Betrüger ziehen die Kurse hoch Die Aktien-Mafia kassiert Anleger ab

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"Ganz schnell auf vier Euro"

Zurück zu LetsBuyIt und dem Frick-Verfahren: Berater Haindl sagte vor Gericht, er sei sich mit Khatib handelseinig geworden. Die Provision sei an den Kurs gekoppelt gewesen. Etwa die Hälfte, von dem, was verkauft worden sei, sollte fließen – vor Gericht sprach Haindl von rund zwei Millionen Euro. Dafür habe er auch den Kontakt zwischen Khatib und Frick organisiert.

Schon eine Woche nach Beginn der Werbeaktion in den Börsenbriefen – so sagte es Zeuge Haindl aus –, soll Khatib per Kurier 500 000 Euro in bar an den Main bringen lassen haben, per Auto aus der Schweiz. Mehrere Zehntausend Euro behielt Haindl ein, er bezahlte damit den Fahrer und einen Mann, der 30 000 Euro bekommen haben soll. Nach Informationen der WirtschaftsWoche handelte es sich bei dem Mann um einen Aktienhändler. Den Rest des Khatib-Geldes hat Haindl dann zu Frick gebracht. Der hatte laut seinem Geständnis stolze 1,9 Millionen Euro in bar kassiert.

Der Prozess in Frankfurt macht klar, wie detailliert Aktienpusher ihre Aktionen planen. Abgesprochen war, wie lange die Werbung pro Aktie dauern und über welchen Börsenbrief sie gepusht werden sollte, so hieß es über den Spielanbieter Venatus, dass der erst „ganz schnell auf vier Euro steigen“ sollte und dann zwischen drei und fünf Prozent am Tag. Für Leser der Börsenbriefe sollte es wohl nach einem gesunden Kursanstieg aussehen. Fricks Anwalt wollte insgesamt keine Stellungnahme abgeben.

Die Verkäufer hatten bereits zu Beginn der Aktion Verkaufslimits an der Börse platziert. Sie achteten offenbar darauf, dass nicht zu schnell zu viel verkauft wurde, schließlich sollte der Kurs steigen.

Real-Depot vom 6. Mai 2012:

„Bitte schreiben Sie uns Anfang Juni keine Email, ob Sie nun bei 3 Euro noch einsteigen können, denn heute bekommen Sie das Papier für nur 2,05 Euro. Günstiger wird es nicht mehr werden.“

Anleger Fridolin Wagner (Name geändert und der Redaktion bekannt) besitzt noch LetsBuyIt-Aktien – unverkäufliche Depotleichen. Der dunkelhaarige Mann im grau melierten Sakko wirkt keineswegs naiv. Er ist kaufmännischer Leiter bei einem internationalen Unternehmen, ist verheiratet, hat vier Kinder und ein großes Haus mit Garten.

Anfang 2012 kam die erste Werbemail vom Deutschen Aktiendienst, ungefragt – und weckte doch Interesse. „Ich musste Wochen warten, bis ich in den Verteiler aufgenommen worden bin“, sagt Wagner. So glaubte er, Zugang zu einem ausgewählten Kreis zu bekommen.

Geprellter Anleger Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

Real-Depot vom 10. Mai 2012:

„Wenn Sie schon investiert sind, dann können Sie sich freuen, denn LetsBuyIt wird in den nächsten Wochen über 3,50 Euro steigen.“

Der Kurs der LetsBuyIt stieg tatsächlich. Wagner verabschiedet sich auf eine Geschäftsreise. „Ich habe kurz an Verkaufen gedacht, aber die Gier war doch größer als das Hirn“, sagt er. Es lief schief, als er wieder nach Hause kam, stand die Aktie am Einstandskurs, am Ende hat er 22 000 Euro in den Sand gesetzt. „An Betrug habe ich nicht gedacht, eher: shit happens“, sagt er heute. Dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, merkte er erst, als auf seine Anfragen hin keine Antwort mehr vom Aktiendienst kam. „Ohne die Empfehlung wäre ich nie auf die Papiere gekommen –, aber die Entscheidung zum Kauf habe ich ganz alleine getroffen“, sagt Wagner.

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