Bankaktien Zwei Banken, zwei Aktien, ein Problem

Für Bankaktien war es eine schwarze Woche, vor allem für Anleger von Commerzbank und Deutscher Bank. Nun steigen die Kurse wieder etwas. Warum Käufe nur was für Zocker sind und wo es im Ausland Alternativen gibt.

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Bankenaktien: Commerzbank und Deutsche Bank sind ganz unten. Quelle: AP

Von einem Unsicherheitsabschlag ist bei Bankern die Rede. Auf die Frage, ob Bankaktien im Moment ein realistisches Bild vom Zustand der Institute abliefern, lächelt der Manager einer großen europäischen Bank gequält. Er hoffe, dass der Unsicherheitsabschlag, unter dem die Papiere der Banken zurzeit litten, bis Ende des Jahres wieder verschwunden sei.

Ob das realistisch ist, ist mehr als fraglich. Immerhin: bis Ende des Jahres wollen Europas Bankenaufseher individuelle Kapitalzuschläge für jede Bank festlegen und bestimmen, wie viel das Geldinstitut etwa für Dividenden ausgeben darf.

Die Unsicherheit der Anleger dürfte das allerdings nicht nennenswert tangieren. Schon der jüngste Stresstest, dessen Ergebnisse die Aufsichtsbehörden EBA und Europäische Zentralbank (EZB) am vergangenen Freitag veröffentlichten, konnte Europas Bankaktien nicht von ihrem Unsicherheitsfluch befreien. Insbesondere den Papieren von Deutscher Bank und Commerzbank droht eine lange Durststrecke, trotz Niedrigstkursen sind kaum Kaufsignale in Sicht.

So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten

Dieter Hein, Bankenexperte des unabhängigen Analysehauses Fairesearch, glaubt nicht an eine Erholung. „Der Markt schätzt die Risiken höher ein als die Institute selber“, sagt Hein. Beide deutsche Großbanken hätten ihre Versprechen nicht gehalten, das würde der Markt bestrafen. Tatsächlich spricht vieles dafür, dass das gequälte Lächeln beim Thema Aktienkurs noch lange erhalten bleibt und die Papiere weiterhin deutlich unter dem Buchwert der Institute gehandelt werden.

Tiefer und tiefer

Zu Wochenbeginn verzeichneten die Aktien vieler europäischer Banken im Zuge des Stresstests Kursverluste. Während sich einige der Papiere aber am Mittwoch zumindest leicht erholten, verloren die Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank weiter an Wert und schlossen beim nächsten Tiefstkurs. Vor allem die Commerzbank-Aktie wird immer mehr zum Pennystock. Hätten die Frankfurter nicht im April 2013 zehn Aktien zu einer zusammengelegt und damit den Kurs gestützt, dürfte es auf der Kurstafel noch schlimmer aussehen.

Nicht viel besser steht es bei der Deutschen Bank. Die Aktie fiel am Mittwoch ebenfalls auf einen erneuten Tiefststand und das Verhältnis vom Aktienkurs zum Buchwert liegt nur noch bei rund 25 Prozent. Am Dienstag flog das Papier gemeinsam mit Credit Suisse-Aktien aus dem Stoxx Europa 50, einem der wichtigen Aktienindizes in Europa. Einige Indexfonds müssen im Zuge der Index-Umstellung reagieren und Aktien verkaufen, das belastet das Papier zusätzlich. Im wichtigeren Euro Stoxx 50, in dem die 50 wichtigsten Konzerne der Euro-Zone gelistet sind, ist die Deutsche Bank zwar noch drin. Es besteht allerdings Gefahr, dass die Bank auch hier ihren Platz räumen muss, was erneut massive Verkäufe von Indexfonds nach sich ziehen dürfte.

Am Donnerstag und Freitag machten zwar beide Papiere einen Teil ihrer Verluste wieder gut. Einzelne fragen sich zwar, ob die Zeichen auf Erholung stehen und der Wiedereinstieg lohnt, aber die Grundskepsis ist hoch.

Mittlerweile bereiten die niedrigen Kurse von Europas Bankaktien sogar EZB-Chef Mario Draghi Sorgen. Das räumte der Italiener nach dem jüngsten Zinsentscheid ein. Kein Wunder, denn die Zentralbank ist auf starke Banken angewiesen, um mittels mehr Kreditvergabe ihr angestrebtes Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent zu erreichen.

Die Institute selber dagegen schieben den schwarzen Peter nur allzu gern auf die Niedrigzinspolitik der EZB, welche ihnen die Erträge madig macht, und die Aufseher, welche die Banken mit Regularien piesacken. Ein Ablenkungsmanöver, auf das Anleger nicht reinfallen sollten. „Die Kurse sind nicht ohne Grund niedrig“, sagt Hein. Problematisch sei weniger das Umfeld, als die hausgemachten strategischen Probleme der Banken. „Beide brauchen eine neue Strategie und ein anderes Management“, sagt Hein und bezieht sich dabei auf beide Frankfurter Großbanken.

Wer nicht muss, der kauft nicht

Die Analystenzunft ist sich einig: Wer nicht unbedingt in Bankaktien investieren muss, der sollte es lieber lassen. „Die Aktie der Deutschen Bank ist eins der wenigen Papiere, das günstiger wird und man es trotzdem nicht kauft“, sagt ein Londoner Analyst. Erst, wenn beide Institute glaubhaft erklären können, wie sie künftig trotz niedrigem Zinsniveau nachhaltige Erträge erwirtschaften wollen und ihre Kapitalbasis stärken – sowohl Deutsche Bank als auch Commerzbank rangierten beim jüngsten Stresstest beide unter den schlechtesten zehn der insgesamt 51 untersuchten Banken – werden Aktien deutscher Banken für Langfristanleger wieder kaufbar.

Nur auf Schnäppchen-Anleger und Spekulanten haben die Kurse eine magische Wirkung. Mehrere Hedgefonds wetten bereits auf weiter fallende Kurse bei der Deutschen Bank, darunter US-Investor George Soros. Mit 100 Millionen Euro wettet Soros auf fallende Kurse bei Deutschlands größtem Geldinstitut.

Mit Leerverkäufen könnten prinzipiell auch Privatanleger mit Bankaktien spekulieren. Dabei werden Aktien, die nur geliehen sind, verkauft. Fällt der Kurs, werden die Papiere günstig wieder eingesammelt, der Spekulant verdient an der Differenz aus Kauf- und Verkaufspreis.

Zwar sind weiter fallende Kurse nicht ganz unwahrscheinlich, trotzdem kann das Manöver nach hinten losgehen. Steigt der Kurs entgegen den Erwartungen, fallen die Verluste umso höher aus. Für private Zocker ist das besonders gefährlich, da zu erwarten ist, dass Spekulanten möglichst schnell Aktien nachkaufen, um Verluste zu begrenzen. Der Kursanstieg kann also nochmals verstärkt werden.

Lieber international

Wer risikobewusst anlegen will und in der Zwischenzeit trotzdem nicht auf Anteilsscheine von Banken verzichten will, muss sich im Ausland umsehen. Die niederländische ING etwa überraschte etwa mit einem Gewinnanstieg von 27 Prozent und verdiente damit im zweiten Quartal deutlich mehr als erwartet. Zudem überzeugt die Großbank mit einer Eigenkapitalrendite von mehr als 13 Prozent.

Selbst in Italien gibt es Chancen für Anleger. Die italienische Großbank Intesa schnitt im Stresstest mit einer Kapitalquote unter Stress von 10,2 Prozent deutlich besser ab als viele deutsche Banken. Zwar fiel der Überschuss der Bank im zweiten Quartal um vier Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, weil die Bank höhere Rückstellungen für notleidende Kredite bilden musste.

Die notwendige Risikovorsorge dürfte aber weniger werden. Analysten schätzen, dass Intesa besonders profitieren könnte, sobald Italiens Banken das Problem ihrer notleidenden Kredite in den Griff bekommt. Findige Anleger kaufen also rechtzeitig, um davon zu profitieren.

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