Bankenstresstest Händler wetten auf den Bankaktien-Run

Die Veröffentlichung des Bankenstresstests rückt näher. Noch bevor die EZB die Ergebnisse offenlegt, wetten Investoren auf eine Rally bei Bankaktien. Ein Spiel mit dem Feuer oder eine todsichere Chance?

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Ein Händler an der Frankfurter Börse telefoniert vor dem Hintergrund der Dax-Tafel. Beginnt nach dem Stresstest die große Rally bei Bankaktien? Quelle: dapd

London Die Korrekturbewegung, die vergangene Woche die europäischen Aktienmärkte erfasste, hat auch Bankaktien einen kräftigen Dämpfer versetzt. Die Branche steckt mitten in einer Talfahrt. Investoren wetten darauf, dass die Ergebnisse des Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) in wenigen Tagen für Entlastung sorgen werden.

Die Deutsche Bank, deren Kursverluste sich in einem Monat auf elf Prozent addierten, und BNP Paribas mit einem Minus von 13 Prozent trugen dazu bei, dass die Aktienerträge der Branche mehr als zwei Prozentpunkte unter denen des Gesamtmarktes liegen, wie sich aus Bloomberg-Daten ergibt. Händler glauben, dass eher der Euro Stoxx absackt als die Bankaktien. Sie drücken deshalb mit Blick auf die Stresstests die Kosten für eine Absicherung gegen weitere Kursrückgänge im Vergleich zu Absicherungen gegen einen Rückgang des Euro Stoxx 50 auf ein Zwei-Jahres-Tief.

Im Rahmen ihrer Bilanzprüfung – mit dem englischen Kürzel AQR – überprüft die EZB die Qualität der Aktiva von über 130 Geldinstituten. Die Prüfung ist Teil einer breiter angelegten Untersuchung, mit der ermittelt werden soll, ob die Banken etwaigen Marktturbulenzen gewachsen sind. Es ist der dritte Stresstest in Europa seit der Staatsschuldenkrise im Jahr 2010. Ein positiver Ausgang des Tests könnte dazu beitragen, die Kursverluste von Bankaktien zu stoppen, argumentiert Teis Knuthsen, bei der Privatbanksparte der Saxo Bank verantwortlich für Anlageentscheidungen.

„Ich wäre sehr überrascht, wenn die Bilanzprüfung dem Bankensektor zu diesem Zeitpunkt einen erbärmlichen Zustand attestieren würde“, sagte Knuthsen. „Sowohl die EZB als auch die Banken hatten so viel Zeit sich vorzubereiten. Stellen Sie sich vor, dass alle Banken grünes Licht erhalten und gesagt bekommen es sieht bei allen gut aus. Das ist am Markt noch nicht eingepreist.“

Die Banken der Euro-Zone legten um bis zu 123 Prozent zu, seitdem EZB-Präsident Mario Draghi im Juli 2012 erklärte, dass er alles Notwendige tun werde, um den Euro zu erhalten. Die Rally war weder durch hohe Zahlungen von Geldbußen noch durch Untersuchungen der Aufsichtsbehörden aufzuhalten und erreichte ihren Höhepunkt im April. Danach brach der Branchenindex SX7E bis zum 16. Oktober um 20 Prozent ein. Die Kursverluste waren fast doppelt so hoch wie beim Euro Stoxx 50.

Die umfassende Untersuchung hat im Oktober 2013 begonnen. Mit ihr will die EZB sicherstellen, dass sie am 4. November, wenn sie die Aufsicht über die Banken im Euro-Raum übernimmt, einen detaillierten Einblick in die Branche hat. Die Ergebnisse werden am kommenden Sonntag veröffentlicht.


Investoren setzen auf ein Plus von 18 Prozent

Den letzten Stresstest im Juli 2011 bestanden acht Banken nicht. Insgesamt ergab der Test eine Kapitalunterdeckung von 2,5 Milliarden Euro. Im darauffolgenden Monat gab der Branchenindex 14 Prozent nach. In der aktuellen Untersuchung könnten aus Sicht von Barclays acht Banken Schwierigkeiten haben, zu bestehen, darunter die österreichische Raiffeisen Bank International, die griechische Piräus Bank sowie die italienische Banco Popolare.

Die Gesamtverschuldung der im Euro Stoxx 50 gelisteten Banken hat sich seit 2007 halbiert. Im selben Zeitraum sind die Bilanzen der Banken um mehr als 40 Prozent geschrumpft, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen.

Die implizite Volatilität – der wichtigste Maßstab für den Preis von Optionen – für Ein-Monats-Kontrakte auf den Euro Stoxx Banken Index ist seit Anfang Oktober um 18 Prozent gestiegen. Das ist deutlich weniger als der Anstieg von 41 Prozent für Kontrakte auf den Gesamtindex. Die Relation zwischen den beiden Indikatoren fiel am 15. Oktober auf das niedrigste Niveau seit 2012, zeigen von Bloomberg erstellte Daten.

Die vier meistgehaltenen Optionen auf den Banken-Index zeigen Optimismus an. Wetten, dass der Index bis Dezember um 18 Prozent zulegen wird, stehen an der Spitze. An zweiter Stelle folgen Wetten, dass der Index im selben Zeitraum um 25 Prozent zulegen wird.

Banken werden nach den Stresstests ihre Kapitalbasis vermutlich nicht stärken müssen, hieß es in einer Studie von HSBC Holdings in der vergangenen Woche. Die Autoren schätzen, dass die Branche im Juni über Überschusskapital in Höhe von 146 Milliarden Euro verfügten.

„Ich bin zuversichtlich, dass es bei der Bilanzprüfung keine große Durchfallquote geben wird“, sagte Andrea Williams von Royal London Asset Management in London. „Es könnte sein, dass der Markt die Bilanzprüfung als die Lösung des letzten Problems einstuft, die den Banken Gesundheit bescheinigt. Danach können wir uns auf das Kreditwachstum konzentrieren und Draghis nächsten Schritt abwarten.“

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