Natürlich muss irgendwann die Konjunktur wieder anspringen, sonst geht jeder liquiditätsgetriebenen Rally die Puste aus. Danach sieht es im Moment noch nicht aus. „Aber die Börse läuft der Wirtschaft in der Regel um sechs bis zwölf Monate voraus“, sagt Schlote, „es ist auch möglich, dass die derzeit schlechten Nachrichten aus Spanien, Italien und China schon den Tiefpunkt des aktuellen Konjunkturzyklus markieren; im Moment wettet der Markt auf eine bessere Konjunktur ab 2013.“
Das Schlimmste haben die Notenbanken mit ihrer Geldflut den Euro-Krisenländern fürs Erste erspart. „Es ist den Zentralbanken gelungen, das Risiko eines baldigen unkontrollierten Auseinanderbrechens der Euro-Zone deutlich zu vermindern“, so Schlote. Ansonsten wären Bankenpleiten unausweichlich gewesen.
Mit Vollgas in die Inflation?
So verwundert es nicht, dass vor allem die Aktien von Banken und Versicherungen zuletzt die Rally befeuert haben. „In den Bankaktien waren zuvor Staatspleiten, Verstaatlichung oder Zerschlagung eingepreist“, sagt Zimmermann. Doch jetzt fallen die Zinssätze am Interbankenmarkt, zu denen sich Banken gegenseitig Geld leihen, auch die Kosten für Kreditausfallversicherungen signalisieren Entspannung. Zwar ist es zweifelhaft, ob die Politik der Notenbanken auf Dauer der Realwirtschaft – dem Handwerker, dem Maschinenbauer, dem Chemiekonzern – hilft oder ob sie nur neue Preisblasen aufpumpt und am Ende gar zu galoppierender Inflation führt. Zudem reagierten die Börsen zuletzt verhalten auf die Ankündigung weiterer Geldspritzen.
„Solange neue Schocks ausbleiben, etwa ein Angriff Israels auf den Iran, dürfte es zumindest zu keinem starken Einbruch an der Börse kommen, wenn die Notenbanken die Märkte weiter mit Geld fluten“, meint Zimmermann. „Dazu gibt es zu viele Investoren, die genau auf die Geldmengen schauen und bei deren Wachstum zumindest nicht verkaufen, meistens zukaufen.“
„Aktien sind besonders im Vergleich zu Anleihen nach wie vor attraktiv bewertet“, sagt Ehrhardt. So liegt das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Dax-Werte auf Basis der 2013 erwarteten Gewinne bei zehn; der historische Durchschnitt liegt bei rund 14. „Da ist bereits eine Menge an schlechten Nachrichten in den Kursen drin“, meint Zimmermann. Hinzu kommt, dass Anleger immer weniger Alternativen zu Aktien haben, wenn sie real, also nach Abzug der Inflation, noch eine Rendite erzielen wollen: Deutsche Staatsanleihen bringen derzeit 1,2 Prozent; nach Inflation verlieren Anleger also Kaufkraft.