
Frankfurt Der deutsche Leitindex ließ heute nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen, in welche Richtung es geht. Kaum eine Verschnaufpause gönnte er sich bis Börsenschluss und ging mit einem deutlichen Plus von 4,6 Prozent und 5.745 Punkten aus dem Handel. Aus welchem Grund der Dax sich aber ausgerechnet den heutigen Montag für eine solche Rallye ausgesucht hat, bleibt im Dunklen. Am Vormittag hatte es Gerüchte über eine Stützung von Italien durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) gegeben, der aber umgehend dementierte. Auch wurden über einen Zeitungsbericht die geplante Einführung so genannter "Elite-Bonds" der "Triple-A" gerateten Euro-Staaten kolportiert. Auch hier kamen von allen Seiten Dementis.
Woran es auch gelegen haben mag, die Finanztitel konnten von der sehr guten Stimmung besonders profitieren. Die Aktien der angeschlagenen Commerzbank, die einem Bericht zu Folge den Ankauf eigener Anleihen plant, legten um 4,13 Prozent zu. Die Bank erwäge, bestimmte Papiere unter ihrem Nennwert zurückzunehmen und die Besitzer mit neuen Aktien auszuzahlen, schrieb die "Financial Times Deutschland". Noch besser erging es den Papieren der Deutschen Bank: sie verbuchten gar ein Plus von 7,2 Prozent auf 26,58 Euro.
Der Ingolstädter Autohersteller Audi baut mit einer weiteren Beteiligung seine Entwicklungskapazitäten aus. Der Konzern will nach Angaben von Montag 49 Prozent an der csi Unternehmensgruppe übernehmen, deren Ingenieure bereits seit mehr als zehn Jahren mit Audi zusammenarbeiten und beispielsweise an der Entwicklung des Sportwagens R8 beteiligt waren. Die VW-Tochter hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, 91 Prozent am Dienstleister PSW Automotive Engineering zu übernehmen. Die VW-Aktien gehörten heute mit einem Plus von 7,14 Prozent zu den Spitzenreitern im Dax.
Die Einigung mit dem Miteigentümer IPIC um die Zukunft von Ferrostaal hat MAN am Montag beflügelt. Die Aktien des Nutzfahrzeug-Herstellers und Anlagenbauers stiegen um 6,11 Prozent auf 59,39 Euro und waren damit in der Dax-Spitzengruppe zu finden. Der Deal belaste zwar die MAN-Bilanz mit 330 Millionen Euro, dennoch werte er die Einigung mit dem arabischen Staatsfonds positiv, betonte DZ-Bank-Analyst Michael Punzet. Da der Unsicherheitsfaktor aus dem Weg geräumt sei, stehe die Tür offen für eine Integration von MAN in den Volkswagen-Konzern.
Die Finanzdienstleistungssparte des Autobauers Daimler steuert auf ein Rekordergebnis für 2011 zu. Daimler Financial Services habe bereits im Oktober die Marke von einer Milliarde Euro beim operativen Ergebnis geknackt, sagte Vorstandschef Klaus Entenmann am Montag in Stuttgart. Damit wurde das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) aus dem Gesamtjahr 2010 von 831 Millionen Euro bereits übertroffen. Das Neugeschäft mit Leasing- und Finanzierungsverträgen für Pkw und Nutzfahrzeuge legte in den ersten zehn Monaten um zwölf Prozent auf 26,7 Milliarden Euro zu. Die Papiere von Daimler gingen mit einem Plus von 7,89 Prozent aus dem Handel.
EZB kauft wieder vermehrt Staatsanleihen
Bei ihren umstrittenen Anleihekäufen hat die Europäische Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche die Marke von 200 Milliarden Euro überschritten. Seitdem sie im Mai 2010 damit begonnen habe, Papiere von Krisenstaaten am Sekundärmarkt aufzukaufen, habe sie Schuldtitel für insgesamt 203,5 Milliarden Euro erstanden, teilte die EZB am Montag in Frankfurt am Main mit. In der vergangenen Woche habe sie Anleihen für 8,581 Milliarden Euro erworben. Die EZB gibt nie bekannt, aus welchen Ländern der Euro-Zone sie Schulden aufkauft. Mit der umstrittenen „Nicht-Standardmaßnahme“ leihen die Währungshüter Staaten auf Umwegen Geld. Für die Papiere im Besitz der EZB haften alle Euro-Länder.
Rezession oder keine Rezession?
Trotz der Schuldenkrise in Europa droht der deutschen Wirtschaft keine lange Flaute: Nach einer milden Rezession um den Jahreswechsel werde sie ab Mitte 2012 wieder Fahrt aufnehmen und 2013 robust wachsen, sagt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) voraus. Die Arbeitslosigkeit wird demnach ebenso sinken wie das Staatsdefizit, das niedriger sein soll als in allen anderen großen Industrienationen. Allerdings steht die am Montag veröffentlichte Prognose unter dem Vorbehalt, dass sich Schuldenkrise nicht noch weiter zuspitzt.
Für 2012 senkte die OECD ihre Wachstumsprognose auf 0,6 Prozent, nachdem sie im Mai noch 2,5 Prozent vorausgesagt hatte. 2013 soll das Bruttoinlandsprodukt dann mit 1,9 Prozent mehr als dreimal so schnell wachsen. Für das zu Ende gehende Jahr werden 3,0 Prozent vorausgesagt. „Das Wachstum dürfte stärker ausfallen als in anderen Mitgliedern des Euro-Raums - nicht zuletzt, da kein nennenswerter Abbau von Privat- und Unternehmensschulden erfolgen muss“, schrieb die Industriestaaten-Organisation.