ein alter Beschluss, der RWE erlaubt, Wandel- und Optionsanleihen, die zum Teil in Aktien getauscht werden können, mit einem Gesamtnennwert von bis zu sechs Milliarden Euro herauszugeben. So oder so: RWE-Chef Peter Terium möchte sich von der Hauptversammlung erneut die Möglichkeit für eine Kapitalerhöhung genehmigen lassen. Die Kommunen, darunter hoch verschuldete Städte in Nordrhein-Westfalen wie Dortmund und Essen, lehnen dies ab. Die Städte kritisieren auch die Kürzung der Dividende für 2013. Dabei verkennen sie, das RWE nicht nur seinen Aktionären, sondern auch und in erster Linie seinen Gläubigern verpflichtet ist. So wertet Niel Bisset, Analyst bei der Agentur Moody’s in London, den Dividendenschnitt bei RWE „positiv“ für das Rating. Denn inklusive Pensionslasten und Verbindlichkeiten aus der Atomkraft ächzt RWE unter mehr als 30 Milliarden Euro Schulden. Die Essener warnten schon verklausuliert davor, dass die Dividende zugunsten neuer Investitionen ausfallen könnte.
Auch bei der Lufthansa, HeidelbergCement und vor allem ThyssenKrupp engen hohe Schulden den Spielraum ein (siehe Tabelle Seite 104). Trotz auf den ersten Blick sehr hoher Schulden stehen zum Beispiel die Automobilkonzerne deutlich besser da. Bei VW, BMW und Daimler stammen die Schulden aus der Absatzfinanzierung.
Probleme könnten diese nur machen, wenn die Kunden ihre Kredit- oder Leasingraten in Massen nicht mehr zahlen können. Das ist zurzeit aber eher unwahrscheinlich. „Exportorientierte Unternehmen, die nicht so stark vom schwachen Europa abhängig sind, sollten in den nächsten Jahren zuverlässige Dividendenbringer sein. Dazu zählen die Automobilkonzerne, aber auch Chemieunternehmen wie BASF“, sagt Hürkamp.
Anders als die gebeutelten Versorger kann Konsum-Multi Henkel die Dividende sogar erhöhen, ohne seine Kreditwürdigkeit zu gefährden. Um Aktionäre stärker an Gewinnen zu beteiligen, schrauben die Düsseldorfer die Ausschüttungsbasis für die Dividenden in die Höhe. Die Anteilseigner sollen statt bisher 25 Prozent künftig „zwischen 25 Prozent und 35 Prozent“ des um Sondereinflüsse bereinigten Jahresüberschusses als Dividende erhalten. Diese Anhebung passe „gut zur konservativen finanziellen Strategie“, lobt Oliver Giani von Moody’s in Frankfurt.
Im Durchschnitt reichen die Dax-Konzerne weniger als 40 Prozent der Konzerngewinne weiter. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert eine Quote von 50 Prozent. Die erfüllt laut DSW aber nicht einmal ein Fünftel der in den wichtigeren Aktienindizes gelisteten Unternehmen. Siemens spendierte im Januar immerhin 61 Prozent des Nettogewinns an seine Aktionäre.
Um die Kasse zu schonen, denken sich Unternehmen immer neue Ausschüttungsvarianten aus. Die Telekom etwa lässt ihre Eigner zwischen Bardividende und neuen Aktien wählen. 2013 entschieden sich die Besitzer von 38 Prozent aller T-Aktien für neue Aktien. Die Bonner sparten so rund 1,2 Milliarden Euro.
Auch der Vorstand des SDax-Werts Grenkeleasing will seine Aktionäre am 10. April vor die Wahl stellen: Bares oder Wahres? Anleger brauchen allerdings fast 70 Aktien im Gegenwert von mehr als 5300 Euro, um ein neues Papier dazugebucht zu bekommen. Die Dividende soll einen Euro je Aktie betragen – das entspricht einer Rendite von 1,3 Prozent.
Zu mager? Kommt darauf an, wie man es betrachtet: Wer vor fünf Jahren Grenke-Aktien kaufte, dessen Papiere rentieren schon mit fünf Prozent auf den damaligen Einsatz – Tendenz steigend.
Es ist eben alles eine Frage der Perspektive – auch die Beurteilung der Dividende.