Bäumchen-Wechsel-Dich bei der DWS DWS-Starmanager Tim Albrecht geht: Was das für Anleger bedeutet

 Fondsmanager Tim Albrecht verlässt die DWS. Quelle: DWS

Das Stühlerücken beim Fondsriesen DWS geht weiter, ein prominenter Manager verlässt das Haus. Wer nachrückt – und was die Personalien für Fondsanleger bedeuten.

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Nicht nur in der Chefetage des Deutsche-Bank-Fondshauses DWS gab es im vergangenen halben Jahr viele Veränderungen. Stefan Hoops wurde Vorstandsvorsitzender, Björn Jesch übernahm die Rolle als Aufseher über das Fondsmanagement, Vincenzo Vedda wurde für aktiv gemanagte Fonds verantwortlich. Jetzt aber kommt es auch noch zu Veränderungen, die viele Kunden direkt betreffen: Fondsmanager, die unmittelbar für die Wertentwicklung der Fonds verantwortlich sind, gehen.

Einer der wenigen verbliebenen Starmanager bei der DWS, Tim Albrecht, verlässt das Haus offiziell Ende März aus persönlichen Gründen. An solchen Veränderungen hängt viel. Albrecht arbeitet bei der DWS bereits seit dem Jahr 2000, und er verwaltet nicht irgendwelche Nischenfonds, sondern unter anderem einen der Flaggschifffonds des Hauses: den Aktienfonds DWS Deutschland. Albrecht ist einer der wenigen Starmanager, die dem Haus noch geblieben sind, verantwortlich für zweistellige Milliardenbeträge.

Aktie fällt kräftig

Dass die DWS-Aktie am Mittwoch, dem Tag der Bekanntgabe, deutlich nachgegeben hat, deutet darauf hin, dass Aktionäre fürchten, Fans des Starmanagers könnten massiv Geld aus den von ihm verantworteten Fonds abziehen. Ein weiterer Grund für die Kursschwäche dürften die Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 gewesen sein: Die DWS veröffentlichte sie am Donnerstag; sie fielen schlechter aus als erwartet.

Noch vor wenigen Jahren galt Albrecht als eine Art Cristiano Ronaldo der Fondsbranche: Star seines Teams und unbezahlbar für andere. Doch dann kam Wirecard. Ausgerechnet bei der Aktie des Zahlungsdienstleisters hatte Albrecht beherzt zugegriffen – kurz bevor sie abstürzte und sich nicht wieder erholte.

Seitdem ist Albrechts Stern gesunken. Manch einer rechnete nach der Wirecard-Pleite damit, dass der Manager schnell bei der DWS ausscheiden würde. Doch er biss sich weiter durch. Den Fonds DWS Deutschland verantwortete er seit 2002. Die 20 Jahre hat er voll gemacht. Doch in dem schwierigen Markt und nach dem Wirecard-Debakel konnte Albrecht nicht mehr an vergangene Erfolge anknüpfen. Die Noten von Ratingagenturen für den DWS Deutschland sind mies, für den "kleinen Bruder" DWS Invest German Equities fallen sie nur wenig besser aus.

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Albrecht hat die DWS schon einmal kurzzeitig verlassen. Er wollte im Jahr 2018 bei Berenberg anheuern, kehrte aber kurz vor Jobantritt bei der Privatbank doch wieder zur DWS zurück. Damals gab der Wechsel in der Chefetage den Ausschlag. Doch jetzt zieht es den 50-Jährigen wohl endgültig von der Deutsche-Bank-Tochter weg. Zwei Jahrzehnte im Fondsmanagement dürften ihm genug Geld eingebracht haben, um ein gutes Leben ohne Performance- und Konkurrenzdruck führen zu können.

Europa- statt Deutschland-Team

Fondsverkäufer, die an Umschichtungen ihrer Kunden verdienen, raten im Fall eines Fondsmanagerwechsels häufig zu einem neuen Produkt. Den Fonds zu wechseln, weil der Manager geht, ist aber nicht immer sinnvoll. Denn niemand ist unentbehrlich. Ein Fondsmanager ist selten Einzelkämpfer, sondern vor allem in großen Gesellschaften von einem Tross von Analysten und Co-Managern umgeben, die ihm Ideen liefern, aus denen er dann auswählen kann. So hatte auch Albrecht Stellvertreter und Talente in seinem Umfeld, von denen nicht alle nur Zuarbeiter sein wollten.

Einen großen Karrieresprung machen Marcus Poppe und Philipp Schweneke, die künftig gemeinsam das europäische Aktienteam führen werden. Das Deutschland-Team bei der DWS wird nicht mehr als eigenes Team existieren, sondern in die größere Europa-Gruppe eingegliedert. Ein gutes Signal für den Finanzplatz Deutschland ist das nicht. Mitunter gibt es Ereignisse, bei denen sich ein heimischer Branchenriese zu Wort melden sollte. Der Rückzug des Spezialgaseherstellers Linde von der deutschen Börse ist etwa so ein Fall.

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Poppe und Schweneke aber haben viel zu tun: Poppe wird künftig neben der Co-Rolle als Europa-Aktienverantwortlicher auch den DWS Deutschland mit seinen 3,5 Milliarden Euro lenken. Ob da noch viel Zeit bleibt für Finanzplatzfragen, wird sich zeigen. Poppe hatte allerdings auch schon zuvor eine große Aufgabe: Er war Co-Manager des DWS Top Dividende, dem mit 20 Milliarden Euro Volumen größten heimischen Aktienfonds.

Der DWS Top Dividende lief zuletzt sehr gut. Das ist ein positives Zeichen für die Anleger, deren Geld Poppe künftig verwalten wird. Und: Der Manager betreut bereits seit seinem Start bei der DWS im Jahr 2010 als Analyst und Fondsmanager deutsche Aktien. Anleger können also auf eine gewisse Erfahrung und Expertise vertrauen – und sollten dem Fonds zunächst treu bleiben.

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Philip Schweneke deckt den Nebenwertebereich in Europa ab. Kleinere Unternehmen werden häufig unterschätzt – langfristig hat ihre Beimischung vielen Fonds eine sehr gute Performance beschwert. Auf sie kommt es also auch an.

Zwei Stellvertreter für den DWS Top Dividende

Durch die Deutschland-Wechsel kommt es auch beim DWS Top Dividende zu einer Umbesetzung. Dessen langjährigen Fondsmanager Thomas Schüssler werden künftig Madeleine Ronner und Jarrid Klug unterstützen.

Beim ältesten Deutschlandfonds, dem DWS Investa ESG mit 3,5 Milliarden Euro ebenfalls ein Schwergewicht, kommt wieder eine Frau ans Ruder: Sabrina Reeh übernimmt den inzwischen auf Nachhaltigkeit bei der Aktienauswahl ausgerichteten Deutschland-Fonds. Sie hat rund zehn Jahre Erfahrung als Aktienanalystin bei UBS und Commerzbank gesammelt und ist seit knapp zwei Jahren im Fondsmanagement bei der DWS. Schon vor 25 Jahren traf beim Investa eine Frau die Anlageentscheidungen. Elisabeth Weisenhorn hatte das Haus aber kurz nach der Dotcom-Krise verlassen. Heute ist sie in einer anderen Rolle zurück bei der DWS: als Aufsichtsrätin.

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Fondsanleger, die von einem Managerwechsel betroffen sind, sollten auf zwei Dinge achten: die Performance im Vergleich zu Konkurrenzfonds und das Fondsvermögen. Falls das verwaltete Vermögen stark schrumpft, ist das kein gutes Zeichen. Müssen die verbliebenen Fondsmanager in einer schwachen Marktphase auf die Schnelle Aktien verkaufen, um die Flüchtenden auszuzahlen, bekommen sie häufig einen schlechten Preis. Das kann die Wertentwicklung des Fonds langfristig belasten. Bislang sind bei der DWS nach Fondsmanagerwechseln massive Mittelbewegungen allerdings ausgeblieben.

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