Börse Warum ich noch nie eine Aktie verkauft habe

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Börsen-Abstinenz ist auch keine Lösung

Sollte man also komplett börsenabstinent bleiben? Früher ging das, spätestens seit der faktischen Abschaffung von Zins und Zinseszins durch die krisenbedingt ultralockere Geldpolitik der internationalen Notenbanken (USA, Europa, Japan) geht das nicht mehr.

Eine Lösung sind Investitionen in die Breite des Markts zum Beispiel über Fonds, in denen tausende Einzelwerte stecken. Wer billige Varianten aus dem Internet wählt, kann sogar bei den Verwaltungskosten sparen.

Ein digitales Start-up aus Frankfurt – Andreas Hackethal sitzt im Aufsichtsrat – will genau das ermöglichen: Die nüchterne, rationale Geldanlage zu geringen Kosten. Das ist nur ein Beispiel, es gibt noch hunderte andere Möglichkeiten in dieser Richtung, etwa billige Anlagen von Direktbanken, die Börsenindizes nachahmen.

Mit diesen Aktien scheffelt Warren Buffett Milliarden
DirecTV-Satellittenschüssel Quelle: dpa
U.S. Bancorp Quelle: AP
Procter&Gamble Quelle: dapd
Walmart Quelle: AP
Munich Re Quelle: dpa
American Express Quelle: AP
IBM Quelle: REUTERS

Diese Angebote richten sich an die Fraktion der Börsenmuffel, Kapitalmarktenthusiasten hätten natürlich keinen Spaß daran. Ich halte das für einen guten Kompromiss zwischen Abstinenz und Hyperaktivität an der Börse.

Perfektes Timing beherrschen nur Koryphäen

Tatsächlich gibt es immer noch Wirtschaftsjournalisten, meist keine Finanzjournalisten, die gar keine Wertpapiere besitzen. Diese Totalabstinenz mag respekteinflößend sein, ist aber selbst für mich als Börsenmuffel zu radikal. Dass man von Werten die Finger lassen sollte, die man covert, gehört aus meiner Sicht nicht nur in jeden Arbeitsvertrag sondern auch zum Selbstverständnis.

Trotzdem darf man investieren. Selbst ich als Börsenmuffel besitze daher Aktien, nur habe ich noch nie eine verkauft. Und das werde ich auch jetzt nicht tun, wobei es nach dem Crash sowieso zu spät ist für einen glanzvollen Exit. Aber das ist nicht der Grund.

Verkaufen werde ich erst, wenn ich genug Dividenden eingesammelt habe und wenn das Anfangsvermögen sich mindestens verdoppelt hat. Aber auch nur dann, wenn ich das Geld gerade dringend für den Konsum brauche. Das Entscheidende dabei ist: Dieser Moment wird nicht ausgerechnet dann kommen, wenn die Kurse gerade auf dem Höhepunkt eines längeren Anstiegs angekommen sind, was im Nachhinein betrachtet die optimale Verkaufsgelegenheit (gewesen) wäre.

Niemand - außer vielleicht George Soros oder Warren Buffett - weiß, wann man in ein konkretes Papier ein- oder aussteigen sollte. Versuche, den jeweils optimalen Zeitpunkt für Kauf und Verkauf zu erwischen, sind zum Scheitern verurteilt.

Das endet nur mit Enttäuschung, weil man immer entweder zu lang wartet oder zu früh auf den Knopf drückt. Perfektes Timing müssen wir den Kapitalmarktkoryphäen überlassen, so ernüchternd das ist.

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