Bitcoin Ex-Goldman-Banker wollen Bitcoins seriöser machen

Das Image von Bitcoins hat in den vergangenen Monaten stark gelitten. Zwei ehemalige Goldman-Sachs-Banker wollen das nun ändern. Bitcoins besitzen ihnen zufolge ähnliches Potenzial wie die E-Mail.

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Bitcoins haben eine Achterbahnfahrt hinter sich. Brian Armstrong und Fred Ehrsam wollen es nun als seriöses Zahlungsmittel etablieren. Quelle: Reuters

New York Brian Armstrong und Fred Ehrsam sehen zweifelsohne so aus, als ob sie Bitcoins nach den wilden Jahren in ein ernsthaftes Zahlungsmittel verwandeln könnten. Beide sind großgewachsen, fit wie ein Turnschuh und so selbstsicher wie Schweizer Banker. Der 31-jährige Armstrong war früher Softwareingenieur bei Airbnb, rasiert sich eine Glatze. Der 26-jährige Ehrsam, ehemals Devisenhändler bei Goldman Sachs, trägt sein Haar kurz und perfekt frisiert. Wenn sie über Bitcoins reden, lächeln sie kaum – denn das Thema ist für sie eine erste Sache.

Das ist verständlich, berichtet das Magazin Bloomberg Markets in der November-Ausgabe. Armstrong und Ehrsam sind die Gründer eines Startup namens Coinbase in San Francisco. Ihre Mission besteht darin, alle Skeptiker davon zu überzeugen, dass Bitcoins weder Internet-Betrug, noch libertärer Umsturzversuch gegen die Regierung oder eine digitale Version der Goldfanatiker ist. Im Gegenteil, ihrer Einschätzung nach sind Bitcoins das Beste, das in der Geschichte der Währungen passiert ist, seit die Lyder im siebten Jahrhundert vor Christus mit dem Prägen von Münzen begannen.

Coinbase ist zwar keine Bank – eigentlich eher ein Brokerhaus – aber verhält sich in vieler Hinsicht wie eine. Kunden eröffnen Konten, über die sie Bitcoins gegen Dollar kaufen. Die Bitcoins verbleiben bei Coinbase. Nutzer können sie dann am Computer oder über eine Smartphone-Anwendung ausgeben. Für den Tausch stellt Coinbase ein Prozent Gebühren in Rechnung, alle anderen Dienstleistungen sind kostenfrei.

Bitcoins verdienen ein neues Image, sagen Armstrong und Ehrsam. Denn die virtuelle Währung löst so viele Probleme, die veraltete Technologien – wie Kreditkarten – im Internet mit sich bringen. Wenn die Verbraucher für ihre Einkäufe die virtuelle Währung nutzen, zahlen die Händler zum Beispiel nur einen Bruchteil der Gebühren, die Kreditkartenfirmen erhalten.

Solche Gebühren sind eine riesige Gelegenheit für Bitcoins. Kredit- und Bankkartengebühren beliefen sich 2013 in den USA auf 72 Milliarden Dollar, sagt Analyst Gil Luria von Wedbush Securities in Los Angeles. Sollten Bitcoins stärkere Zugkraft gewinnen, könnte ein Großteil dieser Gelder versiegen, meint er.


Zahlreiche Bitcoin-Raubüberfälle sorgen für Verunsicherung

Zudem können Bitcoin-Nutzer einkaufen, ohne ihren Namen preiszugeben und so wieder etwas Privatsphäre zurückerobern. Das erhöht Anhängern von Bitcoins zufolge auch die Sicherheit für den Konsumenten. Die jüngsten Hackerangriffe bei Target und JP Morgan zeigen demnach, wie veraltete Zahlungs- und Transferformen reif für eine Nachfolge-Technologie sind.

Dennoch ist die vor Armstrong und Ehrsam liegende Aufgabe nicht einfach, denn der Ruf von Bitcoins ist angeschlagen. Im Jahr 2013 schloss das die US-Bundespolizei FBI den Online-Handelsplatz Silk Road, an dem unter anderem auch Drogen gegen Bitcoins erstanden werden konnten. Und im Februar 2014 brach Mt. Gox zusammen, eine der größten Handelsplattformen für Bitcoins in der Welt – und eine riesige Menge Bitcoins verschwand spurlos.

Außerdem gab es vorher und nachher zahlreiche Bitcoin-Raubüberfälle, für die Hacker verantwortlich gemacht wurden, und mehr als nur ein paar Bitcoin-Verluste, wenn der private Zahlenschlüssel, der die Eigentümerschaft beweist, verloren geht. Wenn das passiert, gibt es kein Zurück mehr – so als wenn ein 100-Euro-Schein in einen Gulli fällt.

„Im Moment geht es darum, den Menschen das Gefühl von Schutz und Sicherheit zu vermitteln“, sagt Ehrsam im Interview am Geschäftssitz von Coinbase im 26. Stock eines Gebäudes im Finanzdistrikt von San Francisco.

Für die Probleme mit Hacker-Raubüberfällen und den privaten Schlüsselverlust hat Coinbase eine Lösung gefunden: alles bleibt hausintern. Die Nutzer kennen ihre privaten Schlüssel nicht, sondern verfügen nur über Konten mit zweistufigem Sicherheitssystem – über ein Passwort und einen Code, der auf das Mobiltelefon gesendet wird.

Coinbase wiederum lagert die meisten gehaltenen Bitcoins in ein Offline-Wallet aus, was als „Cold Storage“ bezeichnet wird und Hackern den Zugriff verwehrt. Die einzelnen Datenschlüssel werden dann aufgeteilt – ein Teil bleibt auf USB-Medien und der andere wird ausgedruckt. All das wandert dann in Tresorfächer an verschiedenen Standorten. Einer einzelnen Person ist es unmöglich, Zugangsschlüssel der Coinbase-Wallets zu erhalten.

„Wir wollen nicht, dass jemand hierher kommen und Fred und mich entführen kann und eine beschlussfähige Anzahl dieser Schlüssel erhält“, erklärt Armstrong.

Armstrong war ein früher Anhänger der Bitcoin-Technologie. Die Idee für das Unternehmen kam ihm aufgrund der Schwierigkeiten seines früheren Arbeitgebers Airbnb, Zahlungen rund um den Globus zu managen. Er wandte sich mit seinem Einfall an den Startup-Förderer Y Combinator, der auch Airbnb und Reddit auf die Beine half. Im Oktober 2012 sicherte er sich die Zusammenarbeit mit Silicon Valley Bank und einen Monat später ging Coinbase an den Start.


Erfolg hängt von größeren Händlern ab

In New York zog es derweil Ehrsam in den Bann der Bitcoins und er begann sich über das Internet mit Armstrong auszutauschen. Ehrsam kaufte und verkaufte in der Zeit Bitcoins manchmal über sein Handy auf der Toilette von Goldman Sachs. „Wir handelten aus Spaß und für ein paar Gewinne“, sagt er.

Nach einem gemeinsamen Treffen in San Francisco arbeiteten sie probeweise zusammen. Die zwei verstanden sich dabei so gut, dass Ehrsam im November 2012 zu Coinbase als Mitgründer hinzustieß. Das Unternehmen führten sie allein aus einer Zweizimmerwohnung in San Francisco.

Damals gab es rund 15.000 elektronische Geldbörsen – so genannte Wallets – bei der Firma und die Käufe und Verkäufe von Bitcoins beliefen sich Armstrong zufolge auf etwa eine Millionen Dollar monatlich. Ein Bitcoin kostete rund 13 Dollar. Seither hat sich einiges getan: Der Bitcoin-Preis legte 2013 zu und erreichte am 29. November 2013 in der Spitze 1137 Dollar. Bis zum Jahresende zählte Coinbase mehr als 600.000 Nutzer und erhielt weitere 25 Millionen Dollar an Finanzierungen von Risikokapitalgebern. Zuletzt kostete ein Bitcoin etwa 320 Dollar.

Der Erfolg von Bitcoins – und Coinbase – wird auch davon abhängen, ob größere Händler sie akzeptieren. Armstrong und Ehrsam legen sich dafür ins Zeug und haben bislang schon ein paar große Namen an Land gezogen, wie den Computerhersteller Dell, das Reiseportal Expedia und den Softwareproduzenten Intuit.

Wie viele Bitcoin-Liebhaber, ziehen auch Ehrsam und Armstrong endlose Vergleiche zwischen E-Mails und Bitcoins. Erstere verschicken Daten, letztere Geld. Die Menschen sorgten sich zu anfangs wegen der Sicherheit von E-Mails – und heutzutage werden alle Arten privater Informationen auf elektronischem Weg verschickt, weil es sich als leicht zu bedienen und sicher herausgestellt hat, wenn grundlegende Sicherheitsprotokolle eingehalten werden.

Armstrong und Ehrsam sind der Meinung, dass das gleiche mit Bitcoins passieren wird. Da Händler Kreditkartengebühren von zwei bis drei Prozent vermeiden und Gelder gebührenfrei in alle Welt versendet werden können, werden immer mehr Nutzer und Händler auf den Zug aufspringen, erwarten sie.

Was heute seltsam und beängstigend erscheint, wird vertrauter werden, so dass Bitcoins von einer Kuriosität zu einer echten Währung werden. Darauf setzten Armstrong und Ehrsam.

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