Börse 2017 Warum Prognosen oft so wenig wert sind

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Ganz ohne Glaskugel

Diese vorausgesagte Entwicklung kann eintreten oder eben auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 50 Prozent. Deshalb bieten diese konjunkturellen Indikatoren auch gar keine souveräne Entscheidungsgrundlage. Die Frage „Investieren oder nicht?“ bleibt unbeantwortet.

Das internationale Kapital als Frühindikator

Bei der Beantwortung hilft ein Blick auf das Zusammenspiel von Wirtschaft und Börse. Bekanntlich laufen die Finanzmärkte der Wirtschaft voraus. Besonders deutlich ist das zu sehen, wenn die Aktienkurse in Boomjahren mit hohem Wirtschaftswachstum bereits einbrechen.

Die Tops und Flops seit Januar

Denn die Entwicklung der Auftragseingänge korreliert mit den Börsenkursen eines Landes. Die Auftragseingangskurve geht wiederum den Umsatzkurven voraus. Alles Faktoren, die in die spätere Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und des Wirtschaftswachstums einfließen, auf denen dann wiederum die Prognosen fußen. Die entscheidende Frage ist jedoch: Welche Fakten lassen in einem Frühstadium Rückschlüsse auf Veränderungen am Markt zu?

Ein erstes und vor allem solides Frühwarnsystem ist das internationale Kapital, das für Auf- oder Abschwünge an der Börse besonders sensibel ist. Beispiele gibt es zuhauf, etwa 2009. Die Weltwirtschaft durchschritt im Jahr eins nach den schweren Beben an den Finanzmärkten eine tiefe Rezession. Zuvor waren die Aktien bereits seit über einem Jahr gefallen. Und diese Finanzkrise ist kein Einzelfall: Im Januar 1960 erreichte der Dow Jones sein Hoch mit 685 Punkten und fiel dann kontinuierlich. Vier Monate später gerieten die USA in eine Rezession, die bis zum Februar 1961 andauerte. Aber schon im Oktober 1960 erreichte der Dow Jones mit 566 Punkten sein Tief und die Kurse stiegen wieder an – also lange vor dem Ende der Rezession.

Wer als Unternehmer und Anleger neben den Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung also auf das internationale Kapital schaut, kann seine Investitionsentscheidungen auf einem wirklich aussagekräftigen Frühindikator stützen.

So viel schütten Dax-Konzerne 2017 aus
Dividendenarie Quelle: DPA
Daimler Quelle: AP
Fresenius Quelle: dpa
Pro Sieben Sat 1 Quelle: DPA
Munich-Re Quelle: REUTERS
Deutsche-Telekom Quelle: DPA
Eli-Lilly Quelle: AP

Mit dem Strom und dagegen

Mit einem Blick auf das Zusammenspiel der Aktienmärkte mit den Geld-, Anleihe-, Rohstoff- und Devisenmärkten lassen sich Pro und Kontras für den Ein- und Ausstieg an der Börse ableiten. Besonders interessant: In welche Branchen und Länder investiert das internationale Kapital? Welche Bereiche meidet es? Diese Investitionen in oder der Rückzug aus bestimmten Aktienmärkten initiiert nicht nur häufig eine Trendwende, sondern verstärkt anschließend auch den darauffolgenden Trend.

Wer diese also unmittelbar erkennt und konsistent zu seiner Anlagestrategie frühzeitig reagiert, kann von einem Trendwechsel profitieren. Grundsätzlich gilt hier: Steigen Sie eher antizyklisch zur vorherrschenden Stimmung ein und aus, schwimmen Sie im Trend allerdings mit dem Strom.

Liegt der Aktienmarkt nahe dem Allzeit- oder 52-Wochen-Hoch bedeutet dies nicht automatisch, dass eine Wende nach unten bevorsteht. Erst wenn sich die Warnhinweise zum Beispiel aufgrund steigender Zinsen und Rohstoffpreise häufen und Aktien tatsächlich hoch bewertet sind, ist davon auszugehen, dass nicht mehr viel Spielraum nach oben besteht. Und darauf wird das internationale Kapital zeitnah reagieren.

Spätestens dann ist auch für private Anleger der Zeitpunkt gekommen, die Segel zu streichen und vor einer erneuten Trendwende auszusteigen. Dazwischen können Sie getrost mit dem Markt nach oben schwimmen.

Das Betrachten der Strömungen an den Finanz- und Kapitalmärkten bietet also Unternehmern und Anlegern die Möglichkeit, frühzeitig auf einen Auf- oder Abschwung an der Börse und damit auch in der Wirtschaft zu reagieren. Ganz ohne Glaskugel.

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